Das letzte Mal als Handball-Nationaltrainer am Spielfeldrand: Heiner Brand Foto: dpa

Heiner Brand vor seinen letzten 60 Minuten als Bundestrainer – dann kommt Martin Heuberger.  

Trier - Der Druck ist weg, das EM-Ticket gebucht. Im letzten Qualifikationsspiel am Sonntag (15.15 Uhr/ZDF) in Trier gegen Lettland geht es nur um eines: um den Abschied von Handball-Bundestrainer Heiner Brand. Sein designierter Nachfolger Martin Heuberger soll die Auswahl zu Olympia führen.

In Trier endet ein Ära. Vom 1. Juli an wird Brand als Manager für den Deutschen Handball-Bund (DHB) tätig werden.

Das letzte Spiel: In der Partie gegen Lettland (Hinspiel 36:18 für Deutschland) geht es sportlich um nichts mehr, dennoch lassen die protokollarischen Zwänge bei einem EM-Qualifikationsspiel laut DHB keinen offiziellen Abschied Brands zu. "Wenn wir ihn als Bundestrainer verabschieden, dann beim Supercupduell HSV gegen Kiel am 30. August in München", sagte Vizepräsident Horst Bredemeier. Die Spieler aber wollen sich daran nicht halten. "Wir werden uns etwas Besonderes einfallen lassen, damit er sich immer an uns erinnert. Das hat er einfach verdient", verriet Spielmacher Michael Kraus. Was auch immer für eine Überraschung auf den Mister Handball zukommen wird, Brand ahnt bereits: "Nach vierzehneinhalb Jahren ist das gewiss ein besonderes Spiel. Es wird mit Sicherheit auch Wehmut aufkommen", sagte er.

Der Rückblick: Kaiser des Handballs wird Heiner Brand genannt. Schaun-mer-mal-Charme sucht man beim Gummersbacher zwar vergebens, doch genauso wie Franz Beckenbauer im Fußball hat auch Brand den WM-Titel als Spieler (1978) und Trainer (2007) geholt. Seit seinem Amtsantritt als Bundestrainer am 1. Januar 1997 hat Brand den Handball zu Erfolgen, ins Bewusstsein der Menschen und ans Geld von Sponsoren geführt. Weltmeister 2007 im eigenen Land, Europameister 2004, Olympia-, WM- und EM-Zweiter sowie EM-Dritter: Unter seiner Ägide reihten sich für den DHB Erfolge an Erfolge durch sein Zugpferd Nationalmannschaft. Zuletzt jedoch verblasste der Glanz. Vorrunden-Aus bei Olympia in Peking, EM-Zehnter 2010 und vergangenen Januar nur Elfter bei der WM in Schweden.

Seine neue Aufgabe: Brand will als künftiger Leistungssport-Manager dafür sorgen, dass der DHB wieder an alte Erfolge anschließen kann: "Ich werde versuchen, bessere Strukturen zu schaffen, damit vor allem junge Spieler auf Bundes-Ebene besser ausgebildet werden und sich die Vereine gezwungen sehen, diese jungen Spieler einzubauen." Die Topteams der Liga setzen fast ausschließlich auf ausländische Stars. Brand bezweifelt, dass das mittel- und langfristig gutgehen wird: "Noch sind bei den großen Vereinen die finanziellen Mittel vorhanden. Aber es bleibt abzuwarten, ob alle Mäzene auch in Zukunft so viel Geld in den Handball pumpen. Wenn einige erst mal weg sind, werden auch die Topclubs zwangsweise umdenken müssen."

Sein Nachfolger: Nach Informationen unserer Zeitung sind nur noch Vertragsdetails mit Martin Heuberger zu klären. Der bisherige Assistent von Brand wird - wahrscheinlich gemeinsam mit DHB-Jugendkoordinator Christian Schwarzer - das Amt von Brand übernehmen. Das kurzfristige Ziel: Bei der EM 2012 in Serbien soll noch die Teilnahme an den Olympischen Spielen in London geschafft werden. Dafür werden bei der EM zwei Plätze für Qualifikationsturniere sowie der direkte Startplatz an den Europameister vergeben.

Brand hält Heuberger für einen geeigneten Nachfolger.

Brand hält Heuberger jedenfalls für einen geeigneten Nachfolger, das hat er immer wieder betont. Auch DHB-Vize Bredemeier ist überzeugt von dem 23-maligen Nationalspieler: "Konzeptionell ist Heuberger herausragend. Er ist eine echte Persönlichkeit, kennt die Stärken und Schwächen unserer Spieler und ist ein profunder Kenner des Nachwuchses."

Abseits seiner Tätigkeit als Brands Co-Trainer stehen für den Diplom-Verwaltungswirt des Landkreises Ortenau bemerkenswerte Erfolge als Junioren-Nationaltrainer zu Buche: Heuberger wurde Europameister 2006, Vize-Weltmeister 2007, Vize-Europameister 2008 und Weltmeister 2009. Und das genau mit den Spielern, die später in der Bundesliga nur selten bei Spitzenclubs den Durchbruch schafften. Heuberger, für den Brand laut Bredemeier "sicher kein Aufpasser" sein wird, gibt sich bis zuletzt zurückhaltend: "Sicherlich ist das eine reizvolle Aufgabe. Und eine große Ehre für mich, wenn man mich als Bundestrainer haben will."

Das sagen Brands Weggefährten: Für Ex-Nationaltorwart Andreas Thiel ist Heiner Brand der Trainer "mit dem besten taktischen Bauch. Soll heißen, er hatte stets das taktische Gefühl für Ein- und Auswechslungen, taktische Umstellungen, Veränderung der Angriffs-Konzepte und so weiter". Christian Schwarzer hat festgestellt: "Heiner war anfangs ein Sturkopf, mit der Zeit ist er kompromissbereiter geworden und ist auf die Mannschaft eingegangen." Bei Markus Bauer, wie Schwarzer einer der WM-Helden von 2007, ist vor allem eine Aktion in Erinnerung geblieben: "Wir Spieler haben ihm nach dem EM-Titel 2004 den Schnauzbart abrasiert. Ich glaube, noch nicht einmal seine Frau hat ihn vorher ohne sein Heiligtum gesehen. Ich bin mir ziemlich sicher, dass er das im Nachhinein bereut hat."