Der Angeklagte wird auch im Gerichtssaal streng bewacht. Foto: dpa

Bandenkrieg: Ein Mitglied der Black Jackets ist des Mordes an einem Konkurrenten der United Tribuns angeklagt. Es soll ihn vor einem Friseursalon erschossen haben. Doch vor Gericht lässt er seinen Anwalt sagen, er habe aus Angst gehandelt.

Ellwangen/Heidenheim - Wieder ein Rockerprozess im Südwesten, aber einer mit Brisanz: Vor dem Ellwanger Landgericht muss sich seit Dienstag der 25-jährige Rüstem Z. wegen Mordes verantworten, laut Anklageschrift „Vice-President“ der Gruppe „Black Jackets, Chapter Riverside“. Am 7. April soll er vor einem Friseurgeschäft in Heidenheim aus einer dreiköpfigen Gruppe heraus ein 29-jähriges Mitglied der Bande United Tribuns, das ebenfalls im Rang eines Vizepräsidenten stand, mit drei Pistolenschüssen getötet haben. Dessen 25-jähriger Bruder, der neben ihm stand und den Rang „Sergeant at Arms“ trägt, überlebte einen lebensgefährlichen Bauchschuss aus derselben Waffe.

Im Publikum sitzen, durch einen breiten Mittelgang getrennt, einige Dutzend dunkel gekleideter Mitglieder der rockerähnlichen Banden Black Jackets und United Tribuns. Starke Polizeikräfte bewachen das gesamte Innere des Gerichtsgebäudes bis hin zu den Toiletten. Rüstem Z. wird von einer in Rockerkreisen häufig konsultierten Anwältin verteidigt: Anke Stiefel-Bechdolf aus Heilbronn. Gleich mit ihrer ersten Wortmeldung versucht sie, das Gericht wegen einer angeblich verschwundenen Zeugenliste als befangen erklären zu lassen. Die Begründung dafür wird erst 20 Minuten vor dem Prozessbeginn von einer Kanzleimitarbeiterin an die Kammer übermittelt. Das sei „rechtsmissbräuchlich“, bescheidet der Vorsitzende Richter Gerhard Ilg nach einer Sitzungsunterbrechung.

Spöttische Kommentare im Netz

Mit Verspätung verliest der Oberstaatsanwalt Oliver Knopp die Anklage. Rüstem Z. sei bei einem Friseurbesuch am Mittag des 7. April von vier Männern der United Tribuns abgepasst worden. Die Bandenmitglieder hätten Z. beschimpft, im Januar ein Auto angezündet zu haben, das auf einem Firmengelände des Brüderpaars in Heidenheim stand. Aber da war laut der Anklage noch mehr. Das sogenannte Tribuns-Chapter Heidenheim-Ulm hätten die Brüder 2015 „gegen den Widerstand“ der ortsansässigen Black Jackets gegründet, führt Knopp aus. Im November 2015 soll Z. bei einer Schlägerei mit einem Mitglied der United Tribuns zu Boden gegangen sein. Dies sei gefilmt und mit spöttischen Kommentaren ins Netz gestellt worden.

Die beiden Männergruppen haben laut der Anklage ihren Streit auf dem Gehweg vor dem Friseurgeschäft fortgesetzt, dort hätten Z. und sein 29-jähriger Hauptwidersacher „Mann gegen Mann“ kämpfen wollen. Als der 29-Jährige seine Jacke geöffnet habe, um zu zeigen, dass er unbewaffnet sei, habe Z. blitzartig eine Pistole gezogen und vier Schüsse abgegeben. Z. habe geschossen, „um sein Ansehen bei den Black Jackets wiederherzustellen“ und den 29-Jährigen „als Repräsentanten der United Tribuns zu bestrafen“, so der Oberstaatsanwalt. Verborgen in der Hose des Getöteten fanden Rettungskräfte hinterher eine „Stahlrute“, eine Art Totschläger.

Die Pistole ist verschwunden

Z. sagt nichts zum Tathergang, die Verteidigerin Stiefel-Bechdolf verliest für ihn eine Erklärung. Es sei gestritten worden, lässt der Angeklagte mitteilen, der 29-Jährige habe ihn wegen des verbrannten Autos angeschrien, „was die Scheiße sollte“. Das Gebrüll sei immer lauter geworden – und dann: „Ich dachte, dass er nach einer Waffe greift. Ich habe etwas Silbernes blitzen gesehen“, liest die Anwältin vor. Er habe geschossen, um seinem Widersacher „zuvorzukommen“. Auch von dessen 25-jährigem Bruder habe er sich bedroht gefühlt. Die Pistole, die bis heute verschwunden ist, habe er bei der Flucht aus dem Auto geworfen.

Der Prozess ist bis zum 9. Dezember terminiert. 70 Zeugen sind benannt. Auch der psychiatrische Gutachter Peter Winckler aus Tübingen wird noch sprechen.