Zum Richtfest des Irene-Farenholtz-Hauses kamen zahlreiche Nachbarn. Foto: Hintermayr

Im Frühjahr 2017 sollen die ersten Bewohner in das neu gebaute Irene-Farenholtz-Haus an der Laustraße einziehen. Die Lebenshilfe betreibt dort bereits seit 1974 eine Wohnstätte für Menschen mit einer Behinderung.

Sonnenberg - Für mindestens zwölf Menschen mit Handicap stellt das neue Irene-Farenholtz-Haus ein Schritt in ein eigenständigeres Leben dar. Noch sind die Wohnplätze nicht vergeben, doch Interessenten gebe es genügend, sagte Andreas Galts, Vorstand der Lebenshilfe Stuttgart und Geschäftsführer der Stuttgarter Wohnstätten, beim Richtfest am Donnerstag. „Ein Großteil davon wohnt derzeit noch bei der Familie. Für sie wird es der erste Umzug in eine betreute Wohnsituation sein“, sagte Galts.

Das Haus wird künftig als ambulant betreute Wohngemeinschaft nach dem neuen Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz (WTPG) geführt werden. Das seit 2014 geltende „Landesheimgesetz“ schreibt etwa kleinere Wohneinheiten vor. Die bisherige Zwölfer-Wohngemeinschaft wird nun aufgeteilt in zwei Wohngemeinschaften mit jeweils vier beziehungsweise acht Bewohnern. Auch das Dachgeschoss wird noch ausgebaut und soll ebenfalls als Wohnraum vermietet werden, für wie viele Bewohner, ist allerdings noch nicht sicher. „Das Begleitungskonzept ist stark personenbezogen ausgerichtet“, sagte Galts. Das heißt, dass die Betreuung sich ganz nach den individuellen Bedürfnissen der einzelnen Bewohner richtet.

Eine gute Nachbarschaft ist wichtig für das Wohnklima

Eigentümer des Hauses ist die Stiftung Lebenshilfe Stuttgart, der Betreiber die Stuttgarter Wohnstätten, eine Tochter der Lebenshilfe. Bereits seit 1974 betreibt der Verein an der Laustraße eine Wohnstätte für Menschen mit einer geistigen Behinderung. Da das alte Haus, welches in den 1930er-Jahren erbaut wurde, nicht mehr den heutigen Anforderungen an die Unterbringung entsprach und sowieso sanierungsbedürftig war, entschied man sich für einen Abriss und Neubau des Gebäudes an der Laustraße 6.

Die bisherigen zwölf Bewohner wurden zwischenzeitlich in anderen Einrichtungen der Lebenshilfe in Stuttgart untergebracht. „Sie haben alle eine neue Heimat gefunden, in der sie sich so wohl fühlen und so gut versorgt werden, dass sie gar nicht mehr wieder kommen wollen“, sagte Reinhard Bratzel, der Vorstandsvorsitzende der Lebenshilfe. In Sonnenberg werden also zwölf neue Bewohner einziehen. Bratzel freute sich, dass zum Richtfest viele Bürger gekommen waren. „Eine gute Nachbarschaft ist wichtig, um anzukommen und sich wohlzufühlen“, so Bratzel. Das bisherige Miteinander sei an der Laustraße so gut gewesen, dass er keinen Zweifel habe, dass die Nachbarschaft in Sonnenberg die Wohnstättenbewohner auch in Zukunft gut aufnehmen werde.

Jeder Bewohner hat einen Nutzanteil von 30 Quadratmetern

Die Achter-Wohngemeinschaft im neuen Haus verteilt sich auf Erdgeschoss und den ersten Stock und ist mit einer innenliegenden Treppe verbunden. Jeder Bewohner hat ein Zimmer mit eigenem Bad, dazu kommen Küche und Aufenthaltsräume für die gemeinsame Nutzung. Die WG im zweiten Stock umfasst vier Zimmer plus Gemeinschaftsräume. Der Nutzungsanteil beträgt pro Bewohner etwa 30 Quadratmeter. Damit ist das Haus an der Obergrenze der Vorschriften, betonte Bratzel. Aufzüge machen das Haus vom Keller bis ins Dachgeschoss barrierefrei.

Nach nur etwa einem Jahr Bauzeit soll das von Balbach Architekten entworfene Haus im Frühjahr 2017 bezugsfertig sein. Etwa zwei Millionen Euro kostet der Neubau, den die Lebenshilfe in Eigenleistung und über Spenden finanziert.

Den Verein Lebenshilfe Stuttgart gibt es bereits seit 1960

Lebenshilfe Stuttgart
: Der Verein unterstützt seit 1960 Menschen mit einer geistigen Behinderung und ihre Angehörigen, indem er Arbeits- und Wohnplätze anbietet, Aktivitäten organisiert und in den Familien betreut. Rund 500 Menschen mit Behinderung nehmen die Dienstleistungen der Lebenshilfe in Anspruch.

Stuttgarter Wohnstätten:
Die GmbH ist eine hundertprozentige Tochter der Lebenshilfe und bietet etwa 200 Menschen einen Wohnplatz mit individueller Begleitung an.

Irene Farenholtz
: Die Namensgeberin der Wonstätte war von 1966 bis 1973 Mitglied im Vorstand des Vereins Lebenshilfe Stuttgart. Sie setzte sich besonders für die Betreuung von Schwerbehinderten ein und war eine Zeit lang Leiterin der Tagesstätte für behinderte Kinder.

WTPG
: Der Landtag hat im Mai 2014 das Wohn-, Teilhabe- und Pflegegesetz (WTPG) beschlossen. Es fördert die Teilhabe von Menschen mit Behinderungen und ermöglicht eine Vielzahl von Versorgungs- und Wohnformen im stationären und ambulanten Bereich. Dazu gehört auch die ambulant betreute Wohngemeinschaft mit acht Bewohnern.