Haucht Töne wie Samt aus der Trompete: Sebastian Studnitzky Foto: Veranstalter

Sebastian Studnitzky hat im Jazzclub Bix vorgeführt, wie man Jazz heute nicht nur überleben, sondern mit prallem Leben füllen kann. Mit seinem Quartett erzählt der in Stuttgart ausgebildete Trompeter und Pianist große, bildmächtige Geschichten.

Stuttgart - Ganz in Samt kleidet Sebastian Studnitzky den Stuttgarter Jazzclub Bix gleich zu Beginn, in sich gekehrt in die Trompete hauchend. Am Flügel zeigt er sich an rhythmisch geprägten Motiven und deren Variationen als gereifter Jazz-Pianist. Bassist Paul Kleber begleitet und schmückt mit perlendem Ton, präzise wie ein Uhrwerk formuliert Drummer Tim Sarhan den Takt der Gegenwart immer neu. Und der beim vorigen Gig in Hamburg zum Trio gestoßene Laurenz Karsten bespielt an der Konzertgitarre mit glockigem Ton verträumte Echoräume. Dieser Band geht es um gemeinschaftliches Gestalten, um dynamisch inszenierte Stimmungen; virtuos mäandert sie durch Gefühlszustände. Weniger kann mehr sein, so viel mehr.

„Der Stud“ hat noch viele Freunde in Stuttgart

Das Eröffnungsstück „Lacuna“ bezeichne eine Wortlücke, sagt Studnitzky, 1972 nahe Pforzheim geboren und ausgebildet an der Stuttgarter Musikhochschule: „Für geschmälzte Maultaschen gibt es keinen adäquaten Begriff in Berlin.“ Dort lebt er schon lange, dort hat er 2014 das offene Festival XJazz gegründet, doch „der Stud“ hat noch viele Freunde in Stuttgart. Am Berklee College in Boston erlernte er die Geheimnisse der Filmmusik, und das spiegelt sich in seiner Musik: Jedes Instrument erzählt eine Geschichte, die sich im Verbund zu einer großen, bildmächtigen vereinen. Der TV-Sender 3Sat filmt das erste Set des Konzerts als Reaktion auf eine aktuelle Studie der Universität Hildesheim, die Jazz-Musikern kollektives Hungerleidertum bescheinigt. Studnitzky führt vor, wie man Jazz nicht nur überleben, sondern mit prallem Leben füllen kann.

In der „Katzenfuge“ von Domenico Scarlatti (1739) gehen Flügel und Gitarre synchron auf wilde Jagd, eigentümlich gereihte Akkorde bestimmen „Memento“ (2015), das Titelstück des jüngsten Studnitzky-Albums. Immer wieder erblühen im konzentrierten Aufeinander-Hören Melodien aus den Klanglandschaften, immer wieder hüllt die Trompete die Zuhörer ein, öffnet in federleichtem Flirren die Sinne. Das Publikum ist betört; um die Zukunft dieser zeitgemäßen Form des Jazz muss niemandem bange sein.