Mit der Hilfe der Polizei hat die Stadt das Haus im Westen Stuttgarts geräumt. Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Die Besetzung im Westen hat nicht als Fanal gegen die Wohnungsnot funktioniert. Eine Lösung der Probleme auf dem Wohnungsmarkt bringen derlei Aktionen nicht näher, meint unsere Redakteurin Christine Bilger.

Stuttgart - Zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres wurde in Stuttgart ein Haus besetzt. Doch die Vorzeichen haben sich geändert. Beim ersten Mal, im Mai 2018 im Gebäude an der Wilhelm-Raabe-Straße, konnte man es noch als Fanal gegen Missstände auf dem Wohnungsmarkt der Stadt ansehen. Dieser Effekt ist bei der Wiederholung verpufft. Auf dem Standpunkt zu verharren, man habe das Recht für sich gepachtet – so traten die Besetzer mitunter auf – ist nicht nachvollziehbar.

Das Thema Wohnungsmangel muss auf der Agenda oben stehen

Auch wenn man das wichtige Anliegen hat, für bezahlbaren Wohnraum und gegen Leerstand zu kämpfen, legitimiert das widerrechtliche Handlungen nicht. Und ein Hausfriedensbruch, den die Besetzung darstellt, ist nun mal wider das Gesetz. Nun kritisieren die Besetzer und ihre Unterstützer aus dem Stadtrat das Durchgreifen der Stadt mit dem Argument, bei Leerstand werde nicht so schnell gehandelt.

Dieser Vergleich hinkt. Nicht etwa, weil Leerstand kein Problem wäre. Sondern, weil man nicht ein unrechtes Tun – die Straftat Hausfriedensbruch – mit einem anderen – der Ordnungswidrigkeit unrechtmäßiger Leerstand – aufrechnen kann. Beides ist nicht gut für einen konstruktiven Umgang mit dem Thema Mangel an bezahlbarem Wohnraum. Dieses gehört in Stuttgart ganz oben auf die Agenda. Mit Aktivismus ist diesem Problem aber nicht beizukommen, das müssten auch die Besetzer erkennen.

christine.bilger@stzn.de