Photovoltaik-Anlagen auf Freiflächen haben nicht nur Befürworter Foto: dpa/Stefan Thomas

Ist die Stadt Waiblingen beim Wohnbau zu schwerfällig oder genau auf dem richtigen Weg? Die Meinungen im Gemeinderat sind nicht nur bei diesem Thema sehr geteilt.

Eine Premiere hat es am Donnerstagabend in Waiblingen gegeben. „Erstmalig in der Geschichte des Waiblinger Gemeinderats“ habe seine CDU-Fraktion einen Haushaltsantrag mit der Fraktion Alternative Liste (Ali) erarbeitet, berichtete der Fraktionsvorsitzende Peter Abele. Und der Ali-Chef Alfonso Fazio räumte ein, dass das sicher manch einen wundern werde, „aber genau das ist der richtige Weg, interfraktionell zum Wohle unserer Stadt zusammen zu arbeiten“. Die zwei Fraktionen, die sonst selten einer Meinung sind, möchten die Zahl der Photovoltaik-Anlagen in der Stadt erhöhen. Die Idee: die Stadtwerke Waiblingen sollen ihren Kunden die Möglichkeit geben, den mit Photovoltaik-Anlagen erzeugten Strom selbst zu nutzen. Das städtische Stromnetz soll dabei als „Online-Speicher“ zur Verfügung gestellt werden, sodass für die Besitzer der Anlagen die Anschaffung teurer Batteriespeicher entfällt. Das würde die Anlagen um rund die Hälfte günstiger machen, sagte Fazio.

Ergeben Photovoltaik-Anlagen auf Ackerflächen Sinn?

Die Energiewende war in allen Reden der Fraktionsvorsitzenden zum Haushalt 2023 ein Thema. Darüber, dass es dabei schneller vorangehen muss, herrscht im Gremium zwar weitgehend Einigkeit. Geteilter Meinung ist man sich aber, wo Photovoltaik-Anlagen Sinn machen. Während etwa Siegfried Bubeck (Freie Wähler/Demokratische Freie Bürger) neben Anlagen auf allen geeigneten öffentlichen und privaten Dächern auch solche auf ehemaligen Deponien, entlang großer Straßen oder auf brachliegenden Feldern fordert, lehnen David Krammer (Bürgerliste Bittenfeld) und Ali-Fraktion die Nutzung von Ackerflächen zur Stromgewinnung ab. „Um die Nutzung von Flächen für Freiflächen-Photovoltaik werden wir nicht herumkommen“, denkt hingegen Urs Abelein (SPD). Er argumentierte, auch die Flächen für Windkraft auf der Buocher Höhe, die untersucht werden, reichten nicht aus. „Waiblingen muss weitere potenzielle Flächen wie zum Beispiel den Söhrenberg, Flächen am Zuckmantel oder am Wasserturm Bittenfeld für den Bau von Windkraftanlagen zur Verfügung stellen.“ Marc Maier von der Gruppe Maier und Helbig forderte dagegen, „keine voreiligen Investitionen in die Windkrafttechnologie“ zu machen, bevor sämtliche Messwerte, Nutzen und Nachteile bekannt und ausgewertet seien. Zudem plädierte er für „ein maßvolles Umsetzen von Klimaschutzmaßnahmen“.

Goll kritisiert „Schwerfälligkeit beim städtischen Wohnungsbau“

Auch beim Thema Wohnbau gehen die Meinungen völlig auseinander. „Wir dürfen keine weiteren Baugebiete und keine weitere Versiegelung zulassen, wir müssen dringend entsiegeln. Wir müssen unsere Straßen, ja unsere Stadtautobahnen zurückbauen“, forderte Tobias Märtterer von der Fraktion Grüne, Natur- und Tierfreunde (Grünt). Er bezeichnete die Nachverdichtung im Innenbereich als „Maß aller Dinge“ und lehnt den geplanten Bau von 220 Wohnungen bei der Korber Höhe 3 ab, weil dadurch wichtige Frischluftschneisen und Boden zerstört würden. Siegfried Bubeck (FW/DFB) hält dagegen eine reine Nachverdichtung für nicht ausreichend, um die Nachfrage nach bezahlbarem Wohnraum zu decken. Urs Abelein (SPD) lobte die Stadt: „Der aktuelle Weg der Innenverdichtung oder Arrondierung bestehender bebauter Flächen ist für uns eine richtige Vorgehensweise.“ Gleiches gelte für den Entschluss, mit einer eigenen Wohnungsgesellschaft mehr Gebäude zu bauen und in kommunaler Hand zu behalten. Eben diese Strategie kritisierte wiederum die FDP-Fraktionsvorsitzende Julia Goll und klagte über „die Schwerfälligkeit beim städtischen Wohnungsbau“ und „die Verzögerung aller städtischen Projekte bis hin zum völligen Nichtstun über Jahre“. Auch Peter Abele (CDU) bemängelte, dass man bei einigen städtischen Bauprojekten offenbar noch nicht viel weiter sei als vor einem Jahr.

Personalzuwachs sehen viele Räte kritisch

Da angesichts der Baupreis- und Zinsentwicklung die Baufreude im nächsten Jahr wohl getrübt sein und die Zahl der Bauanträge zurückgehen werde, forderte Abele die Streichung einer von der Verwaltung gewünschten neuen Stelle im Bauamt sowie zweier weiterer Stellen in anderen Bereichen. Dass die Zahl der städtischen Mitarbeitenden Jahr für Jahr steigt, ist etlichen Räten schon seit Längerem ein Dorn im Auge. Die FDP-Fraktion will sich aus diesem Grund in einer Haushaltsstrukturkommission mit diesem Thema beschäftigen.