Das Plenum des Bundestags soll Ende November den Haushalt für das kommende Jahr beschließen. Foto: dpa/Michael Kappeler

Der Haushaltsausschuss des Bundestags zurrt den Etat für 2023 fest. Die Schuldenbremse soll wieder eingehalten werden, gleichwohl ist eine zusätzliche Kreditaufnahme im Umfang von 46 Milliarden Euro geplant.

Der Bundeshaushalt für das Jahr 2023 steht. Mehr als 18 Stunden saß der Haushaltsausschuss des Bundestags für die abschließende Beratung ununterbrochen zusammen, am frühen Freitagmorgen konnte er schließlich einen Haken unter das Budget machen. Die Pläne sehen für das kommende Jahr Ausgaben im Umfang von fast 480 Milliarden Euro vor. Der Bund nimmt im großen Stil neue Kredite auf, dennoch hält er formal wieder die Regeln der Schuldenbremse ein. Ein Überblick.

Was haben die Haushälter beschlossen? In der finalen „Bereinigungssitzung“ beugten sich die Haushaltsexperten des Bundestags abschließend über den Etatentwurf der Regierung und nahmen noch diverse Änderung vor. Geplant sind für das kommende Jahr Ausgaben von 476,3 Milliarden Euro. Das sind 31 Milliarden mehr, als Finanzminister Christian Lindner (FDP) ursprünglich vorgeschlagen hatte. Für Investitionen stehen 13 Milliarden Euro mehr zur Verfügung als zunächst geplant. Angesichts der stark gestiegenen Kosten für Energie und Nahrungsmittel infolge des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine senkt der Bund im großen Stil Steuern, zahlt Hilfen aus und erhöht Sozialleistungen, um die Bürger finanziell zu entlasten. Auch für Außenpolitik und Entwicklung steht mehr Geld zur Verfügung. All das ist im Etat abgebildet. „Dieser Haushalt steht für soziale Gerechtigkeit, Klimaschutz und Freiheit in der Zeitenwende“, hieß es am Freitag in einer gemeinsamen Erklärung der Ampelhaushälter Dennis Rohde (SPD), Sven-Christian Kindler (Grüne) und Otto Fricke (FDP). Das Plenum des Bundestags soll am 25. November über den Haushalt 2023 abstimmen.

Wie viele neue Schulden nimmt der Bund im kommenden Jahr auf? Geplant sind im Rahmen des Etats zusätzliche Kredite im Umfang von rund 46 Milliarden Euro. Finanzminister Lindner hatte zunächst lediglich mit rund 17 Milliarden Euro neuen Schulden geplant. Gleichwohl sollen zum ersten Mal seit 2019 wieder die Regeln der Schuldenbremse eingehalten werden. Das ist insbesondere der FDP und ihrem Finanzminister wichtig, die beiden anderen Koalitionsparteien sind bei diesem Thema deutlich weniger strikt. Die im Grundgesetz verankerte Schuldenbremse beschränkt in wirtschaftlich normalen Zeiten die Neuverschuldung des Staates. In Ausnahmesituationen kann davon aber abgewichen werden – was der Bund aufgrund der Coronapandemie seit 2020 regelmäßig im großen Stil tat. Im kommenden Jahr soll die Schuldenbremse formal wieder greifen. Allerdings reizt der Haushaltsgesetzgeber – also der Bundestag – den zulässigen Spielraum voll aus. Wegen der trüben Konjunkturaussichten kann er sich mehr Geld an den Kapitalmärkten besorgen als in Zeiten, in denen die Wirtschaft rundläuft.

Warum greift die Schuldenbremse nur „formal“? Der Bund hat im zu Ende gehenden Jahr 2022 zwei umfangreiche, schuldenfinanzierte Schattenhaushalte angelegt: Das Sondervermögen für die Bundeswehr im Umfang von 100 Milliarden Euro sowie den Abwehrschirm gegen hohe Energiepreise (Doppel-Wumms) im Umfang von 200 Milliarden Euro. Beide sind eine Reaktion auf Russlands Angriffskrieg gegen die Ukraine und zeitlich befristet. Und aus beiden werden 2023 beträchtliche Mittel abfließen. Das geschieht aber außerhalb des Bundeshaushalts. Aus dem Abwehrschirm soll unter anderem die geplante Gaspreisbremse bezahlt werden.

Was sind die größten Posten im Etat? Traditionell gibt der Bund das meiste Geld für den Bereich Arbeit und Soziales aus. 166 Milliarden Euro sind dafür veranschlagt. Der reguläre Etat des Verteidigungsministeriums soll bei 50 Milliarden Euro liegen. Das Ministerium für Digitales und Verkehr erhält fast 36 Milliarden Euro.

Was sagt die Opposition? Union, AfD und Linke kritisierten die Beschlüsse der Koalitionshaushälter am Freitag heftig. Der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Christian Haase (CDU), bemängelte, dass die Ampel den Spielraum bei der Neuverschuldung komplett ausnutzen will. „Es passiert nichts Illegales. Aber die Möglichkeit, Schulden aufzunehmen, heißt ja nicht, dass man sie aufnehmen muss.“ Der AfD-Haushälter Peter Boehringer sagte, es gebe im Etat „viele Buchungstricks und viele Nebenhaushalte“. Die Linke-Abgeordnete Gesine Lötzsch kritisierte das Budget als sozial unausgewogen und forderte eine Steuerreform, die vor allem große Vermögen ins Visier nimmt.