Sein Haus bastelt an einer Verordnung: Umweltminister Untersteller Foto: dpa

Hausbesitzer in Wasserschutzgebieten müssen künftig alle 15 Jahre ihre Abwasserrohre überprüfen lassen. Das hat Grün-Rot bereits 2013 beschlossen, doch bis heute nicht umgesetzt.

Stuttgart - Die von der grün-roten Regierungskoalition beschlossene Prüfpflicht für Abwasserrohre privater Gebäude in Wasserschutzgebieten wird offenbar nicht mehr vor der Landtagswahl im März 2016 in Kraft treten. Die Erarbeitung der nötigen Ausführungsbestimmungen des Gesetzes, das bereits Anfang 2014 in Kraft getreten ist, nehme einen „unerwartet langen Zeitraum in Anspruch“, sagte ein Sprecher des baden-württembergischen Umweltministeriums unserer Zeitung. „Wir können derzeit noch nicht absehen, wann die Arbeiten abgeschlossen sein werden.“

Das Ende 2013 von der grün-roten Mehrheit im Landtag beschlossene Gesetz schreibt privaten Hausbesitzern in den Wasserschutzzonen I und II sowie in den entsprechenden Heilquellen-Schutzzonen vor, ihre Abwasserrohre künftig spätestens alle 15 Jahre zu überprüfen. Sollten die Rohre undicht sein, müssen sie repariert werden. Die konkrete Umsetzung wird laut dem Gesetz in einer Verordnung des Umweltministeriums geregelt, die aber noch immer fehlt.

Behauptungen des Verbandes Haus und Grund, die Regierung werde aus Angst vor negativen Reaktionen vor der Landtagswahl keine Verordnung mehr vorlegen, werden vom Umweltministerium weder bestätigt noch dementiert. Ein Sprecher von Umweltminister Franz Untersteller (Grüne) räumt allerdings ein, dass dem Ministerium im Zuge der Debatte klargeworden sei, „dass das ein sensibles Thema ist“.

Laut Ministerium wären von der Prüfpflicht, die nach ersten Protesten bereits stark eingeschränkt worden war, landesweit 10 000 Gebäude betroffen. Allerdings hält sich das Ministerium bedeckt in der Frage, welche Heilquellenschutz-Zonen den Wasserschutz-Zonen I und II entsprechen. Somit weiß zum Beispiel die Heilquellen-Stadt Stuttgart noch immer nicht, welche Gebiete in der Stadt von der Prüfpflicht betroffen wären. Dazu könne man erst Aussagen treffen, wenn ein Entwurf der Verordnung vorliege, heißt es im Umweltministerium.

Eine Überprüfung der Abwasserrohre eines Hauses kostet laut Ministerium rund 500 Euro. Dabei werden die Rohre mit Hilfe einer Kamera überprüft. Nach Angaben von Haus und Grund können diese Kosten nicht auf die Miete umgelegt werden. Für Firmengebäude sowie kommunale Abwasseranlagen gilt bereits eine Prüfpflicht.

Die Verzögerung beim Erarbeiten der Ausführungsverordnung begründet das Ministerium zum einen damit, dass „zum Schutz der Verbraucher fachliche Anforderungen an die ausführenden Firmen zu erarbeiten“ seien. Die entsprechenden Rohrreinigungsfirmen müssen also bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Außerdem bastelt man offenbar an einer Datenbank, mit deren Hilfe die Prüfpflicht kontrolliert werden soll. Hier seien eine Vielzahl von Stellen, darunter wohl auch die Städte und Gemeinden im Südwesten, zu beteiligen.

Unklar ist auch noch, ob die Kommunen die Prüfpflicht kontrollieren sollen, was dort einen erheblichen Verwaltungsaufwand und somit auch Widerstand hervorriefe, oder ob man private Prüforganisationen wie Dekra mit der Kontrolle betraut. Letzteres, so befürchtet Haus und Grund, könnte für die Hausbesitzer dann noch teurer werden.

Nach früheren Berichten sollte eine erste Dichtheitsprüfung in jedem Fall bis Ende dieses Jahres erfolgen. Laut Haus und Grund zogen sogar windige Geschäftemacher durch die Gegend und wiesen Hausbesitzer auf diese Frist hin. Nach Angaben des Umweltministeriums handelt es sich dabei aber um eine Datumsangabe in einer früheren Version der entsprechend DIN-Norm.

Zumindest für Baden-Württemberg sei diese Frist somit nicht aktuell, so das Ministerium, weil im Gesetz ausdrücklich auf die noch zu erarbeitende Verordnung Bezug genommen werde. „Solange also die Verordnung noch nicht in Kraft getreten ist, ändert sich für Hausbesitzer erst einmal nichts“, so der Sprecher des Ministeriums.

Begründet wird die Einführung der Prüfpflicht damit, dass stichprobenartige Untersuchungen ergeben hätten, rund 60 Prozent der Abwasserrohre seien undicht. Die Verbände der Hausbesitzer sowie der Wohnungswirtschaft halten dieses Ergebnis nicht für repräsentativ. Da seien nur zwei Gemeinden überprüft worden, heißt es.

Die meisten Bundesländer haben die Dichtheitsprüfung noch nicht umgesetzt. Nordrhein-Westfalen war voranmarschiert, hatte sich damit aber Ärger eingehandelt.