Wie sollen Kinder mit Behinderung zu ihrem Ferienangebot kommen, wenn es keinen Fahrdienst gibt? Foto: Achim Zweygarth

Trotz klammer Kassen wollen mehrere Fraktionen im Stuttgarter Gemeinderat die Schülerbeförderung finanziert wissen. Es geht um Teilhabe und Entlastung betroffener Familien.

Ab dem kommenden Schuljahr haben Grundschulkinder beziehungsweise deren Eltern Anspruch auf einen Ganztagsplatz. Dieser gilt zunächst für die Erstklässler und dann aufwachsend für jeden neuen Jahrgang, der eingeschult wird. Er umfasst sowohl die Schulzeit als auch die Ferien – und zwar auch für Kinder an Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentren (SBBZ).

 

Allerdings deckt der Anspruch nicht den Fahrdienst ab, auf den viele Kinder mit Behinderung angewiesen sind und der für die Schulzeit rechtlich geregelt ist. Sprich: Kinder mit Behinderung haben künftig einen Anspruch auf Ferienbetreuung, viele von ihnen können ihn aber womöglich nicht wahrnehmen, weil sie nicht hin kommen. Für große Teile im Stuttgarter Gemeinderat ist das schlicht ein Unding. Die CDU sowie SPD und Volt haben nun mit entsprechenden Anträgen die Initiative ergriffen.

CDU fordert eine Million Euro

Die Christdemokraten fordern, dass im kommenden Doppelhaushalt insgesamt eine Million Euro für den Fahrdienst in den Ferien bereitgestellt wird. „Für Eltern von Schülern an SBBZ würde der derzeitige Zustand eine erhebliche zusätzliche Belastung bedeuten, da es ihnen technisch und organisatorisch oftmals nicht möglich ist, den Transport selbst zu übernehmen. Viele Familien wären dadurch gezwungen, ihre Kinder in den Ferien zu Hause zu betreuen“, heißt es in der Begründung.

Die CDU wünscht sich eine „gezielte Förderung“. Die Verwaltung soll ein Konzept entwickeln, das – soweit rechtlich zulässig – ausschließlich Stuttgarter Kinder berücksichtigt. Auch soll der Fahrdienst zunächst nur für die städtischen SBBZ eingerichtet werden. Sofern es die Mittel zulassen, könne dieser aber auch auf SBBZ in freier Trägerschaft ausgeweitet werden. Sollte die Summe von einer Million Euro nicht reichen, sollen vorrangig Kinder berücksichtigt werden, die aufgrund ihres Unterstützungsbedarfs oder ihrer familiären Situation anderenfalls nicht an der Ferienbetreuung teilnehmen könnten.

Kritik am Land Baden-Württemberg

Unmut äußert die Stuttgarter CDU gegenüber dem Land Baden-Württemberg – und diesen Unmut soll die Verwaltungsspitze weitergeben. „Es kann nicht sein, dass die Städte und Gemeinden gesetzliche Aufgaben umsetzen, während das Land die notwendigen Rahmenbedingungen und Mittel nicht bereitstellt. Das Land steht hier in der Pflicht, seiner Verantwortung gerecht zu werden und innerhalb der nächsten zwei Jahre eine tragfähige landesweite Lösung für die Ferienbeförderung dieser Kinder vorzulegen“, heißt es in dem Antrag.

Inklusion umfasst nicht nur die Schulzeit, sondern auch die Ferien. Foto: dpa/Maurizio Gambarini

Die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat, die sich mit der CDU auf ein Haushaltsbündnis verständigt haben, stehen „voll und ganz hinter dem Antrag“, wie es der schulpolitische Sprecher Fabian Reger auf Nachfrage formuliert. Es habe im Vorfeld entsprechende Absprachen gegeben. „Für uns ist die Erfüllung des Rechtsanspruch auf Ganztag von Schülerinnen und Schülern an SBBZ auch in den Ferien ein wichtiges Anliegen. Ich bin sehr froh, dass es uns – zusammen mit der CDU – gelungen ist, dies im Haushalt entsprechend zu priorisieren“, sagt Reger.

SPD und Volt greifen das Thema noch einmal in einem eigenen Antrag auf. Auch sie wollen sicherstellen, dass im Doppelhaushalt Geld für einen Fahrdienst zu Ferienangeboten an den SBBZ eingestellt werden. Diese Leistung sei zwar keine Pflichtaufgabe, „jedoch für die Teilhabe und Entlastung der betroffenen Familien von großer Bedeutung“, schreibt die Fraktion.

Da CDU, Grüne, SPD und Volt zusammen eine Mehrheit im Gemeinderat haben, dürfte die Finanzierung des Fahrdienstes damit gesichert sein.