Wehrt sich strafrechtlich gegen die Verbreitung von falschen Zitaten – die Grünen-Politkerin Renate Künast. Foto: dpa

Gerichtliches Vorgehen gegen die Verbreiter von Falschmeldungen kann schwierig sein, deshalb macht die Koalition Druck auf die Betreiber sozialer Netzwerke.

Berlin - Niemand ist schutzlos der Verbreitung übelwollender „Fake News“ ausgeliefert. Man kann sich wehren. Renate Künast hat das gerade getan. Die prominente Grünen-Politikerin hat Strafanzeige gestellt. Über Facebook wurde ihr im Zusammenhang mit dem Mord an einer Freiburger Studentin, bei dem ein Flüchtling als tatverdächtig gilt, folgendes Zitat zugeschrieben, das aber nicht von ihr stammt: „Der traumatisierte junge Flüchtling hat zwar getötet, man muss ihm aber jetzt trotzdem helfen.“

Die strafrechtliche Aufarbeitung solcher Sachverhalte ist aber durchaus heikel. In Frage kommt zunächst der §187 Strafgesetzbuch. Dort heißt es: „Wer wider besseres Wissen in Beziehung auf einen anderen eine unwahre Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen oder dessen Kredit zu gefährden geeignet ist, wird mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe“ bestraft. Bei öffentlicher Begehung ist eine Höchststrafe von fünf Jahren vorgesehen. Der folgende Paragraf regelt üble Nachrede und Verleumdung „gegen Personen des politischen Lebens“. Wird gegen eine im politischen Leben stehende Person öffentlich üble Nachrede „aus Beweggründen begangen, die mit der Stellung des Beleidigten im öffentlichen Leben zusammenhängen, und ist die Tat geeignet, sein öffentliches Wirken erheblich zu erschweren“, ist eine Freiheitsstrafe von drei bis fünf Jahren vorgesehen.

Gerichtlicher Nachweis ist nicht einfach

Klingt glasklar, ist es aber durchaus nicht. Natürlich wurde im vorliegenden Fall die Tat aus Beweggründen begangen, die mit Künast Stellung als Politikerin zusammenhängen. Aber kann der Nachweis geführt werden, dass die Tat Künasts „öffentliches Wirken erheblich erschweren“ kann? Das Perfide an diesem falschen Zitat ist ja gerade, dass es an sich durchaus nicht anstößig ist. Straftätern im Sinne einer Resozialisierung zu „helfen“, ist ja schließlich der Sinn des Strafvollzugs. Doch ist das Motiv des Täters ganz offensichtlich, Künast eine Sympathie mit dem (ausländischen) Täter anstelle einer Anteilnahme mit dem Opfer zu unterstellen. Zivilrechtlich dürfte die Sache klarer liegen. Natürlich kann auf Richtigstellung geklagt werden, gegebenenfalls auch auf Schadensersatz.

Weil es sowohl bei der Ermittlung, aber auch bei der Verurteilung der Täter heikel werden kann, macht die Politik nun vor allem Druck auf die Betreiber der sozialen Netzwerke. Auch im Fall Künast hatte es drei Tag gedauert, bis der Eintrag gelöscht wurde, wofür sich Facebook übrigens per E-Mail bei ihr entschuldigte. „Wenn Facebook es nicht schafft, solche Falschmeldungen oder Hass-Botschaften schnell zu löschen und ihre Verursacher zu melden muss es staatliche Sanktionen geben“, sagte Johannes Fechner, der rechtspolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion unserer Zeitung, unserer Zeitung. Darin ist man sich in der Koalition einig. Auch Elisabeth Winkelmeier-Becker, die Rechtsexpertin der Unionsfraktion, sagt: „Wir brauchen klare Ansprechpartner bei den sozialen Netzwerken, feste Fristen für das Löschen und klare Sanktionen.“ Ziel sei es, dass solche fatalen Botschaften „binnen eines Tages weg sind“.

Union will auch Strafrecht verschärfen

Aber es gibt zwischen SPD und Union auch einen Unterschied. Während die SPD bei den Straftatbeständen keinen akuten Handlungsbedarf sieht, will die Union bei übler Nachrede und Beleidigung einen „besonders schweren Fall“ etablieren, der ausdrücklich auf Fälle im Internet Bezug nimmt. Die Union beruft sich dabei auf den Koalitionsvertrag, in dem es heißt: „Wir verbessern den strafrechtlichen Schutz vor Beleidigungen in sozialen Netzwerken und Internetforen (...), da die Folgen für die vor einer nahezu unbegrenzten Öffentlichkeit diffamierten Opfer besonders gravierend sind.“