Das Versammlungsverbot in Heidenau gilt am Wochenende, für das Willkommensfest am Freitag ist es ungültig. Foto: dpa

Das Oberverwaltungsgericht Bautzen stützt das vom Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge erlassene Versammlungsverbot am Wochenende teilweise. Es sei nur für den Freitag ungültig.

Heidenau - Das von rassistischen Krawallen erschütterte Heidenau kommt nicht zur Ruhe. Das umstrittene Versammlungsverbot für die sächsische Kleinstadt für das gesamte Wochenende führte am Freitag zu einem juristischen Tauziehen. Am Ende entschied das Oberverwaltungsgericht in Bautzen, dass nur die Veranstaltungen des Bündnisses „Dresden Nazifrei“ am Freitag stattfinden dürfen, nicht aber neue Aufmärsche von rechten Gruppen am Wochenende. Trotz der bundesweiten Appelle zur Unterstützung von Flüchtlingen gab es erneut einen Brandanschlag auf ein Asylbewerberheim. Dabei wurde in Salzhemmendorf bei Hameln (Niedersachsen) keiner der mehr als 30 Bewohner verletzt. Die Polizei nahm drei Tatverdächtige fest.

Das Verwaltungsgericht Dresden hatte am Freitag zunächst das vom Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge verhängte Versammlungsverbot für das Wochenende per Eilentscheidung aufgehoben. Die Richter entschieden, dass der „polizeiliche Notstand“, mit dem der Landkreis das Verbot begründet hatte, nicht hinreichend belegt worden sei. Die Verfügung, mit der alle Veranstaltungen unter freiem Himmel untersagt werden sollten, sei „offensichtlich rechtswidrig“.

Die Richter gaben damit dem Eilantrag eines Bürgers statt, der an einer vom Bündnis Dresden Nazifrei angemeldeten Kundgebung teilnehmen wollte. An der Willkommensfeier in der Nähe des Flüchtlingsheims – einem ehemaligen Baumarkt – nahmen am Nachmittag mehr als 200 Menschen teil. Das Versammlungsverbot, das nicht nur für rechte Gruppen geholten hätte, hatte bundesweit für Empörung gesorgt.

Am Abend entschied dann das Oberverwaltungsgericht in Bautzen, dass das Versammlungsverbot teilweise bestehen bleibt.

Merkel sagt Unterstützung für sächsische Polizei zu

Befürchtet wurde, dass es in Heidenau nach den Ausschreitungen vom vergangenen Wochenende neue Krawalle geben wird. Die Polizei war wie schon in den vergangenen Tagen mit mehreren Hundertschaften im Einsatz. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) versprach, der Bund werde „alles tun, um in dem Maße, wie er helfen kann, die sächsische Polizei zu unterstützen“. Merkel hatte sich am Mittwoch in Heidenau selbst ein Bild von der Lage gemacht. Dabei wurde sie übel beschimpft. Auf einem YouTube-Video schreit eine Frau „Volksverräterin“ und „blöde Schlampe“. Die sächsische Polizei ermittelt inzwischen.

Im niedersächsischen Salzhemmendorf warfen unbekannte Täter einen Molotowcocktail auf eine Asylbewerber-Unterkunft, in der mehr als 30 Flüchtlinge leben. Der Brandsatz flog in eine Wohnung, in der eine Frau aus Simbabwe und deren drei kleine Kinder aus Simbabwe schliefen. Sie blieben unverletzt. Zwei 24 und 30 Jahre alte Männer aus der Gemeinde und eine 23 Jahre alte Frau aus der Region Hannover wurden am Freitagabend nach Polizeiangaben festgenommen. „Es gibt auch Geständnisse“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD) dem Sender NDR.

Auch im sächsischen Aue brannte es in einem Asylbewerberheim. Die Polizei hielt einen Brandanschlag aus rechtsextremen Motiven für unwahrscheinlich.

Die Bundesregierung versprach nach dem Flüchtlingsdrama mit 71 Toten in Österreich zusätzliche Anstrengungen gegen Schlepper. Mit einem neuen Sondergipfel der europäischen Staats- und Regierungschefs zur Flüchtlingskrise will Merkel aber noch warten. Bei einem Treffen mit Dänemarks Ministerpräsident Lars Løkke Rasmussen verwies die Kanzlerin auf laufende Gespräche der EU-Innenminister. „Ein Gipfel muss auch gewisse Entscheidungen treffen können.“ Dazu seien noch „Vorarbeiten durch die Innenminister“ erforderlich. Zugleich forderte sie erneut, Asylbewerber innerhalb Europas „fair“ zu verteilen.

Die SPD bezeichnete die jüngsten Vorschläge von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) zur Flüchtlingsfrage als unzureichend. Mit einem Papier der SPD-Bundesministerien, das dem Magazin „Der Spiegel“ und der dpa vorliegt, setzen die Sozialdemokraten einen eigenen Maßnahmenkatalog dagegen. In jedem Fall müsse sichergestellt werden, dass das Ziel schnell erreicht werde, die Asylverfahren innerhalb von drei Monaten abzuschließen.