Laut einer Studie der Universitäten Hohenheim und Münster sind ein Drittel der Schüler Opfer von Cybermobbing. Das Haus des Jugendrechts will dem mit einem Projekt für Täter entgegenwirken.
Bad Cannstatt - Plötzlich erscheinen sie im Minutentakt auf dem Display des Smartphones: Beleidigende Nachrichten in den sozialen Medien wie Facebook, Whatsapp oder Snapchat. Die Absender: Mitschüler, die Spaß an Mobbing haben. So oder so ähnlich ergeht es einer Studie der Universitäten Hohenheim und Münster/Westfalen zum Thema „Cybermobbing an Schulen“ zufolge rund einem Drittel der Schüler. Beleidigungen, das Weiterleiten vertraulicher Informationen und das Verbreiten von Gerüchten sind die häufigsten Erfahrungen mit Cybermobbing. Ein brisantes Thema, da die potenzielle Opfergruppe riesig ist. Denn unter den Kindern ab zwölf Jahren haben rund 90 Prozent über das Handy einen Internet-Zugang. Der Entwicklung versucht das Haus des Jugendrechts in Bad Cannstatt entgegenzuwirken. Es initiiert ein Projekt für Täter.
Am weitesten verbreitet sind beleidigende Nachrichten. 14,5 Prozent der Befragten gaben an, beleidigende Nachrichten zu schreiben. Auch das Weiterleiten vertraulicher Informationen an Dritte räumen 7,9 Prozent der Teilnehmer ein. Das Hochladen peinlicher Bilder und Videos auf Plattformen wie YouTube kommen dagegen selten vor (1,9 Prozent). Die Studie zeigt außerdem, dass eine klare Unterscheidung zwischen Tätern und Opfern nicht immer möglich ist. Viele Jugendliche berichten, dass sie selbst Opfer von Cybermobbing wurden, gleichzeitig aber auch andere über das Internet beleidigt oder verleumdet haben. Etwa ein Drittel der Betroffenen gehört zu dieser gemischten Täter/Opfer-Kategorie.
Zielgruppe sind auffällig gewordene Jugendliche
Um das Problem Cybermobbing anzugehen, wird das Haus des Jugendrechts aktiv. Und zwar mit einem Projekt für Täter. Das sind Jugendliche, die bereits im Zusammenhang mit der Nutzung sozialer Medien straffällig geworden sind. Insbesondere wegen Persönlickeitsrechtsverletzungen, Verbreitung pornographischen Inhalts oder Gewaltdarstellungen sowie sexueller Belästigungen.
Zunächst nehmen die Jugendlichen am 12. Januar an einem Kurs teil. „Dabei soll eine persönliche Auseinandersetzung mit den Taten, das Erkennen der Wirkung des Virtuellen, vor allem mit Hinblick auf die Geschädigten im Vordergrund stehen“, sagt Heiner Römhild, Sprecher der Staatsanwaltschaft. Auf dem Programm stehen auch die Rechtslage im Netz sowie Aufklärung darüber, wie das Internet genutzt wird, ohne jemandem zu schaden.
Auch Eltern sensibilisieren
Neben den Jugendlichen selbst sollen auch die Eltern gleichermaßen für dieses Phänomen sensibilisiert werden. Aus diesem Grund beabsichtigt das Haus des Jugendrechts, nach dem zweiten Durchgang einen Elternabend abzuhalten, in dem die Eltern darin unterstützt werden sollen, künftig ihre Rolle als Begleit- und Kontrollperson der Jugendlichen bei der Nutzung neuer Medien besser wahrnehmen zu können. Dabei sollen Informationen über die Medienwelt von Kindern und Jugendlichen sowie über Hilfsangebote im Netz und pädagogische Handlungstipps präsentiert und über die Risiken und gesetzlichen Grenzen aufgeklärt werden.
Um Cybermobbing vorzubeugen, ist auch die Polizei im Stadtbezirk aktiv. Die Beamten halten an Schulen regelmäßig Vorträge zum Thema. „Wie viele Kinder und Jugendliche in Bad Cannstatt von Mobbing im Internet betroffen sind, kann jedoch nicht beziffert werden“, sagt Polizeisprecher Martin Schautz. Der Grund: Die Delikte werden meist nicht angezeigt und somit nicht strafrechtlich erfasst.