Die Nachfrage nach dem Piks beim Hausarzt übersteigt auch dort das aktuelle Angebot bei Weitem. Foto: dpa/Christoph Schmidt

Wenn am Montag die Impfpriorisierung in den Hausarztpraxen im Land fällt, wächst der Druck auf die niedergelassenen Mediziner. Deren Wartelisten sind lang. Doch der Impfstoff bleibt auch dort eine Mangelware.

Stuttgart - Von Montag an ist für die niedergelassenen Arztpraxen die Impfpriorisierung in Baden-Württemberg aufgehoben. Der Druck vonseiten der Patienten wächst. Das Problem ist nur: Die Hausärzte bekommen bei Weitem nicht so viel Impfstoff, wie sie bräuchten.

„Ich habe eine zehn Seiten lange Patientenliste“, sagt Roger Brauchle über die große Nachfrage in seiner Praxis nach Impfungen. Auf dieser stehen mehr als 500 Namen, rechnet der Hausarzt vor, der in der Tübinger Straße in Stuttgart-Mitte praktiziert. Doch diese Woche musste sich der Mediziner mit 18 Dosen Biontech zufrieden geben. „Wenn ich so wenig Impfstoff bekomme, dann kann ich nicht vorankommen“, klagt der Allgemeinarzt.

Auch Astrazeneca geht gut weg

Und nächste Woche sieht es nicht besser aus. Da werde er 24 Dosen Biontech erhalten und zehn Dosen Astrazeneca. Nur: Alleine für Zweitimpfungen werden er 23 Dosen des Mittels von Biontech benötigen, mehr als eine Erstimpfung kann Roger Brauchle gar nicht anbieten. Auch über mehr als die zehn Dosen Astrazeneca würde sich der Hausarzt freuen, in seiner Praxis gehen auch die nämlich „weg wie warme Semmeln“. Obwohl er eine Einzelpraxis hat, könnte der Mediziner mit seinen Beschäftigten „locker 100 Impfungen am Tag machen – die könnten wir in der Mittagspause durchlaufen lassen“. Inzwischen werden „manche Patienten ungeduldig“, stellt der Allgemeinmediziner fest. „Die heulen sich bei uns aus, weil sie in den Impfzentren keine Termine kriegen und stattdessen im virtuellen Warteraum landen“, erzählt Brauchle.

„Verteilungsproblem des Bundes“

Markus Klett, der Vorsitzende der Stuttgarter Ärzteschaft, kann diese Erfahrung bestätigen. „Mir und vielen anderen Kollegen geht es genauso“, sagt Klett. Auch er hat die Erfahrung gemacht, dass viele Patienten jetzt einfach schnell geimpft werden wollen, „egal mit welchem Impfstoff, Hauptsache schnell“, sagt der Ärztesprecher. Nur stehe dem das „Verteilungsproblem des Bundes“ entgegen, der zu wenig Impfstoff ins Land liefere. Da am Montag die Impfpriorisierung in den Arztpraxen fällt, fürchtet Klett, werde der Druck der Patienten noch zunehmen. „Jetzt kommen alle“, sagt er. „Ich warte schon drauf, dass die Beschimpfungen zunehmen werden.“ In den Praxen werde das die Stimmung nicht gerade heben.