Die Räumung der besetzten Wohnungen in Heslach steht wahrscheinlich kurz bevor. Foto: Lichtgut/Christoph Schmidt

Während das Landgericht grünes Licht für die Räumung der besetzten Wohnungen in Heslach gibt, fordert der Mieterverein ein deutlich schärferes Vorgehen der Stadt gegen Leerstand.

Stuttgart - Die Hausbesetzung in Heslach könnte schon bald zu Ende sein. Der Anwalt der Eigentümer der besetzten Wohnungen, der Heilbronner Jurist Erik Silcher, bestätigt gegenüber unserer Zeitung, das Landgericht Stuttgart habe einem entsprechenden Antrag seiner Mandanten stattgegeben. Da es sich bei den Besetzern jedoch um Familien mit Kindern handelt, müssen diese in Folge einer Räumung mit großer Wahrscheinlichkeit von der Stadt mit einer Unterkunft versorgt werden.

 

Auf Anfrage bestätigt das Stuttgarter Rathaus die Aussagen des Anwalts. „Der Eigentümer hat über die Räumungsklage von seinem Recht Gebrauch gemacht, so dass ein Gerichtsvollzieher dieser Aufforderung nachkommen wird und gegebenenfalls von Stadt und Polizei Amtshilfe beantragt“, erklärt Stadtsprecher Sven Matis. Wie und wann es aber konkret zu diesem Einsatz kommen wird, ist noch nicht geklärt. Die Eigentümer befürchten „Unruhen im Falle einer Räumung“, berichtet Anwalt Silcher. Fest steht jedenfalls, der Anwalt und seine Mandanten wollen den Rechtsbruch durch die Besetzer nicht tolerieren. Eine gütliche Lösung im Sinne eines Mietangebots an die Hausbesetzer ist nach Aussage des Juristen ausgeschlossen. Die Entscheidung, wann die Wohnungen geräumt werden, soll noch in dieser Woche fallen.

Da es sich bei den Hausbesetzern um Familien mit Kindern handelt, erwächst der Stadt womöglich die Verpflichtung, diese Menschen im Anschluss an eine Räumung mit einer Unterkunft zu versorgen. Angesprochen auf diese Tatsache erklärt Stadtsprecher Matis: „Obdachlosigkeit wiegt schwer, vor allem auch weil es hier um Kleinkinder geht.“ Und weiter: Die Aktion sei auf viel Sympathie im Umfeld gestoßen, sagt Matis. „Schön wäre, hier könnte jemand den Familien schnellstmöglich Wohnraum anbieten.“

Sollte die Hoffnung auf die Sympathisanten der Hausbesetzer enttäuscht werden, liegt die Pflicht der Unterbringung tatsächlich bei der Stadt. „Sollte sich keine zumutbare Bleibe bis zur Räumung finden, ist die Stadt sozialrechtlich verpflichtet, eine Notunterkunft bereitzustellen“, erklärt Sven Matis. Das Sozialamt suche aktuell nach Lösungen, so der Pressesprecher. Und: „Sozialpolitisch gilt in Stuttgart: Niemand muss auf der Straße schlafen.“

Die Hausbesetzer von Heslach sowie das Aktionsbündnis „Recht auf Wohnen“ rund um Stadtrat Thomas Adler (Die Linke), welches hinter der Besetzung steht, erheben den Vorwurf, die Wohnungen in Heslach hätten über mehrere Jahre leer gestanden. Doch das Nichtvermieten von Wohnraum ist in Stuttgart nicht legal. In der Stadt gilt seit dem 1. Januar 2016 das Zweckentfremdungsverbot. Demnach kann Leerstand von mehr als sechs Monaten Dauer mit einem Bußgeld von bis zu 50 000 Euro bestraft werden. „Wir verfolgen das Ziel, Missstand zu beheben, Wohnungen zu beleben und nicht Strafen auszusprechen“, so Matis auf Anfrage.

Vielmehr sei es entscheidend, dass die Wohnungen wieder vermietet werden sollen, so der Sprecher weiter. Das hatte auch der Anwalt der Eigentümer, Erik Silcher, gegenüber unserer Zeitung angekündigt. Zudem sagt der Stadtsprecher: „Deswegen ist es der Stadt nicht möglich, vergangenen Leerstand zu verfolgen und zu ahnden.“

Der Stuttgarter Mieterverein hält dieses Vorgehen für falsch. „Es ist nicht richtig, einen Leerstand einfach so hinzunehmen“, kritisiert der Vorsitzende Rolf Gaßmann. „Es scheint das erklärte Ziel der Politik zu sein, alles im Guten zu regeln und bloß keine Bußgelder auszusprechen.“ So habe das Zweckentfremdungsverbot jedoch keinerlei abschreckende Wirkung, so Gaßmann weiter. „Es ist doch das falsche Signal, wenn es Hausbesetzer braucht, um diese abschreckende Wirkung zu erzielen.“