Werkrealschule Gablenberg Foto: Piechowski

Die Werkrealschulen in der Stadt werden schneller zum Auslaufmodell als gedacht und müssen gemischte Klassen bilden. Gemeinschaftsschulen gewinnen an Akzeptanz. Die Schulverwaltung steht allerdings vor neuen Herausforderungen.

Die Werkrealschulen in der Stadt werden schneller zum Auslaufmodell als gedacht und müssen gemischte Klassen bilden. Gemeinschaftsschulen gewinnen an Akzeptanz. Die Schulverwaltung steht allerdings vor neuen Herausforderungen.

Stuttgart - Noch vor knapp zwei Jahren gab es 32 Haupt- und Werkrealschulen in Stuttgart, geblieben sind davon noch 16. Drei davon bilden im kommenden Schuljahr keine fünfte Klasse mehr: die Friedensschule, die Werkrealschule in Heumaden und die Heusteigschule. An zwei Standorten müssen Fünft- und Sechstklässler in Kombi-Klassen zusammengefasst werden, um die wenigen Kinder noch dort unterrichten zu können: an der Werkrealschule Gablenberg und der Rosensteinschule.

Immer weniger Eltern wählen diese Schulart, nun mussten die Zahlen erneut nach unten korrigiert werden: Laut Statistik vom vergangenen Oktober rechnete die Stadt mit 302 Anmeldungen an den 16 Schulen, mit Stand vom Mai 2014 werden nur noch 232 Kinder im Schuljahr 2014/15 die Werkrealschule besuchen.

Realschulen gehören hingegen „nach wie vor zu den akzeptierten Schularten“, sagte Ulrike Brittinger, die Leiterin des Staatlichen Schulamts. Dort sind momentan 1005 Schüler angemeldet, im vergangenen Schuljahr waren es noch 966. Fast unverändert ist die Zahl an den Gymnasien, wo fürs neue Schuljahr 2315 Kinder angemeldet sind, drei mehr als 2013/14. An Gemeinschaftsschulen zeigen die Eltern von 234 Kindern Interesse, zum Teil selbst aus dem Kreis Esslingen oder von Kindern, die auf Realschulen oder Gymnasien gescheitert sind. Schulbürgermeisterin Susanne Eisenmann: „Man darf aber keine Schule zwingen.“

Stadtrat Vittorio Lazaridis (Grüne) deutet die konstanten Schülerzahlen – landesweit gehen sie zurück – „als gutes Zeichen für Stuttgart“. Fred-Jürgen Stradinger (CDU) scheint seinen Frieden geschlossen zu haben mit der grün-roten Bildungspolitik: „Manche Dinge brauchen ihre Zeit, das betrifft auch die Gemeinschaftsschulen.“

Auch der Wandel des Bildungsbegriffs erfordert Änderungen in der Schulentwicklungsplanung. „Ein Platz im altsprachlichen Gymnasium ist nicht mehr so sehr von Interesse für Eltern“, stellt die Geschäftsführende Schulleiterin der Gymnasien, Barbara Graf, fest. „In Anbetracht der deutlich gesunkenen Anmeldezahlen müssen wir mittelfristig die altsprachlichen Züge bündeln“, sagt Eisenmann. Eine frühere Steuerung der Schülerströme und den Ausbau der G-9-Züge an Gymnasien kündigte die Schulbürgermeisterin zudem an, „das Land hat uns die Möglichkeit eröffnet“. Im April 2014 hatten sich 337 Schüler für G 9 angemeldet.

Was die Betreuung der Schüler angeht, wandelt sich der Anspruch der Eltern ebenfalls. „Diese Frage kommt meiner Beobachtung nach inzwischen verstärkt auf uns zu“, sagte SPD-Stadträtin Marita Gröger. Ihr Eindruck trügt nicht. Was die Nachfrage nach Ganztagsgrundschulplätzen angehe, „haben wir beim Ausbau inzwischen ein Tempo-Problem“, so Eisenmann. Der Anspruch auf eine Nachmittagsbetreuung auch von Fünftklässlern komme auf die Stadt zu und damit die Aufgabe, „Bildung, Betreuung und Rhythmisierung für Schüler ab Klasse 5 zu entwickeln“.

In das Ganztagskonzept müssen auch die Kinder von Flüchtlingen oder aus dem amerikanischen und europäischen Ausland eingebunden werden, die an zurzeit 52 Vorbereitungsklassen unterrichtet werden, bis sie in allgemeinbildende Schulen integriert werden können. Für das Jahr 2014 sind laut Staatlichem Schulamt 400 weitere Schüler zu erwarten. Dafür braucht es 20 zusätzliche Klassen, die bisher nur an Werkrealschulen angesiedelt werden dürfen. „Es kann aber nicht sein, dass diese Schulart wegfällt und die Klassen nirgends mehr angebunden sind“, so Stadtrat Lazaridis. Die Vorbereitungsklassen müssten an allen Schulen ein Thema sein, der Ganztagsbetrieb könnte hilfreich sein bei der Bildung und Integration. Eisenmann fordert deshalb vom Kultusministerium eine höhere Zuweisung von Lehrerwochenstunden – „mit 18 Regelwochenstunden ist das praktisch nicht möglich“.