Der Rüstungskonzern Heckler & Koch soll illegal Waffen nach Mexiko geliefert haben. Foto: dpa

Es geht um Tausende Waffen, die Heckler & Koch illegal nach Mexiko geliefert haben soll. Vor Gericht werden nun immer neue Details über deutsche Rüstungsexporte bekannt. Auch die Rolle der Behörden haben die Richter kritisch hinterfragt.

Es geht um Tausende Waffen, die Heckler & Koch illegal nach Mexiko geliefert haben soll. Vor Gericht werden nun immer neue Details über deutsche Rüstungsexporte bekannt. Auch die Rolle der Behörden haben die Richter kritisch hinterfragt.

Oberndorf/Villingen-Schwenningen - In einem Prozess um illegale Waffenlieferungen des Rüstungskonzerns Heckler & Koch an mexikanische Unruheprovinzen sind neue Hintergründe des Deals öffentlich geworden. Dokumente für die Genehmigung des Geschäfts wurden offensichtlich gezielt so nachbearbeitet, dass die deutschen Behörden ihre Zustimmung erteilen konnten. Diese Einschätzung aus den Ermittlungsakten hat der Vorsitzende Richter am Dienstag in einem Prozess am Arbeitsgericht Villingen-Schwenningen vorgetragen.

Ob Heckler & Koch die deutschen Behörden dadurch bewusst hinters Licht führen wollte, bleibt aber umstritten. Denn auch die Rolle, die das mexikanische Verteidigungsministerium gespielt hat, wirft Fragen auf. Das Unternehmen aus Oberndorf (Kreis Rottweil) steht seit Jahren im Visier der Staatsanwaltschaft, weil es Tausende Sturmgewehre trotz aller Verbote in mexikanische Unruheprovinzen geliefert haben soll. Der Rüstungskonzern macht dafür allein den für Mexiko zuständigen Vertriebsbereichsleiter und eine Sachbearbeiterin verantwortlich und hat beide fristlos entlassen. Diese Kündigung beschäftigt nun das Arbeitsgericht. Doch die Richter ließen bereits Zweifel durchblicken, ob die Konzernspitze wirklich von nichts gewusst hat.

Letztlich dreht sich alles um sogenannte Endverbleibserklärungen. Jedes Land, das in Deutschland Waffen kaufen will, muss der Bundesregierung gegenüber angeben, wo genau die Waffen eingesetzt werden sollen. So soll verhindert werden, dass deutsche Gewehre etwa an Abnehmer geliefert werden, die mit Hilfe dieser Waffen Menschenrechtsverletzungen begehen.

So lief das auch bei dem Mexiko-Geschäft von Heckler & Koch, wie aus den verlesenen Akten hervorgeht. Mexiko wollte zunächst Sturmgewehre für seine Polizeieinheiten in der Unruheprovinz Chiapas kaufen und stellte eine entsprechende Endverbleibserklärung aus. Doch die Bundesregierung hatte Bedenken, weil in Chiapas ein blutiger Drogenkrieg herrschte. Mündlich sei Heckler & Koch deshalb von einem Ministeriumsmitarbeiter informiert worden, dass es mit der Genehmigung schwierig werde, berichtete ein ehemals führender Konzernmitarbeiter in seiner Vernehmung, wie der Richter verlas.

Viele Waffen landeten in Unruheprovinzen

Das Unternehmen habe deshalb erneut Kontakt mit der mexikanischen Regierung aufgenommen und von dort wenig später eine neue Endverbleibserklärung erhalten, heißt es in den Akten. Mexiko wollte wieder genau die gleiche Anzahl Waffen kaufen - diesmal aber sollten sie für eine friedliche Provinz bestimmt sein. Die deutschen Behörden waren zufrieden und gaben grünes Licht. Doch viele Waffen landeten trotzdem in den Unruheprovinzen, wie auch das Unternehmen zugibt.

Heckler & Koch macht dafür die beiden Mitarbeiter verantwortlich, die im April entlassen wurden. Sie sollen hinter dem Rücken ihrer Chefs vom mexikanischen Verteidigungsministerium eine falsche Endverbleibserklärung besorgt haben, um die deutschen Behörden zufriedenzustellen. Doch ob das alles wirklich hinter dem Rücken der Konzernspitze ablief, daran gebe es Zweifel, sagte der Richter. Es gebe E-Mails, die zeigten, dass Vorgesetzte bis hoch in die Geschäftsleitung mit dem Fall betraut waren, erklärte er.

Zudem sei unklar, ob die Mitarbeiter von Heckler & Koch die mexikanischen Behörden gebeten haben, die Waffen pro forma einfach für eine friedliche Region zu bestellen - oder ob sie glaubten, Mexiko wolle die Gewehre wirklich für friedliche Gebiete kaufen.

Für Interesse sorgte auch eine Erklärung der mexikanischen Behörden, die der deutschen Justiz im Rahmen eines Rechtshilfegesuchs mitgeteilt haben, wie sie es mit den Endverbleibserklärungen halten: Laut einem mexikanischen Bundesgesetz ist die Regierung nur so lange an ihre Zusicherung gegenüber der deutschen Regierung gebunden, wie sie die Waffen nicht anderswo dringen benötigt, zitierte der Richter aus dem Schreiben. „Das reicht den deutschen Behörden für eine Genehmigung aus“, betonte der Anwalt von Heckler & Koch.