Hans-Jürgen Fritsche (l.) und Günter Fuchs zeigen das Herzstück der Anlage. Foto: Friedel

330 Wohnungen an der Engelbergstraße werden neuerdings von einem Blockheizkraftwerk mit Energie versorgt.

Stuttgart-Weilimdorf - Hinter der schallgedämmten und rot lackierten Abdeckung schnurrt ein mit Gas betriebener Lastwagenmotor. Das etwa 150 PS starke Aggregat bildet das Herzstück des neuen Blockheizkraftwerkes, das seit Oktober 2012 in einem eigens dafür gebauten Kellergebäude an der Wohnanlage Engelbergstraße 28 – 50 in Betrieb ist. Der Generator arbeitet leiser als vermutet. Draußen ist nichts von ihm zu hören. Selbst dann, wenn Energieberater Günter Fuchs direkt neben dem Motor in dem vielleicht 20 Quadratmeter großen Kellerraum steht, ist seine Stimme gut zu vernehmen. Fuchs berichtet einer Gruppe Zuhörer, welche Kämpfe im Vorfeld notwendig gewesen waren, um dieses Projekt zu realisieren. Denn ursprünglich stellte sich die Energie Baden-Württemberg (EnBW) ziemlich quer. Energieberater Fuchs war nach eigenen Angaben jahrelang im Clinch mit dem Stromkonzern. Dieser habe sich geweigert, so Fuchs, die von ihm auch in Giebel und Stetten konzipierten privaten Blockheizkraftwerk-Projekte ans Netz zu nehmen. „Unser Büro hat deshalb 2009 zusammen mit der Hausverwaltung Lechner ein Missbrauchsverfahren gegen den Netzbetreiber EnBW vor der Bundesnetzagentur geführt. Deren vergleichende Entscheidung hat letztlich die Stromeigennutzung aus dem eigenen Blockheizkraftwerk in den anschlusswilligen Haushalten erst möglich gemacht.“

„Das ist eine zukunftsträchtige Technologie“

Für vergangenen Samstag hatten Jürgen Fuchs und Hausverwalter Hans-Jürgen Fritsche Eigentümer, Mieter und Interessierte zum Feiern und einem Tag der offenen Tür nach Giebel eingeladen. „Wir nutzen das Blockheizkraftwerk als zusätzliches Aggregat zur Heizungsversorgung für die 330 Wohnungen, aber wir produzieren damit auch Strom in lukrativer Form“, sagt Verwalter Fritsche. Der Strom wird entweder im Haus verteilt oder ins öffentliche Netz eingespeist. Für jede Kilowattstunde erzeugten Strom gibt der Staat einen Bonus von 3,47 Cent – egal ob die Weilimdorfer Kraftwerksbetreiber ihn selbst nutzen oder ins Netz einspeisen. Letzteres wird extra vergütet: „Momentan beträgt der Preis an der Leipziger Strombörse 4,31 Cent pro Kilowattstunde“, sagt Fuchs.

Nur so rechnet sich ein Blockheizkraftwerk auf Dauer. Hinzu kommt, dass die Wärme fast gänzlich in den Heizkreislauf überführt wird: „Im Sommer deckt das Blockheizkraftwerk den gesamten Energiebedarf ab, da brauchen wir keinen zusätzlichen Heizkessel“, sagt der unabhängige Energieberater aus dem Remstal. Rund 470.000 Euro hat die Eigentümergemeinschaft in den Bau der gesamten Anlage investiert. Bis auf 40 Eigentümer konnten alle anderen Hauseigentümer vom Sinn und Zweck der Geldanlage überzeugt werden. Die Amortisationszeit, so Fuchs, betrage vier Jahre.

Durch die Kraft-Wärme-Kopplung werden etwa 97 Prozent der eingesetzten Energie genutzt. „Das ist eine zukunftsträchtige Technologie, die man unbedingt vermehrt einsetzen sollte“, sagt ein 73-jähriger Wohnungseigentümer. Der Ausbau effektiver Blockheizkraftwerke vor Ort sei aus seiner Sicht viel sinnvoller, als den Ökostrom von den Offshore-Anlagen an der Nordsee Hunderte von Kilometern nach Süddeutschland zu transportieren.