Die Polizeireform in Baden-Württemberg gilt als Großprojekt von Grün-Rot. 2014 soll die neue Struktur in Kraft treten, jetzt aber gibt es heftige Differenzen zwischen dem Innenministerium und der Personalvertretung.  

Stuttgart - Wenn es nach Innenminister Reinhold Gall (SPD) geht, wird die Polizeireform in Baden-Württemberg zu seinem Meisterstück. „Erfolgreiche Polizeiarbeit braucht Bürgernähe sowie eine straff organisierte und leistungsstarke Organisation“, hat der SPD-Politiker in den vergangenen Monaten immer wieder betont und dabei wiederholt deutlich gemacht, er wolle – getreu dem Motto der grün-roten Landesregierung – die Bürger, in diesem Fall die Polizisten. bei seiner Reform mitnehmen. Der Plan von Gall: Die vier Landespolizeidirektionen sollen mit den 37 Präsidien und Direktionen im Land zu zwölf Großpräsidien fusioniert werden. Damit will der Minister mehr Polizisten auf die Straße bringen. Kostenpunkt der Reform: bisher geschätzte 123 Millionen Euro.

Nun aber gibt es heftigen Ärger zwischen Dienstherr und Untergebenen um die Umsetzung. Denn ein Treffen zwischen Hauptpersonalrat – sozusagen die oberste Vertretung der Polizisten – und der Hausspitze um Fragen der Mitbestimmung bei der Reform endete abrupt. Der Grund: Die Vertreter der Gewerkschaften haben den Entwurf von Grün-Rot für das sogenannte Interessenbekundungsverfahren abgelehnt. Bei diesem Verfahren dürfen die rund 5000 Polizisten, die im Zuge der Reform von einer Versetzung betroffen sind, Wünsche äußern.

In welcher Form aber dürfen die Personalvertreter bei der künftigen Verwendung der Polizisten im Südwesten mitreden? Und vor allem: Inwieweit dürfen die Gewerkschaften alle Daten kennen?

„Das Beste für unsere Beschäftigten herausholen“

Genau daran scheiden sich nun die Geister. Aus Sicht des Innenministeriums werden die Standort- und Versetzungswünsche der Polizisten zwar erhoben, und die Polizisten müssen ihren Versetzungswunsch auch begründen. Doch diese Begründungen seien „höchst persönliche Daten“ – und dürften deshalb nicht an die Gewerkschaften weitergegeben werden.

Der Landesbeauftragte für den Datenschutz, Jörg Klingbeil, stützt diese Haltung des Innenministeriums. Der Hauptpersonalrat sieht das aber anders und fürchtet, die Landesregierung könne die Polizisten nach Gutsherrenart versetzen. Man sei sich zwar darüber bewusst, dass das Land „keine rechtliche Verpflichtung“ habe, dieses Interessenbekundungsverfahren vorzunehmen. Es müsse doch aber das Ziel von Grün-Rot sein, „eine sozialverträgliche Umsetzung der Reform“ zu erreichen, teilte Rüdiger Seidenspinner, Landeschef bei der Gewerkschaft der Polizei, vergangene Woche seinen Mitgliedern mit. Dass das Innenministerium nun blockiere, sei deshalb nicht nachvollziehbar. „Wir sind nach wie vor gesprächsbereit. Aber nur, wenn unser Gegenüber uns auch tatsächlich entgegenkommt.“ Das Bestreben der Gewerkschaften sei es weiterhin, „das Beste für unsere Beschäftigten herauszuholen“, so Seidenspinner. Denn nur durch „eine sozialverträgliche Umsetzung der Reform“ könne eine „höchstmögliche Akzeptanz“ erreicht werden.

So sieht man das auch im Innenministerium und versucht nun Schadenbegrenzung. Ein Sprecher von Gall sagte unserer Zeitung, man setze weiterhin auf „eine einvernehmliche Lösung“ und habe nicht das Ziel, die Stellen per Verordnung zu besetzen. Datenschützer Klingbeil soll deshalb nun nach einem Kompromiss suchen. Aber die Zeit drängt, immerhin soll die Reform Anfang 2014 in Kraft treten. Und die Neuorganisation der Polizei, so ein Insider, „wird ein Megaprojekt, dessen Umsetzung noch Monate dauern wird“.