Nach dem Wechsel von Rudolf Bosch lässt die Gemeinschaftsschule auf sich warten. Foto: dpa

Rudolf Bosch, Hauptschulrektor und Verfechter der Gemeinschaftsschule, geht ins Ministerium.

Ravensburg - Eigentlich wollte Ravensburg die erste Gemeinschaftsschule in Baden-Württemberg einrichten. Doch nun geht ihr wichtigster Fürsprecher von Bord. Der so genannte Hauptschulrebell Rudolf Bosch wechselt ins Kultusministerium - in die Stabstelle Gemeinschaftsschule. Künftig soll der 59-Jährige in Südbaden Schulleiter und Bürgermeister beraten, die ihre Schullanschaft neu ordnen wollen oder müssen, weil sie zu wenige Hauptschüler oder Werkrealschüler haben.

Eine Aufgabe, auf die Bosch bestens vorbereitet ist. Denn seit Jahren kämpft der Leiter der Kuppelnauschule in Ravensburg dafür, dass Schüler über die vierte Klasse hinaus zusammenbleiben. Nicht, um seine Hauptschule, die inzwischen Werkrealschule geworden ist, zu retten, betonte er immer wieder. Sondern weil er überzeugt davon ist, dass alle Schüler davon profitieren, wenn sie länger gemeinsam lernen und individuell gefördert werden. Als Bosch und weitere Rektoren 2007 in einem offenen Brief an den damaligen Kutusminister Helmut Rau (CDU) forderten, entsprechende Schulmodelle zuzulassen, wurden sie ins Tübinger Regierungspräsidium einbestellt. Der damalige CDU-Fraktionschef im Landtag, Stefan Mappus, forderte gar, Bosch aus dem Schuldienst zu entfernen.

Einschüchtern ließen sich die Schulleiter allerdings nicht. Viele Kollegen unterstützten ihre Forderung. Doch die CDU-FDP-Koalition ließ am gegliederten Schulsystem nicht rütteln und beschloss, die Hauptschulen zu Werkrealschulen weiterzuentwickeln, an denen Schüler sowohl den Hauptschulabschluss wie auch die mittlere Reife machen könnten.

Die Stadt muss den Antrag auf eine Modellschule zurückziehen

Unterdessen bildeten sich in Ravensburg ein Schulbeirat und ein Schulausschuss im Gemeinderat. Vertreter aller Schularten - inklusive Förderschulen und Gymnasium - sowie der Kommunen und der pädagogischen Hochschule Weingarten entwickelten ein Schulmodell, dem alle Fraktionen im Gemeinderat zustimmten. Die Stadt beantragte daraufhin bei der neuen Landesregierung einen Schulversuch für Ravensburg: eine Schule von Klasse eins bis zehn mit jahrgangsübergreifendenden Lerngruppen - wie sie auch in Gemeinschaftsschulen vorgesehen sind. Welche der beiden Werkrealschulen in der Innenstadt Versuchsschule werden sollten, blieb offen. "Ich hoffte natürlich, dass es meine Schule werden würde", sagte Bosch am Dienstag.

Inzwischen hat die neue Landesregierung den Antrag der Stadt allerdings abgelehnt. Stabstellenleiter Norbert Zeller, der künftig Boschs Vorgesetzter ist, überbrachte die Nachricht dem Gemeinderat persönlich. Der Grund für das Nein: Weil Gemeinschaftsschulen demnächst gesetzlich eingeführt werden, können sie nicht zugleich als Schulversuch genehmigt werden.

Die Stadt muss den Antrag auf eine Modellschule zurückziehen und eine Gemeinschaftsschule beantragen. Sie kann dies aber nur tun, wenn eine der beiden Werkrealschulen beschließt, Gemeinschaftsschule zu werden. Wäre Bosch in Ravensburg geblieben, hätte er versucht, die Schulkonferenz - Lehrer, Eltern und Schüler - davon zu überzeugen, die Kuppelnauschule zur Gemeinschaftsschule zu machen. Allerdings hätte er Überzeugungsarbeit gebraucht. Denn nach dem Ravensburger Modell sollte auch die zugehörige Grundschule einbezogen werden. Doch bisher lehnte das der Leiter der Grundschule ab. Auch an der zweiten Werkrealschule gab es Kontroversen.

Um die Standortfrage zu klären, will Oberbürgermeister Daniel Rapp nun eine Diskussion in der Schulgemeinschaft anstoßen. "In einer Schulstadt wie Ravensburg muss es auch eine Gemeinschaftsschule geben", sagt Rapp. Ob es zum nächsten Schuljahr reiche, sei ungewiss. "Aber die gute Vorbereitung ist wichtiger als Erster zu sein."