Der Esslinger Kreisetat 2025 hat ein Volumen von fast 873 Millionen Euro. Foto:  

Allen Risiken zum Trotz haben die Fraktionen den Rekordetat für das kommende Jahr einstimmig beschlossen. Selbst die Anhebung der Kreisumlage auf 33,4 Prozent war unstrittig. Doch die Harmonie könnte schon bald Vergangenheit sein.

So viel Harmonie gab es wohl noch nie im Esslinger Kreistag: Nach nicht einmal zweistündiger Aussprache hat das 94-köpfige Gremium in seiner jüngsten Sitzung den Haushaltsplan des Landkreises für das kommende Jahr verabschiedet – ohne eine einzige Gegenstimme oder Enthaltung. Dabei hat es das Zahlenwerk in sich: Ob die Rechnung mit mehreren Unbekannten aufgeht, wird sich erweisen müssen.

 

Beschlossen wurde ein Kreisetat, der Aufwendungen von 872,8 Millionen Euro vorsieht. Dieser Rekordsumme stehen jedoch geringere Erträge gegenüber, sodass im Ergebnis ein Fehlbetrag von gut 1,8 Millionen Euro erwartet wird. Damit hat sich das Defizit gegenüber der im Oktober vorgelegten Prognose zwar mehr als verdreifacht. Landrat Marcel Musolf sprach dennoch von einer „soliden Ausgangsbasis“.

Haushalt mit vielen Risiken verbunden

Viel passieren darf allerdings nicht mehr. Darauf wies der CDU-Fraktionschef Sieghard Friz hin: Ihm sei in seiner 25-jährigen Gremienarbeit „noch nie ein Haushalt vorgelegt worden, der mit so vielen Risiken behaftet ist“. Die Rahmenbedingungen seien „schwierig bis unkalkulierbar“. Auch Otto Ruppaner von den Freien Wählern mahnte zu Vorsicht. Denn Bund und Land würden „immer neue Aufgaben formulieren, die sich faktisch nicht mehr finanzieren lassen“.

Esslingens Landrat Marcel Musolf (links) und Kreiskämmerer Johannes Klöhn präsentieren das umfangreiche Zahlenwerk. Foto: Ines Rudel

In der Tat ist dieser Esslinger Kreishaushalt ein ziemlich fragiles Konstrukt. Die Ausgaben im Sozialbereich, zumeist verordnet von Land und Bund, galoppieren davon. Sie sind mit einem Gesamtaufwand von 435 Millionen Euro der größte Posten im Esslinger Kreishaushalt. Wie Landrat Musolf einräumte, „lassen die Prognosen des letzten Finanzzwischenberichts schon heute darauf schließen, dass die kalkulierten Planansätze nicht auskömmlich sein werden“.

Die Kreisumlage steigt um 1,9 Prozentpunkte

Aber es gibt auch gute Nachrichten: Das Land beabsichtigt laut Musolf, die seit langem ausstehende Zahlung für die Unterbringung von Geflüchteten in diesen Tagen endlich zu begleichen. Diese 16,2 Millionen Euro waren im Etatentwurf noch nicht enthalten und verschaffen dem Kreis etwas mehr Luft. Die Verwaltung habe deshalb „trotz der absehbaren finanziellen Schieflage“ darauf verzichtet, die Kreisumlage über den vorgeschlagenen Hebesatz von 33,4 Prozent hinaus weiter in die Höhe zu schrauben. Das sei, betonte der Landrat, „gerade in sehr herausfordernden Zeiten ein starkes Signal des Zusammenstehens“.

Anders als in den Vorjahren haben die Kreistagsfraktionen darauf verzichtet, sich bei der Höhe der Kreisumlage gegenseitig zu unterbieten. Einmütig stimmten sie für die Anhebung um 1,9 Prozentpunkte. Der Landkreis bleibe damit handlungsfähig, begründete Ruppaner, warum die Freien Wähler als „traditionelle Hüter der Gemeindefinanzen“ die Umlageerhöhung diesmal mittragen. Die CDU wolle den Kommunen eine noch höhere Belastung ersparen, stieß Friz ins gleiche Horn.

Der in Bau befindliche Neubau des Landratsamtes in den Esslinger Pulverwiesen ist der größte Posten im Investitionsprogramm 2025. Foto: Ines Rude/l

Die Kreisverwaltung erhalte damit genügend Mittel für eine auskömmliche Haushaltsplanung, unterstrich Martin Auerbach (Linke). Ulrich Fehrlen (FDP) gab sich indes skeptisch: „Ob mit diesem Hebesatz alle Risiken abgedeckt sind, wird sich zeigen.“ Nach Ansicht von AfD-Fraktionschef Ulrich Deuschle würde der Landkreis heute finanziell viel besser dastehen, hätte man schon im vergangenen Jahr, wie von seiner Partei beantragt, einen deutlich höheren Hebesatz beschlossen.

Die Grünen sehen nach den Worten von Katharina Günther-Gauger „ein gewisses Risiko bezüglich der Liquidität“ des Kreises. Die Aufnahme von Kassenkrediten zur Überbrückung finanzieller Engpässe sei „nicht hinnehmbar“, kritisierte sie die schlechte Zahlungsmoral des Landes, appellierte aber zugleich: „Wir sollten uns auf das fokussieren, was wir leisten und umsetzen können.“ Auch Michael Medla, der SPD-Fraktionsvorsitzende, warb für Mut, Ideen, Zuversicht und Taten: „Das permanente Schlechtreden, das dauerhafte Herbeigerede des Abstiegs hilft praktisch niemandem. Oder nur den Falschen.“

Kreistag wird über Gesamtstrategie diskutieren

Die seltene Eintracht in der Haushaltsdebatte könnte jedoch nur die sprichwörtliche „Ruhe vor dem großen Sturm“ sein. Denn der Esslinger Kreistag hat weitreichende Entscheidungen lediglich ins kommende Jahr vertagt. Im Januar und Februar sind in den Ausschüssen Klausursitzungen geplant, in denen über die strategische Ausrichtung diskutiert wird. Alle Aufgaben und Kosten sollen dabei auf den Prüfstand kommen. „Mit Blick auf die allgemeine konjunkturelle Lage und sich immer weiter verschärfende Kommunalhaushalte wird eine Prioritätensetzung für die Zukunft unausweichlich sein“, kündigte der Landrat an.

Eckpunkte des Kreishaushaltes 2025

Investitionen
Das Investitionsprogramm umfasst gut als 46 Millionen Euro. Der Neubau des Landratsamtes in den Esslinger Pulverwiesen ist mit 28,6 Millionen Euro der größte Posten. In den öffentlichen Nahverkehr fließen 4,6 Millionen Euro, für die Unterbringung von Geflüchteten sind 3,5 Millionen Euro eingeplant, in die Kreisstraßen werden 3,9 Millionen Euro investiert, in den Ausbau von Photovoltaikanlagen 1,1 Millionen Euro. Für weitere Vorhaben stehen insgesamt mehr als vier Millionen Euro zur Verfügung.

Einnahmen
Die Kreisumlage, die die 44 Städte und Gemeinden entsprechend ihrer Steuerkraft zu entrichten haben, wird im nächsten Jahr 367 Millionen Euro in die Kasse des Landkreises spülen. Vom Land werden 85 Millionen Euro an Schlüsselzuwendungen erwartet. Zudem rechnet die Verwaltung mit etwa 28,5 Millionen Euro Grunderwerbssteuer.

Schulden
Der Schuldenberg des Kreises wird zum 31. Dezember 2025 auf voraussichtlich 210,6 Millionen Euro anwachsen, zusammen mit den Schulden der Medius Kliniken könnten es knapp 261 Millionen Euro werden. Im nächsten Jahr ist eine Kreditaufnahme für Investitionen in Höhe von gut 40 Millionen Euro vorgesehen.