Wein, Weitläufigkeit, Weltfirmen: Gerlingen hat viel zu bieten. Foto: Simon Granville/ 

Mit dem Heimat-Check werfen wir einen genauen Blick auf die neun Kommunen im Bereich Leonberg–Strohgäu. Dabei wird deutlich, dass Größe nicht immer ein positiver Faktor ist.

Groß muss nicht automatisch gut sein. Beim Heimat-Check unserer Zeitung sind es oft die kleineren Kommunen, die gute Werte bekommen. Zu 14 Themenbereichen vom Lebensgefühl bis zum Wohnungsmarkt haben wir jeweils zwei Fragen gestellt. Mehr als 15 000 Teilnehmerinnen und Teilnehmer gaben in der Region zwischen Mitte Juni und Anfang Juli ihre Stimme ab. Jetzt liegen die Ergebnisse komplett vor und vermitteln ein in dieser Form bemerkenswertes Stimmungsbild.

 

Im Gebiet Leonberg–Strohgäu haben wir die Menschen in Ditzingen, Gerlingen, Hemmingen, Korntal-Münchingen, Leonberg, Renningen, Rutesheim, Weil der Stadt und Weissach befragt. Grobe Ausreißer aus den Ergebnissen der anderen Gegenden und Kreise der Region Stuttgart sind kaum festzustellen. Doch auf lokaler Ebene lohnt sich der Blick aufs Detail.

Am beliebtesten bei ihren Einwohnern ist die Stadt Gerlingen, die auf einer Skala von 1 (sehr schlecht) bis 10 (sehr gut) auf 6,89 kommt, dicht gefolgt von Rutesheim (6,79), Weil der Stadt (6,25) und Renningen (6,20). Das Mittelfeld belegen Ditzingen (6,02) und Hemmingen (6,0). Leonberg (5,58), Weissach (5,49) und das Schlusslicht Korntal-Münchingen (5,39) stehen nicht so gut da.

„Gesamtpaket zwischen Leben und Arbeiten stimmt“

Festmachen lässt sich diese Beliebtheitstabelle auch in der Kategorie Lebensqualität, bei der sich ein ähnliches Stimmungsbild ergibt. Hier ist Gerlingen mit dem Spitzenwert 8,53 ebenfalls weit vorne. Auch Rutesheim (7,84), Weil der Stadt (7,58) und Renningen (7,12) halten ihre Positionen, die sie im gesamten Vergleich der Kommunen haben. Bei der Lebensqualität indes schiebt sich Weissach mit 6,83 vor Ditzingen (6,62) und Hemmingen (6,55). Die rote Laterne bei der Lebensqualität hat Leonberg (5,93), Korntal-Münchingen (6,14) ist knapp davor.

Für den Gerlinger Rathauschef ist es „das Gesamtpaket aus Leben und Arbeiten“, das seine Stadt ausmacht. „Bei uns herrscht eine gute Grundstimmung, und das bringen die Menschen auch zum Ausdruck“, sagt Dirk Oestringer. Er zeichnet ein Bild der fast 20 000 Einwohner zählenden Kommune zwischen „Moderne und Tradition“, daneben träfen in Gerlingen „Weltfirmen auf Hidden Champions“, wer raus wolle, habe die Wahl zwischen „Streuobstwiesen und Wald“. Gerlingen profitiere natürlich auch von der Nähe zu Stuttgart, „aber umgekehrt ist es genauso“, findet Oestringer. „Wir haben Schüler aus Stuttgart auf unseren Schulen – und der ein oder andere nutzt sicher gerne unser Schwimmbad.“ Ein Teilnehmer unserer Umfrage bringt es schlicht so auf den Punkt: „Ich lebe einfach gerne in Gerlingen!“

Tatsächlich dürfte die Mischung aus Ländlichkeit und Urbanität zur Zufriedenheit der Menschen beitragen. Man hat ein gutes Angebot an Einkaufsmöglichkeiten, ein reges Vereinsleben und ist schnell im Wald oder in den Weinbergen.

Wald und Weinberge – die gibt es auch in Leonberg, wie dieser Tage beim Eltinger Wengerterfest deutlich wurde. Dennoch sind die Menschen hier offenkundig unzufrieden. Das räumt auch der Oberbürgermeister ein: „Dass Leonberg beim Heimat-Check nicht besser abschneidet, ist enttäuschend.“ Dennoch sieht Martin Georg Cohn die Umfrage positiv: „Die Analyse gibt uns die Gelegenheit, in bestimmten Bereichen noch genauer hinzusehen.“ Gerade in den Bereichen Lebensqualität, Verkehr und Stadtentwicklung sieht der OB einen „großen Handlungsbedarf“ und verweist auf das Projekt „Stadt für morgen“, mit dem die knapp 50 000 Einwohner große Stadt in „eine klima- und sozialgerechte Zukunft geführt werden soll. Das Ergebnis des Heimat-Checks zeigt, dass wir hier an der richtigen Stelle ansetzen“.

Wachstumskurs ist nicht unumstritten

Und die weiter vorne stehenden Kommunen? Es kommt nicht von ungefähr, dass Rutesheim, Weil der Stadt und Renningen, die für ein großes Zusammengehörigkeitsgefühl bekannt sind, hohe Platzierungen haben. Hier werden eher die Stimmen laut, dass der nahezu überall zu beobachtende Wachstumskurs nicht ins Endlose gehen sollte.

Wachstum bedeutet nicht nur mehr Menschen, sondern auch mehr Betriebe. Ein Aspekt, der in Weissach eine Rolle spielen dürfte. Das dortige Entwicklungszentrum von Porsche beschert der Gemeinde zwar seit langem volle Kassen. Doch nicht wenige beklagen den zunehmenden Naturverlust und die Blechkarawanen, die sich morgens und abends durch Weissach und Flacht quälen. Zunehmender Wohlstand hat seinen Preis.