Ab 2026 hat jedes Grundschulkind im Land einen Anspruch auf Ganztagsbetreuung. Doch der Ausbau überfordert viele Kommunen. Foto: dpa/Arne Dedert

Das Drängen der Kommunen zeigt Wirkung. Nach langem Ringen steigt das Land in die Finanzierung der Ganztagsbetreuung an Grundschulen ein, die ab 2026 Pflicht wird. Doch wird das reichen?

Was Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) vom Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschüler hält, daraus hat er nie einen Hehl gemacht. Er habe bis zum Schluss dagegen gekämpft, ließ er in Landespressekonferenzen immer wieder wissen. Nun wird das wahr, was er wohl befürchtet hat. Das Land wird den Kommunen bei der Umsetzung des vom Bund beschlossenen Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung an Grundschulen finanziell unter die Arme greifen.

 

Der Bund hatte 2021 den Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung beschlossen und steht damit eigentlich in der Pflicht, den Ausbau zu finanzieren. Doch die 380 Millionen Euro vom Bund für Investitionen wie Baumaßnahmen reichen den Kommunen zufolge in Baden-Württemberg nicht aus.

Angebot an die Kommunen

Nach den Haushaltsverhandlungen am Montagabend haben die grün-schwarzen Koalitionsspitzen nun ein Angebot vorgelegt. „In diesem Sinne schlagen wir vor, dass bereits ab 2024 und für die nächsten sechs Jahren über eine jährliche Tranche in dreistelliger Millionenhöhe der aktuelle Antragsstau abgearbeitet werden kann“, heißt in einem Schreiben an die kommunalen Landesverbände vom Dienstag. Damit kommt das Land den Kommunen entgegen, die zuletzt laut über die zu knapp bemessenen Bundesmittel geklagt hatten. Der Städtetag etwa hatte einen Fünfjahresplan mit etwa 200 Millionen Euro Landesmitteln jährlich vorgeschlagen.

„Wir sorgen für Planungssicherheit beim Ausbau der Ganztagsschule für die nächsten Jahre über die Mittel des Bundes hinaus“, sagte Bayaz. Dass Geld bereits in diesem Jahr fließt, wird möglich, weil von den Rücklagen für Haushaltsrücklagen im aktuellen Haushalt mehr übrig geblieben ist, als erwartet. Im Doppelhaushalt 2025/26 wird der finanzielle Puffer angezapft, den das Finanzministerium für notwendige Mehrausgaben und politische Vorhaben bereit hält. In der Summe werde das Land so in den kommenden Jahren im Bereich Ganztag und Krankenhäuser mehr als eine Milliarde Euro in die Hand nehmen, um die Maßnahmen zu ermöglichen, heißt es in dem Schreiben.

Streit über Mittelvergabe

Vorausgegangen war eine Auseinandersetzung über das Verfahren zur Vergabe der Bundesmittel. Auf Drängen der Kommunen hatte das Kultusministerium für die Anträge einen Stichtag festgelegt, damit auch kleine Kommunen eine Chance haben. Angesichts der Flut der Anträge sollte die Reihenfolge der Bearbeitung dann ausgelost werden. Das Losverfahren hatte für einen Sturm der Entrüstung gesorgt. Als „Würfelspiel“, bezeichnete es etwa CDU-Fraktionschef Manuel Hagel. Doch das ist mit dem nun gemachten Vorschlag nicht mehr nötig. Mit dem zusätzlichen Geld könne allen vollständigen und korrekten Anträgen entsprochen werden, heißt es in den Brief. Grünen-Fraktionschef Andreas Schwarz betonte, ein neues Verfahren, das bereits angestoßene Projekte berücksichtige, müsse nun eng mit der kommunalen Seite abgestimmt werden.

Ob die Kommunen mit dem Angebot zufrieden sind, muss sich noch zeigen. „Wir werden dieses nun gemeinsam bewerten und dann der Haushaltskommission eine Rückmeldung geben“, sagte ein Sprecher des Gemeindetags. Die Spitzen der Kommunalverbände hatten in den vergangenen Monaten Alarm geschlagen, weil viele Kommunen und Landkreise im Land hoch verschuldet sind.

Das Gesamtpaket für die Kommunen enthält noch weitere Angebote. So sollen auch die Krankenhäuser schon in diesem Jahr 150 Millionen Euro erhalten. Möglich wird das, weil Rücklagen für Haushaltsrisiken 2024 nicht genutzt worden waren. Auch für 2025 will das Land die Unterstützung prüfen – und dafür sorgen, dass ab 2026 Bundesprogramme kofinanziert werden können.

Bei der Flüchtlingsversorgung bleibt das Land indessen bei seinem Angebot, in diesem Jahr die Bundesmittel von 230 Millionen Euro komplett an die Kommunen weiterzureichen. In den kommenden Jahren sollen sie aber nur die Hälfte bekommen. Bisher stieß dieser Vorschlag bei den Kommunen nicht auf große Gegenliebe. Bis Ende der Woche können sie nun auf das Angebot reagieren. Dann will die Landesregierung ihren Haushaltsentwurf in trockenen Tüchern haben, damit er bis zum Jahresende im Landtag verhandelt wird.