Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank sind bei der diesjährigen Hauptversammlung mit einem blauen Auge davon gekommen. Foto: dpa

Der Deutsche-Bank-Aufsichtsratschef Paul Achleitner wurde trotz aller Kritik entlastet – dabei hätte er eine Rote Karte verdient. Nun sollte er selbst Konsequenzen ziehen, findet Barbara Schäder.

Frankfurt - Der Aufstand ist ausgeblieben. Vorstand und Aufsichtsrat der Deutschen Bank sind entlastet worden – trotz hitziger Debatten auf der Hauptversammlung. Im Mittelpunkt der Kritik stand der Aufsichtsratsvorsitzende Paul Achleitner. Doch die Wortmeldungen bei Aktionärstreffen spiegeln eben nicht die Eigentumsverhältnisse wider. Die großen Anteilseigner der Deutschen Bank stehen offenbar weiter hinter dem Österreicher – oder fürchteten eine neue Krise. Wenn die Hauptversammlung ihm die Entlastung verweigert hätte, hätte Achleitner juristisch gesehen zwar nicht abtreten müssen. Praktisch wäre es für ihn aber schwierig geworden, weiterzumachen.

„Führungslosigkeit“ könne sich die Deutsche Bank nicht leisten, hatte vorab der Aktionärsschützer Klaus Nieding gewarnt und für eine Entlastung von Vorstand und Aufsichtsrat geworben. Doch bei einem Votum allein gegen Achleitner wäre das Geldhaus keineswegs in ein Vakuum gestürzt. Für die eigentliche Unternehmensführung ist schließlich der Vorstand zuständig – wie Achleitner selbst in den vergangenen Monaten immer wieder betont hat, wenn ihm eine Mitschuld an den Missständen bei der Bank gegeben wurde.

Gleichzeitig hält sich Achleitner mit öffentlichen Aussagen zu wichtigen Entscheidungen nicht zurück: In der Investmentbanking-Sparte sei kein Strategiewechsel nötig, sagte er unlängst in einem Interview. Es gehe dort nur „um die Umsetzung“, schließlich ändere sich das Kapitalmarktumfeld ständig. Vorstandschef Christian Sewing scheint hingegen durchaus Bedarf für weitere Einschnitte beim Investmentbanking zu sehen.

Zu Recht. Denn in ihrer einstigen Paradedisziplin produziert die Deutsche Bank seit Jahren vor allem Kosten. Das liegt nicht nur an Strafen für Skandale der Vergangenheit, sondern auch an überzogenen Boni und den nach der Finanzkrise verschärften Sicherheitsvorgaben für riskante Geschäfte. Dass Achleitner den Änderungsbedarf hier unterschätzt, zeigte sich schon in der Vergangenheit daran, dass er den einstigen Investmentbanking-Star Anshu Jain viel zu lange als Konzernchef walten ließ. Achleitner sollte seinen Platz für einen Nachfolger freimachen – und zwar vor Ablauf seines Vertrags 2022.