Die Fantas rocken den Cannstatter Wasen. Foto: Palmer

Die Fantas locken nur 15.000 Fans auf den Wasen - bei Neuauflage nicht mehr dabei.

Stuttgart - Yeah! Yeah! Und noch mal Yeah!

Als die Fantastischen Vier auf die Bühne kommen, ist die Enttäuschung über die schlecht besuchte und nur bedingt geschmackssichere Neuauflage des "Heimspiels" schnell vergessen. Aber nur vorübergehend - tags darauf kündigen sie an, im nächsten Jahr zu fehlen.

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"Stuttgart City, ihr rockt!", schreit Michi Beck. Gerade haben die Fantastischen Vier "Ernten was wir säen" gespielt und den Song wie schon im Frühjahr bei den Tour-Generalproben in Dortmund in ein übermütig aufstampfendes Rock'n'Roll-Monster verwandelt. Die 15000 im Publikum johlen, hüpfen, schwenken die Arme, trampeln und skandieren "Vier! Vier! Vier!". Michi Beck ruft: "Scheiße, ihr seid zwar weniger als letztes Jahr, aber ihr geht doppelt so ab!" Und Thomas D verrät: "Heute feiern wir im kleinen Kreis: alles nur gute Freunde - keine Fans, nur Freunde."

Das tolle Konzert, mit dem die Fantastischen Vier am Samstag die Neuauflage des "Heimspiels" auf dem Cannstatter Wasen beenden, kann allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass das Popspektakel eine große Enttäuschung geworden ist.

2009 hatten die Fantas zur Feier ihres 20. Geburtstags noch 60000 Fans angelockt. Diesmal ließ sich nur ein Viertel davon blicken - und das, obwohl Smudo, Thomas D, Michi Beck und And.Y Popverstärkung mitbrachten - von Camouflage und Matt Bianco bis Milow und Ich + Ich. 30000 Besucher hätte der "Heimspiel"-Veranstalter, Fanta-4-Manager Andreas "Bär" Läsker, gebraucht, um schwarze Zahlen zu schreiben. Doch obwohl die Fantastischen Vier gleich nach ihrem Einmarsch mit "Wir Gladiatoren" den Krisentwist "Gebt uns ruhig die Schuld" spielen, dürften sie kaum Schuld an dem geringen Publikumsinteresse haben.

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Eher wahrscheinlich ist, dass sich Fans darüber geärgert haben, dass eine einmalige Sache wie das "Heimspiel" nun nicht mehr einmalig sein, sondern jedes Jahr stattfinden soll. Viele hätten sich lieber ein Hip-Hop-Begleitprogramm statt eines Radiopop-Lineups gewünscht. Als die Fantastischen Vier pünktlich um 20.30 Uhr auf die Bühne kommen, steigt aber die Stimmung. Und als sie sich nach exakt zwei Stunden verabschieden, hat man längst vergessen, dass bei diesem Heimspiel nicht alles gelungen ist.

Die Hauptakteure allerdings scheinen ins Grübeln gekommen zu sein. Michi Beck verkündete gegenüber der Nachrichtenagentur ddp überraschend, dass man im Falle einer Fortsetzung des "Heimspiel"-Festivals 2011 nicht mehr die Zugnummer sein wolle: "Nächstes Jahr sind wir unter Garantie nicht dabei."

Dabei hätte am Samstag allein der Zugabenteil ausgereicht, um vorzuführen, welches musikalische Schwergewicht die Fantastischen Vier heute in der deutschen Poplandschaft darstellen. Da ist das martialische, in giftgrünes Licht getauchte Thomas-D-Solo "Krieger". Da ist der atemlose Stabreimrocker "Ernten was wir säen". Da ist die Hymne "Troy", die mit einer "Goldener Reiter"-Variation und ulkigen Tanzeinlagen endet. Und da ist die spektakulär über die Bühne hüpfende Version von "Populär".

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Wie kaum einer anderen deutschen Band gelingt es den Fantastischen Vier mit popmusikalischer Weitsicht Dinge zusammenzubringen, die nicht wirklich zusammengehören, und dabei immer wieder herrlich Popmelodien zu entdecken. Zum Beispiel wenn sie zur Konzerteröffnung in "Wir Gladiatoren" Orff'sche Chöre und Sprechgesang kombinieren. Das Repertoire des Abends steckt voller großartig groovender Nummern, die mal mit dem Disco flirten ("Le Smou"), mal den Pop mit den Instrumentarium des Hip-Hop erneuern ("Garnichsotoll", "Mehr nehmen", "MfG" und "Danke"), mal einfach nur melancholisch vor sich hin schlurfen ("Tag am Meer" oder "Sie ist weg", das sich am Ende für einen kurzen Moment in "Die Da?!" verwandelt). Und obwohl die Fantastischen Vier längst keine Hip-Hop-Truppe mehr sind, zählen am Samstagabend Oldschool-Reverenzen wie "Yeah! Yeah! Yeah!" und "Bring It Back" zu den Highlights des Konzerts.

"Es ist eine alte schwäbische Tradition, dass es Subkultur in Stuttgart nicht leicht hat", sagt Smudo, "deshalb ist es wichtig, das es unserem Manager Bär gelingt, jedes Jahr so ein Festival zu organisieren." Die Frage, was Milow und Ich + Ich eigentlich mit Subkultur zu tun haben, heben wir uns aber lieber für den Fall auf, dass es wirklich eine weitere "Heimspiel"-Fortsetzung gibt.