Wo die rechtskonservative AfD ist, sind Streit und Turbulenzen nicht weit. Jetzt hat ihr Stadtrat Heinrich Fiechtner in einem städtischen Heim Hausverbot, weil er dort ohne Anmeldung ermittelte. Fiechtner wettert, die Stadtverwaltung steht zum Verbot.
Stuttgart - Der umstrittene Stuttgarter AfD-Stadtrat Dr. Heinrich Fiechtner bekommt einen schweren Dämpfer. Die Stadt Stuttgart will ihm in aller Deutlichkeit aufzeigen, dass er in Ausübung seiner Stadtratstätigkeit nicht nach Belieben jede städtische Einrichtung betreten, Zimmer inspizieren und Fotos machen darf. Diese Rechtsmeinung hat die Verwaltung jetzt formuliert, nachdem ein unangemeldeter Besuch Fiechtners in einem gesicherrten Jugendheim zum Eklat und zum Hausverbot geführt hatte.
Der Konflikt geht zurück auf den 1. August. An dem Samstag spazierte Fiechtner von daheim in Richtung seiner Arztpraxis. In der Kernerstraße kam er auf die Idee, er könne mal eben in ein Gebäude schauen, das seit 30 Jahren Notaufnahmeheim für schutzbedürftige Kinder und Jugendliche ist – und in neuerer Zeit auch für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge.
Fiechtner trat ohne Anmeldung ein. Er führte Informationsgespräche, bekam was von dreifacher Überbelegung zu hören und sagte sich nach eigener Darstellung: „Das ist ja interessant.“ Er schaute sich das schwarze Brett an, wo Hinweise auf Windpockengefahr und Krätze gegeben wurden. Er ging die Treppe hoch und in einen Raum mit einem Matratzenlager. Er machte Fotos mit seinem Handy. Die Sache eskalierte.
Denn inzwischen bemühte sich vom Personal jemand, eine Genehmigung einzuholen. Fiechtner sagte, er könne sich nicht vorstellen, dass man einen Stadtrat aus der städtischen Einrichtung weise. Dann wurde von der Heimleitung aber doch ein Hausverbot ausgesprochen und von Jugendamtsleiter Bruno Pfeifle bestätigt. Als die Alarmierung der Polizei zur Debatte stand, besann sich Fiechtner, dass er noch Wichtiges in seiner Praxis zu tun hätte, und zog sich zurück.
Bei der Verwaltung ist für die AfD nichts zu holen
Er und seine Fraktion machten den Vorfall aber umgehend zur Grundsatzfrage: Darf ein Stadtrat, Mitglied des Hauptorgans Gemeinderat, tatsächlich nicht unangemeldet eine städtische Einrichtung in Augenschein nehmen und seiner Pflicht zur Kontrolle von städtischen Angelegenheiten nachkommen? Fraktionschef Bernd Klingler „kann nichts Verwerfliches“ an Fiechtners Tun erkennen, und Co-Fraktionschef Lothar Maier sehe das genauso, sagt Klingler. Irgendwie scheine etwas nicht zu stimmen, wenn man den Besucher raushalten wolle, argwöhnt die AfD. Vielleicht bestehe Infektionsgefahr in dem überbelegten Heim, meint die Partei. Die setzt sich gern mit Forderungen in Szene, Flüchtlinge aus sicheren Herkunftsländern schnell wieder außer Landes zu bringen, denen, die hier sind, aber medizinische Versorgung zu geben. Vom Jugendamt forderte die AfD einen Widerruf oder eine ausdrückliche Bestätigung des Hausverbots.
Bei der Verwaltung ist für die AfD aber nichts zu holen. Fremde hätten in dem gesicherten Heim wie diesem nichts zu suchen, heißt es. Die Überbelegung des Heimes könne niemanden überraschen in der gegenwärtigen Lage. Und: Wenn eine Epidemie zu befürchten wäre, hätte man das Heim geschlossen. Hinweisschilder müsse man schon für Lieferanten anbringen.
Fiechtner beruft sich auf Rechte, die es nicht gibt
Die Verwaltung will Fiechtner mitteilen, dass er sich auf Rechte beruft, die es nicht gebe. Einem Einzelstadtrat stehe in dieser Eigenschaft kein besonderes Recht zu, städtische Dienststellen und öffentliche Einrichtungen zu betreten. Für Besuche ohne Voranmeldung und Genehmigung gelte das besonders. Amtlich bestätigen wird man das Hausverbot aber wohl nicht: Dieses sei ein privatrechtlicher Akt der Heimleitung. Das könnte bei einem Rechtsstreit relevant sein.
Fiechtner schließt nämlich, wie er den Stuttgarter Nachrichten sagte, das Beschreiten des Rechtsweges nicht aus. Dabei hat er noch andere juristische Baustellen. Bei der Staatsanwaltschaft liegen Anzeigen, weil sich SÖS-Stadtrat Hannes Rockenbauch in einer Debatte um Flüchtlinge als Linksfaschist beleidigt fühlte, ein Bezirksbeirat der Stadtisten in der Debatte um die Pegida als „wahrer Nazi“. Davor hatte Fiechtner schon Zündstoff angehäuft: OB Fritz Kuhn (Grüne) beschimpfte er als miesen faschistoid-populistischen Scharfmacher. Zudem verbreitete er sich über Parallelen zwischen dem Koran und Adolf Hitlers Buch „Mein Kampf“.