Zum Thema Geld und Haushalt lassen sich durchaus gepfefferte Reden halten. Foto: dpa

Traditionell sind die Haushaltsreden im Gemeinderat ein Höhepunkt des kommunalpolitischen Jahres. Christoph Mohr, der Fraktionssprecher der Alternativen Liste (Ali), rechnet darin mit dem neuen Haushaltssystem Doppik ab.

Winnenden - Die Haushaltsverabschiedung ist in Winnenden traditionell der Moment für die Gemeinderatsfraktionen, ihre politische Haltung ausführlich darzustellen. Christoph Mohr (ALI) nutzte die Gelegenheit am Dienstag, mit dem neuen Haushaltssystem Doppik abzurechnen, der Buchführung, in welcher der Etat 2018 erstmals verfasst ist. Von mehr Transparenz könne keine Rede sein, sagte der Mathematik- und Physiklehrer. Ohne betriebswirtschaftliche Vorkenntnisse sei er zu dem Schluss gekommen, dass ihm die Kameralistik zumindest im Moment noch lieber sei. „Auch wenn der Haushalt ungefähr genauso dick wie immer ist, ist die Informationsdichte weitaus geringer.“

Bürokratische Wort-Ungetüme

Zahlen, Aufschlüsselungen und Einzelpositionen seien nicht mehr zu finden, stattdessen gebe es nun „Produkte“, so Mohr, der sich mit beißendem Sarkasmus bürokratische Wort-Ungetüme zur Brust nahm. Zum Beispiel den Posten „Grundschulen und Schulverbünde mit Gemeinschaftsschulen mit Überwiegen der Grundschule“. „Es könnte bei uns auch schlicht ,Grundschulen’ heißen, was aber nach dem kommunalen Produktplan Baden-Württemberg nicht möglich ist.“

Für ihn stelle das doppische System, das bis 2020 die Kameralistik im Land ersetzen soll, eine Verschlechterung dar, so Mohr. „Man wird den Verdacht nicht los, dass Herrschaftswissen der Betriebswirte und Controller generiert werden soll, das nicht unbedingt jeder durchschauen können muss.“ Mohr war tief in die kommunalpolitische Szene des Landes getaucht, um seine Meinung auch andernorts zu finden. In die selbe Richtung gehe etwa die Kritik des Gemeinderats Walter Lutz aus Großrinderfeld in Tauberfranken: „Hier zeigt sich, dass die Reform des kommunalen Finanzwesens in ihrem zentralsten und wichtigsten Punkt, nämlich mehr Transparenz für die vom Volk gewählten Vertreter zu erreichen, gescheitert ist“, zitierte ihn Mohr.

Sozialer Wohnungsbau ist für alle ein Thema

Die anderen Fraktionsredner – Thomas Traub für die CDU, Hans Ilg für die Freien Wähler, Andreas Herfurth für die SPD und Nicole Steiger für die FDP – gaben sich hinsichtlich des doppischen Systems zurückhaltender. Die Stadträte hätten der Umstellung mit großer Spannung entgegengefiebert, sagte Thomas Traub. „Etwas enttäuscht mussten wir feststellen, dass im Umstellungsjahr noch keine größere Transparenz und Klarheit entsteht.“

„Beruhigend ist, dass sich alle wichtigen Einnahmequellen wie Gewerbe- und Grundsteuer, unser Anteil an der Einkommensteuer, die Vergnügungssteuer, Zuweisungen und Gebühren in den Produkten wiederfinden und vor allem, dass diese Einnahmen weiter eingehen und nicht nur das, sondern, dass sie sich auch nochmals deutlich erhöht haben“, sagte Hans Ilg über die erfreuliche Haushaltssituation.

Sämtliche Redner wiesen auf das Problem des fehlenden sozialen Wohnraums hin. Das dürfe jedoch nicht zu „Fehlentwicklungen“ wie zu teuer errichteten Wohnhäusern führen, mahnte Andreas Herfurth. „Dagegen werden wir auch in Zukunft stimmen“, so der SPD-Sprecher. Thomas Traub appellierte an Eigentümer, leer stehende Wohnungen zu vermieten – selbst Einliegerwohnungen. Nicole Steiger brach im Namen der FDP eine Lanze für ein Appartementhaus, in dem Menschen in Ausbildung günstig leben können.

Den Haushalt 2018 verabschiedete der Winnender Gemeinderat einstimmig.