Demonstrativ haben die Stuttgarter Hells Angels vor Pressefotografen ihr verbotenes Vereinsemblem getragen Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Der Konflikt spitzt sich zu: Die Stuttgarter Hells Angels widersetzen sich dem Verbot des Innenministeriums und tragen demonstrativ den geflügelten Totenkopf. Vor der Presse erklärten die Anwälte des Rockerclubs am Samstag das Gesetz für gescheitert.

Stuttgart - Wer würde es wagen, vis-á-vis vom Polizeipräsidium das Gesetz zu brechen? Und obendrein dazu die Presse einzuladen und mit verbotenen Symbolen offen auf der Straße zu posieren? Es sind die Hells Angels Stuttgart – also die von der Polizei strafrechtlich als „harmlos“ eingestuften Rocker um ihren Präsidenten Lutz Schelhorn, die immer darauf pochen, keine Kriminellen zu sein, sondern nur Männer, die Motorrad fahren.

Am Samstag haben die Höllenengel und ihre Anwälte in ihrer Bar in der Hauptstätter Straße im Leonhardsviertel zu einer Pressekonferenz eingeladen und sind seit einem halben Jahr zum ersten Mal wieder mit ihren verbotenen Vereinsinsignien in Erscheinung getreten. „Das Verbot ist lächerlich und wird vor Gericht keinen Bestand haben“, erklärte Florian Albrecht, Anwalt der Rocker.

Die Hells Angels wollen mit diesem Schritt nicht die Polizei provozieren. Aus einer internen Anweisung des Innenministerium an die Gesetzeshüter geht hervor, dass diese angehalten sind, trotz des Verbots keine Kleidung, die mit dem geflügelten Totenkopf – dem Abzeichen der Hells Angels – versehen ist, zu beschlagnahmen. Die Polizeibeamten sollten solche Gesetzesbrüche lediglich mit Fotobeweisen dokumentieren, bis eine höchstrichterliche Entscheidung über das von Juristen umstrittene Verbot gefällt ist.

„Wir leben in einem Rechtsstaat und lassen uns nicht pauschal in Sippenhaft nehmen“, erklärte Schelhorn. Vom Innenministerium fühlen sich die Rocker, die seit Monaten das Gespräch mit der Bundesbehörde suchen, übergangen: „Wir haben dem Gesetzgeber unzählige Male geschrieben, weil wir das Verbot für unbegründet halten, und nie eine Antwort bekommen“, sagte Albrecht. Zuletzt hatte er dem Innenministerium den Vorschlag gemacht, dass dieses den Hells Angels doch zumindest bis zu einer höchstrichterlichen Entscheidung gestatten könnte, ihre Zeichen zu tragen. Keine Antwort.

Obwohl die Polizei angehalten ist, Konfrontationen zu vermeiden, zeigen sich die Hells Angels trotz des Gesetzesbruchs dennoch vorsichtig. Sie tragen zwar den geflügelten Totenkopf mit dem Hells-Angels-Schriftzug. Aber nicht auf ihren Rockerkutten, sondern nur auf T-Shirts. Die Kutte ist im Ehrenkodex der Rocker etwas, das man sich nicht ohne Widerstand abnehmen lässt.

Davor, dass das Innenministerium seinen Kurs aufgrund der Aufmerksamkeit, die die Hells Angels mit ihrer Aktion erzeugen, verschärfen könnte, fürchten sich die Rocker nicht. „Es wäre nicht im Rahmen der Verhältnismäßigkeit der Mittel – wenn die Hundertschaften der Polizei sich jetzt mit einem Jackenverbot beschäftigen würden, wäre das nur kurios“, sagte Albrecht. Außerdem stützt er seine Argumentation darauf, dass im Bundesgebiet reihenweise Verfahren eingestellt wurden, wenn Mitglieder der Hells Angels beim unerlaubten Tragen ihrer Vereinsabzeichen erwischt wurden.

Inwiefern das Verhalten der renitenten Rocker auf andere Ortsgruppen Signalwirkung haben könnte, ließ Schelhorn offen: „Das ist ihre Entscheidung.“ Mittlerweile ist das Tragen der Abzeichen der Hells Angels mit geringfügigen Einschränkungen in allen Bundesländern verboten. Die Innenministerien berufen sich dabei auf ein junges Urteil eines Hamburger Gerichts. Doch die Diskussion um die Legalität der Abzeichen der Rocker ist nicht neu. Andere Gerichte haben in der Vergangenheit anders geurteilt: Nur wenn eine Ortsgruppe verboten ist, sei der geflügelte Totenkopf in Kombination mit der Kennzeichnung einer solchen Ortsgruppe verboten. Um die Ecke ihrer Bar befindet sich das Clubhaus der Hells Angels.

Im Juli 2014, als das Verbot in Baden-Württemberg in Kraft trat, wurde der Schriftzug der Rocker dort entfernt. „Jetzt werden unsere Symbole wieder angebracht“, sagt Schelhorn. Ein Sprecher der Stuttgarter Polizei sagte am Samstag, dass sich die Rechtslage seit dem Verbot nicht verändert habe. Verstöße würden mit Anzeigen geahndet.