Finanzminister Willi Stächele (CDU). Foto: dpa

Die Konjunktur im Südwesten brummt, doch der Finanzminister spürt davon noch nichts.

Stuttgart - Ministerpräsident Stefan Mappus hat für den Herbst eine dramatische Sparrunde angekündigt. War das angesichts der hervorragenden Konjunkturdaten voreilig? Bestimmt nicht, meint sein Finanzminister Willi Stächele. Denn die Steuern sprudeln keinesfalls hervorragend.

Die unerwartet lebhafte Konjunktur in Baden-Württemberg hat Finanzminister Willi Stächele veranlasst, vor finanziellen Begehrlichkeiten zu warnen. "Jetzt brechen natürlich manche sofort in Euphorie aus, aber ich sehe keinen Grund für neue Ausgabenwünsche", sagte er bei der Bekanntgabe der Konjunkturprognose für das zweite Halbjahr 2010.

Stächele geht von tiefer Talsohle aus

Der Grund für seine Mahnung: Die Steuereinnahmen folgen keinesfalls der positiven Wirtschaftsentwicklung. Rund 23,4 Milliarden Euro Bruttoeinnahmen sind im Haushalt für das laufende Jahr veranschlagt. 2008 hingegen waren es 28 Milliarden. Bereinigt um die Steuererstattung für die Kraftfahrsteuer durch den Bund bedeutet dies laut Finanzministerium einen Rückgang um netto 1,6 Milliarden.

Dass die Steuereinnahmen hinter der guten Konjunktur herhinken, führt Stächele unter anderem auf die Verlustvorträge in den baden-württembergischen Schlüsselbranchen Maschinen- und Automobilbau zurück. Vor allem die Einnahmen an Körperschaftsteuer blieben dadurch deutlich hinter der Bundesentwicklung zurück.

"Wir gehen von einer tiefen Talsohle aus", sagte Stächele und erinnerte daran, dass Baden-Württemberg von 2013 an - den selbst gemachten Auflagen zufolge - mit der Tilgung von Krediten beginnen muss. Im aktuellen Haushaltsplan für 2010 und 2011 sind 4,7 Milliarden Euro neuer Kredite eingeplant - ein Rekordwert in der Geschichte des Landes. Sollten die Steuerquellen im Lauf der nächsten Monate tatsächlich lebhafter sprudeln, so will der Finanzminister das Geld zur Milderung der Schuldenlast verwenden.

"Baden-Württemberg muss wieder starkes Exportland werden"

Die Konsolidierung der öffentlichen Haushalte ist für Stächele denn auch ein wesentlicher Beitrag, um die Stetigkeit und Nachhaltigkeit des gegenwärtigen Aufschwungs zu sichern. Denn stabile Haushalte stärkten das Vertrauen der Menschen in die Zukunft und erstickten Inflationsängste. Zurückhaltend kommentierte der Finanzminister deshalb auch Forderungen nach einem deutlichen Lohnanstieg. Baden-Württemberg müsse zunächst zur alten Stärke als Exportland zurückfinden.

Die Wirtschaft im Südwesten ist derzeit auf dem besten Weg dahin. Das Statistische Landesamt hat seine Konjunkturprognose für das Jahr 2010 um einen halben Prozentpunkt nach oben korrigiert: "Das preisbereinigte Bruttoinlandsprodukt dürfte zwei Prozent über dem Vorjahreswert liegen", sagte Carmina Brenner, Präsidentin des Statistischen Landesamts. Als Impulsgeber sieht sie vor allem den Export.

Nahezu alle Branchen befinden sich nach Erkenntnis der Statistiker auf dem Weg der Besserung: die Metallerzeugung und -bearbeitung ebenso wie die Herstellung elektronischer und optischer Erzeugnisse. An der Spitze liegt die Herstellung von Kraftwagen und Kraftwagenteile mit einem Produktionswachstum von 43 Prozent im ersten Halbjahr 2010 gegenüber dem Vorjahr. Brenner: "Das verarbeitende Gewerbe kann in Baden-Württemberg als Schrittmacher für die Gesamtwirtschaft angesehen werden." Die Produktion lag hier zwischen März und Mai rund 19 Prozent über dem Vorjahreswert.

Umsatzentwicklung ist positiv

Auch die Umsatzentwicklung sehen die Statistiker positiv. Sie stiegen im Juni preisbereinigt um 20 Prozent gegenüber dem Vorjahr an. Den Zuwachs registrieren sie übrigens im fünften Monat in Folge. Die Impulse kamen hauptsächlich aus dem Exportgeschäft. Ein Plus von fast 30 Prozent haben die Unternehmen auch bei den Auftragseingängen im Juni gemeldet. Die Bestellungen stiegen sowohl im Inland (31,5 Prozent) als auch im Ausland (25 Prozent) merklich an.

Die Zeichen auf dem Arbeitsmarkt stehen ebenfalls auf Entspannung. Die Arbeitslosenquote betrug im Juni 4,7 Prozent. Sie hat sich damit seit März um 0,7 Prozentpunkte vermindert. Die Zahl von 277.000 Arbeitslosen im zweiten Quartal 2010 lag um mehr als 11.000 unter dem Niveau des Vorjahreszeitraums.

Im vergangenen Jahr war das Bruttoinlandsprodukt in Baden-Württemberg um 7,4 Prozent geschrumpft - so stark wie nie zuvor in der Geschichte des Landes. Stächele sagte, selbst wenn die jährliche Zunahme des Inlandsprodukts weiter anhalte, werde das Niveau des Jahres 2008 erst wieder 2013 erreicht.