Hemmingen geht das Geld aus – jetzt wird der Rotstift angesetzt. Foto: dpa/Armin Weigel

In Hemmingen blickt der Gemeinderat mit teils sehr ungutem Gefühl auf den Haushalt des Jahres 2025.

Die Verabschiedung des Haushalts nutzen die Gemeinderäte traditionell für einen Rundumschlag. Um Kritik, Sorgen, Appelle zu äußern. In Hemmingen blickt das Gremium mit teils sehr ungutem Gefühl auf das Zahlenwerk, sein „mächtigstes Gestaltungsinstrument“, wie es Martin Pfeiffer (CDU) formuliert. Ob die Fraktion der Haushaltssatzung zustimmen könne? Vornweg: Drei Mitglieder tun es nicht, angesichts der Rahmenbedingungen, die zu einem Defizit von 6,8 Millionen Euro führen, das sich in den nächsten Jahren fortsetzt sowie einer in 2026 geplanten Kreditaufnahme.

 

Die Ergebnisrücklage schrumpft von mehr als 20 Millionen Euro auf etwa 180 000 Euro Ende 2028. Was bleibt, ist die außerordentliche Rücklage von sechs Millionen Euro, „die aber bei Anhalten dieses Trends nicht mehr lange trägt“, fürchtet Martin Pfeiffer. Pflichtaufgaben und Transferaufwendungen lassen die Gemeinde finanziell ächzen.

Bücherei, Jugendhaus, Sporthallen auf dem Prüfstand

Im Grunde, sagt Martin Pfeiffer, habe der Staat auf Bundes- und Landesebene immer wieder Zusagen gemacht, die er in großen Teilen an die unterste Verwaltungsebene – die Landkreise und Kommunen – weiterreiche: Kosten für die Kinderbetreuung ebenso wie für die Unterbringung und Betreuung von Geflüchteten und den Krankenhausbetrieb.

Das allumfassende Versprechen ‚Wir schaffen das’ könne der Staat schon seit Jahren nicht mehr einhalten. „Bund und Land schieben uns Aufgaben ohne adäquate Finanzierung zu“, kritisiert Martin Pfeiffer, moniert „die kaschierte Abwälzung von Lasten seitens Bund und Land auf uns als Kommune. Wenn sich hier nichts ändert, werden wir gezwungen sein, unsere Bürgerschaft und die ortsansässigen Betriebe mit höheren Steuern und Gebühren zu belasten“. Und es drohe der Rückbau von Angeboten wie der Bibliothek, dem Jugendhaus oder dem Betrieb der Sportstätten.

„Am Ende zahlt immer der Bürger“

Einen „deutlichen Handlungsauftrag“ sieht die Fraktionsvorsitzende der Freien Wähler, Sabine Waldenmaier, im millionenschweren Defizit. Ob Kinderbetreuung, sozialer Wohnungsbau, Förderung des Nahverkehrs oder die Kosten der laufenden Verwaltung: „Am Ende zahlt immer der Bürger.“ Auch Sabine Waldenmaier schüttelt den Kopf darüber, dass Bund und Land immer neue Leistungen beschließen und den Kommunen als Pflichtaufgaben übertragen würden, ohne für eine dauerhafte Finanzierung zu sorgen. „Man könnte den Eindruck gewinnen, dass die Verantwortlichen in Bund und Land die Rathäuser dieses Landes für unermüdliche Goldesel halten.“

Dabei sei die weitere Entwicklung der Finanzlage der Gemeinde „besorgniserregend“. Beschließen Bund und Land weiter Leistungen, ohne für deren nachhaltige Finanzierung zu sorgen, werde Hemmingen irgendwann handlungsunfähig. „Das kann niemand wollen. Hier müssen wir als Kommunalpolitiker deutlicher unsere Stimme erheben“, meint Sabine Waldenmaier. Im Umkehrschluss könne und dürfe es „soziale Wohltaten“ ohne solide Gegenfinanzierung nicht geben. „Wir werden Prioritäten setzen müssen, auch wenn es wehtut“, kündigt die Freie Wählerin an. Dabei gelte es, das richtige Maß zu finden zwischen notwendiger Konsolidierung und dem Erhalt dessen, was das Gemeindeleben lebenswert mache.

Fällt das Defizit niedriger aus?

Die SPD-Fraktion geht von besseren Zahlen aus als kalkuliert. Man erwarte zur Jahresrechnung, dass das Defizit – wie bislang immer – niedriger ausfalle, sagt die Vorsitzende Elke Kogler. Sie konzentriert sich in ihrer Rede auf die Entwicklung der Gemeinde. Die investiere zwar in die Zukunft, gleichwohl sei Wesentliches noch anzugehen, wie die Umsetzung des Baugebiets Schöckinger Weg – „mit den von uns beantragten Sozialwohnungen auf dem gemeindeeigenen Grundstück für Geschosswohnungsbau.“ Grundsätzlich befürwortet der Gemeinderat bezahlbaren Wohnraum. Den Antrag der SPD zum Haushalt lehnte er trotzdem ab: Er sieht darin einen zu wenig durchdachten Vorstoß.

Den demografischen Wandel im Blick fordert Elke Kogler behindertengerechte Wohnungen zu bauen. „Eine weitere Pflegeeinrichtung muss zumindest planerisch rasch in Angriff genommen werden.“ Ob dies im Zusammenhang mit der Neugestaltung des Bahnhofsareals entsteht, werde sich weisen. Allerdings habe Hemmingen für alle diese und weitere Projekte im Rat keine konkreten Ziele vereinbart, kritisiert Elke Kogler. Es sei daher „unabdingbar“, diese im Rahmen der von der SPD beantragten Klausurtagung ‚Die Zukunft von Hemmingen langfristig planen’ zu finden. „Zu oft hat sich Hemmingen mit seinen Planungen gute zukunftsorientierte Lösungen verbaut.“

Steigende Gebühren nicht ausgeschlossen

Barbara von Rotberg (FDP) fragt sich, ob Hemmingen genug Energie hat, um die Herausforderungen des Haushalts zu meistern? So jedenfalls lautet das Motto der Gemeinde. „Es bedarf erheblicher Anstrengungen, um aus den vorhandenen Mitteln einen tragfähigen Haushalt zu formen“, sagt die Liberale. Um Hemmingen langfristig auf einem soliden finanziellen Fundament zu halten, müssten Verwaltung und Gemeinderat den Haushalt „konsequent konsolidieren“. Dazu gehöre zu prüfen, wo sich Einnahmen optimieren lassen, sich nur Projekten zu widmen, die tatsächlich zum Gemeinwohl beitragen, Wasser- und Abwassergebühren sowie die Grundsteuer „in einem angemessenen Rahmen“ zu erhöhen, die Interessen der kleinen und mittleren Unternehmen im Auge zu behalten und „klare“ Prioritäten zu setzen.

Hemmingen hat Energie – zu dem Schluss kommt Barbara von Rotberg. „Unsere Gemeinde verfügt über engagierte Bürgerinnen und Bürger, die tagtäglich daran arbeiten, Hemmingen lebenswert und zukunftsorientiert zu gestalten.“ Nötig sei, diese Energie gezielt einzusetzen. „Wir haben uns der Herausforderung gestellt, in einem schwierigen Haushaltsjahr einen soliden, den Bedürfnissen der Gemeinde entsprechenden Haushaltsplan zu entwickeln.“ Die Investitionen in Bildung, Infrastruktur und nachhaltige Energiegewinnung würden zeigen, „dass wir auch in Krisenzeiten an die Zukunft denken“. 2025 investiert die Gemeinde 6,9 Millionen Euro.