Links steht die Plastik „Turm VI“ von Werner Pokorny, nicht das Modell des neuen Landratsamts. Dem Landrat Heinz Eininger gefällt’s. Foto:  

Derzeit legt die Landkreisverwaltung die Grundlagen für den Neubau des Landratsamts in Esslingen. Welche Herausforderungen an den Verwaltungsbau der Zukunft gestellt werden, skizziert Landrat Heinz Eininger im Interview.

Esslingen - Das Landratsamt hat nach 40 Jahren ausgedient. Ein Neubau an gleicher Stelle ist beschlossene Sache. Der Haus- und Bauherr, Landrat Heinz Eininger, steht Rede und Antwort.

Herr Eininger, der Landkreis braucht ein neues Landratsamt. Warum?
Der Altbau war bei seiner Einweihung im Jahr 1978 für 472 Arbeitsplätze ausgelegt. Jetzt arbeiten dort in drangvoller Enge 529 Menschen. Energetisch, funktionell und aus Sicht des Brandschutzes stammt das Haus aus einer anderen Zeit. Als der Altbau in Betrieb ging, war das Elektrischste daran eine elektrische Schreibmaschine.
Ein Neubau wird frühestens im Jahr 2025 bezogen werden. Auch das wird, aus heutiger Sicht, eine andere Zeit sein.
Das stimmt. Wir werden es dann mit ganz neuen Bürowelten zu tun haben. Nur zwei Beispiele: Statt der Bürozellen von heute wird es mehr kommunikative Bereiche geben. Und Aktenschränke werden angesichts der fortschreitenden Digitalisierung wahrscheinlich auch überflüssig sein. Das heißt, wir müssen uns heute auf ein Gebäude einlassen, dass den Anforderungen des Jahres 2025 standhält. Wir bauen nicht für den Status Quo. Das setzt viel Vorstellungsvermögen voraus.
Wie wollen Sie den Spagat zwischen der Gegenwart und der Zukunft schaffen?
Wir haben neun Workshops eingerichtet, die an den künftigen Nutzungsanforderungen arbeiten. Die Ergebnisse werden in eine Machbarkeitsstudie einfließen, die wir im Herbst 2018 vorlegen wollen.
Schon im Jahr 2021 sollen am Esslinger Merkelpark die Abrissmaschinen auffahren. Steht die Verwaltung dann auf der Straße?
In der Tat werden wir in drei bis vier Jahren das Haus geräumt haben müssen. Bis dahin benötigen wir ein Ausweichquartier. Da ist der Markt naturgemäß überschaubar.
Beim Neubau sind Sie schon weiter?
Ja, der Rahmen ist abgesteckt. Wir benötigen 960 Arbeitsplätze und einen Sitzungsbereich, in dem der Kreistag mit seinem großen und kleinen Sitzungssaal unterkommt. Das Foyer muss so gestaltet sein, dass es sich für Präsentationen und Ausstellungen eignet. Und die Büroräume werden durch Kommunikationsflächen ergänzt. Natürlich haben wir im Blick, dass Bereiche mit viel Kundenverkehr anders aussehen werden, als die Kämmerei oder die Naturschutzbehörde.
Das ist die Funktion. Wie sieht die Form aus?
Das neue Landratsamt wird die Stadtansicht an der Verkehrsachse im Neckartal auf 50 Jahre prägen. Das setzt einen hohen architektonischen und städtebaulichen Anspruch voraus, der Bestand hat. Die Stadt Esslingen, mit der wir auf städtebaulichem Gebiet eng zusammenarbeiten, will keinen Riegel. Wir brauchen auf endlichem Raum – das neue Gebäude darf nicht höher werden, als der Bestand und es darf sich nicht in den Merkelpark hinein ausbreiten – möglichst viel Fläche. Irgendwo dazwischen werden wir uns treffen.
Zu welchem Preis?
Die erste Kostenschätzung liegt über 100 Millionen Euro, ohne dass es bisher auch nur einen einzigen Federstrich auf einem Plan geben würde. Irgendwann muss man aber mal mit einer Hausnummer anfangen. Die Frage, ob wir im Bestand sanieren sollen oder neu bauen sollen, hat uns Jahre gelähmt. Jetzt steht zumindest fest: Ein Neubau ist sowohl vom Betrieb, als auch von der Herstellung her wirtschaftlicher.
Die Stadt Stuttgart will mit der Internationalen Bauausstellung IBA 2027 ein, Zitat, „international sichtbares Zeichen für das Bauen, Leben und Arbeiten im Zeitalter von Digitalisierung, Globalisierung und Klimawandel“ setzen. Fühlen Sie sich da angesprochen?
Ich muss mir nicht zwingend ein IBA-Schild an das neue Landratsamt schrauben. Aber natürlich ist jeder öffentliche Bauherr aufgefordert, zu überlegen, inwieweit er den Anforderungen einer IBA gerecht wird. Ob moderne Bürowelten, wie wir sie planen, diesem Anspruch genügen, müssen die klären, die die IBA ausgerufen haben. Außerdem bauen wir ja nicht nur ein neues Landratsamt, sondern wir investieren bis zum Jahr 2027 bis zu 300 Millionen Euro in öffentliche Bauten. Da ist für mich klar, dass die IBA sich nicht allein auf Stuttgart konzentrieren kann, sondern in einem polyzentrischen Raum auch das Umland und damit die Bauarchitektur eines starken Landkreises einbeziehen muss.
Die IBA weist weit in die Zukunft. Das neue Landratsamt wird im besten Fall im Jahr 2025 bezogen. Dann wären Sie 69 Jahre alt und ihre aktuelle Amtszeit seit einem Jahr zu Ende. Wie geht das zusammen?
Ob ich als Landrat in das neue Landratsamt einziehe oder nicht ist für mich zweitrangig. Ich will jetzt mithelfen, dass die Verwaltung auch in Zukunft gut arbeiten kann. Das gilt übrigens nicht nur für mich, sondern auch für alle anderen Mitarbeiter, die an dem Planungsprozess beteiligt sind. Das ist eine Frage der Einstellung und der Arbeitsmotivation.
Wie steht es um ihre Einstellung?
Ein Jupp Heynckes sitzt mit 72 Jahren noch auf der Trainerbank des FC Bayern München und ist erfolgreich. So viel zum Thema Alter. Im Übrigen halte ich es da nach dem bewährten schwäbischen Grundsatz: „Ois oms ander.“