Auf dem Wohnungsmarkt in Stuttgart ist es eng – dass mehr Wohnungen hinzukommen sollten, ist eine gemeinsame Haltung von Mieterverein und Hausbesitzerverein. Foto: dpa/Marijan Murat

Bei der Forderung nach mehr Wohnungsbau in Stuttgart ist sich der Hausbesitzerverein mit dem Mieterverein einig. Dass dieser aber an einen Mietendeckel denkt, gefällt Haus und Grund gar nicht. Und die Stadtverwaltung widerspricht der Mieterorganisation aus einem anderen Grund.

Stuttgart - Der Mieterverein und der Hausbesitzerverein in Stuttgart sind sich einig bei der Forderung nach einer deutlich höheren Schlagzahl im Wohnungsbau – doch bei einigen anderen Themen gehen sie getrennte Wege. Und die Stadtverwaltung geht auf Distanz zu den Vorstellungen der beiden Vereine in Sachen Wohnungsbau.

Der Mietendeckel nach Berliner Vorbild „ist für uns ein rotes Tuch und völlig abwegig“, sagte Ulrich Wecker, Geschäftsführer von Haus und Grund Stuttgart, jetzt unserer Zeitung nach der Hauptversammlung des Mietervereins, die am vergangenen Wochenende stattfand. Dabei hatte Mietervereinschef Rolf Gaßmann angekündigt, der Mieterbund wolle sich für so einen Deckel in Baden-Württemberg einsetzen, wenn es hier nicht zu einer gesetzlich wirksamen Begrenzung des Mietzinses komme. „Herr Gaßmann muss seine Mitglieder bei Laune halten“, sagte Wecker. Die Grünen und die CDU hätten jedoch deutlich gemacht, dass es im Land keinen Mietendeckel geben solle – und das gefällt Wecker.

In Sachen Mietpreisbremse warten alle aufs Land

Die ablehnende Haltung des Hausbesitzervereins gegenüber dem Mietdeckel war schon eine Woche vor der Mietervereinsversammlung beim „Tag des Eigentums“ in der Liederhalle deutlich geworden, als Haus und Grund den CDU-Politiker Wolfgang Bosbach als Hauptredner aufbot.

Wie es bei der Mietpreisbremse weitergeht, wird aber auch vom Geschäftsführer von Haus und Grund mit Interesse beobachtet. Also die Frage, welche neue Regelung das Land hier auf den Weg bringen wird, nachdem die frühere Praxis durch Gerichtsurteile hinfällig geworden ist. Wecker sagte, es sei in der Tat nicht zu erklären gewesen, warum die Mietpreisbremse in Stuttgart angewendet worden sei, aber beispielsweise nicht in Esslingen und Leinfelden-Echterdingen, obwohl die Situation dort ähnlich sei. Oder warum Böblingen und Sindelfingen unterschiedlich behandelt worden seien. Das Land müsse vor der Neuauflage der Verordnung aus den Fehlern in der ersten Runde lernen und sie jetzt vermeiden, sagte Wecker unserer Zeitung. „Dabei geht Sorgfalt vor Schnelligkeit.“ Angekündigt sei die Neuregelung bisher für Anfang 2020.

Die Vereine wollen 3500 neue Wohnungen pro Jahr, die Stadt nicht

Richtig sei die Ansicht des Mietervereins, dass in Stuttgart statt rund 1500 neuen Wohnungen pro Jahr in Stuttgart rund 3500 Wohnungen benötigt würden, lobte Wecker. Diese Position hätten der Verein Haus und Grund sowie der Mieterverein vor einiger Zeit ja gemeinsam mittels eines Gutachtens erarbeitet. „Das Angebot durch angemessen Wohnungsbau zu steigern, ist immer noch das beste Mittel gegen Wohnungsknappheit“, meinte der Geschäftsführer.

Die Stadtverwaltung erklärte am Montag auf Nachfrage unserer Zeitung, sie habe erst vor kurzem mit der Zeitstufenliste Wohnen dargelegt, wie das Potenzial im Wohnungsbau in Stuttgart aussehe. Damit könne bis 2029 die Zielsetzung realisiert werden, pro Jahr in Stuttgart mindestens 1800 Wohneinheiten zu bauen. Das Potenzial der Zeitstufenliste, verbunden mit dem Potenzial der Baulücken, ergebe rund 23 000 Wohneinheiten bis 2029. „Wer darüber hinaus zusätzliche Wohnungen bauen möchte, der muss auch sagen, wo er diese bauen will. Dies gilt auch für den Mieterverein“, sagte Städtebau- und Umweltbürgermeister Peter Pätzold (Grüne) unserer Zeitung. Die Stadt und die Mehrheit des Gemeinderats würden das Szenario verfolgen, die vorhandenen Potenziale zu entwickeln, Nachverdichtung und gegebenenfalls behutsame Arrondierungen vorzunehmen. Pätzold: „Nur eine Minderheit spricht von aktiver Außenentwicklung.“