Viele Fäden laufen bei ihr zusammen: Annemarie Paiani von den Landfrauen Affalterbach näht mit Helferinnen Herzkissen für Brustkrebserkrankte und Nesteldecken für Demenzpatienten, engagiert sich im Heimatmuseum und in Kinderprogrammen.
Blumen, Streifen, Punkte, leuchtendes Rostrot – in allen Farben liegen sie auf dem Esstisch, warten darauf, befüllt zu werden: herzförmige Kissenhüllen. „Sie entlasten nach einer Brustkrebsoperation und Amputation, vor allem auch, wenn die Lymphdrüsen entfernt worden sind“, sagt Annemarie Paiani. Demonstrativ steckt die Schriftführerin der örtlichen Landfrauen sich ein fertig gepolstertes Stück unter die Achsel, bevor sie weiter Füllmaterial mit dem Kochlöffel in eine der Hüllen stopft. Reste des Materials, mit dem Boxspringbetten wattiert werden. Die Benninger Matratzen-Firma Winkle gibt es gratis an die Landfrauen, die Herzkissen für an Brustkrebs erkrankte Frauen nähen – mit Hilfe anderer Engagierter. Auch die Stoffe sind Spenden, anfangs kamen sie von einem Handarbeitsladen.
Jährlich werden 600 Kissen in den Kliniken benötigt
Paiani initiierte das Projekt 2012, beschreibt, wie die Ehrenamtlichen Wägen und Hänger umfunktionieren, um Material abzuholen. Der Füllstoff, in Platten gepresst, müsse auseinander gerupft, in Häufchen zu jeweils 170 Gramm abgewogen werden: fluffige weiße Wölkchen. „Die optimale Menge! Das Stopfen dauert dann 15 Minuten.“ Sie zeigt Herzschablonen aus Papier und Pressspan. Die hat Paianis Mann gesägt. „Nach diesen Mustern nähen wir.“ Kürzlich habe sie an einem Tag 60 Stück zugeschnitten: „Fast habe ich einen Schnappdaumen bekommen.“
Doch es geht um die gute Sache: Jährlich benötigen die Kliniken in Ludwigsburg und Bietigheim 600 der Herzkissen. Über 2300 davon haben die Affalterbacher Landfrauen mit Helferinnen, die nach Zeitungsaufrufen dazu stießen, in Nähnachmittagen in der Kelter angefertigt. Während der Pandemie wurde zuhause geschneidert. Die fertigen Herzkissen werden dann zum I-Punkt nach Ludwigsburg transportiert, wo sie Mitarbeitende der Kliniken abholen. Paiani war selbst in der Öffentlichkeitsarbeit der Kliniken tätig und weiß: „Der Bedarf ist groß.“ Für den 15. November haben die Landfrauen wieder Interessierte ab 14 Uhr zum „Herzkissen nähen“ in die Kelter geladen: „Eine unserer Frauen backt einen wunderbaren Hefezopf, den gibt es in der Pause.“
„Es ist wichtig, dass junge Menschen erfahren, was früher war“
Die Mitglieder des 1982 gegründeten Landfrauenvereins sind vielfältig aktiv: Sie nähen Nesteldecken für Demenzkranke, schmücken den Osterbrunnen, veranstalten Vorträge, Spieleabende und Seniorenfeiern in der Lemberghalle. „300 Seniorinnen und Senioren kommen, rund 40 Kuchen backen da unsere tollen Frauen“, schwärmt die gebürtige Ludwigsburgerin, die vor 57 Jahren mit ihrem Mann nach Affalterbach zog. Und sie erzählt von den Kinderferienprogrammen in Kooperation mit der Ferienfreizeit, an denen sie sich beteiligen: „Da ist immer was los!“
Mit den Kindern geht es dann auch in das Heimatmuseum, wofür sich Paiani ebenfalls seit vielen Jahren einbringt: Sie ist Teil des Arbeitskreises, baut Ausstellungen mit auf – und organisiert Flohmärkte für den guten Zweck. „Es ist wichtig, dass junge Menschen erfahren, was früher war“, so die Mutter dreier Töchter. Sie freut sich über Objekte, die dem Museum angeboten werden – aus Besitz oder Nachlässen. Wie das über 100 Jahre alte Akkordeon, das kürzlich zur Sammlung kam und einst zum Haushalt des Bürgermeister- und Lehrerhaus gehörte, das zum Museum wurde. „Eine alte Dame brachte das Instrument vorbei, nun kommt es wieder in seine Heimstatt.“ Warum sie sich engagiert? „Weil es Spaß macht – und weil ich etwas beitragen möchte zur Gesellschaft.“