Hinter Gittern: das Waldhaus ist längst kein Ausflugsziel mehr. Foto: Christoph Kutzer

Um 1900 tummelten sich Ausflügler auf dem Stuttgarter Hasenberg. Heute ist die einstige Attraktion verwaist. Die Initiative Stadtraum West möchte das ändern.

S-West - Interessiert betrachtet eine Gruppe Besucher den von Bäumen umstandenen Hasenbergturm in den Grünanlagen oberhalb der Hasenbergsteige. Einst war er ein Wahrzeichen der Stadt. Inzwischen steht von dem 36 Meter hohen Originalbauwerk, das 1879 vom Verschönerungsverein Stuttgart erbaut wurde, nur noch ein kläglicher Rumpf von fünf Meter Höhe. Anno 1943 wurde der Rest von den Nazis gesprengt. Sie befürchteten, das Prunkstück im Park könne als Orientierungspunkt für Luftangriffe dienen. „Heute wehrt sich der Verschönerungsverein vehement dagegen, dass an diesem Überbleibsel etwas verändert wird“, stellt Eckhard Ernst von der Initiative Stadtraum West seufzend fest. „Der Turm soll als Mahnmal in diesem Zustand erhalten werden.“ „Vielleicht wäre es dann ganz gut, ein Hinweisschild anzubringen“, gibt eine Dame zu bedenken. Reiner Nitsche, Bezirksbeirat der Grünen im Westen, nickt zustimmend.

Ungeordnete Kunstwerke von Otto Hajek

Die Zusammenkunft am Turm bildet den Schlusspunkt einer Begehung der gesamten Parkanlage unter dem Motto: „Aussicht auf Aussicht?“. Ausgehend vom Hajek-Haus und dem Skulpturenpark, der Werke des Malers, Grafikers und Bildhauer Otto Hajek unkommentiert und ungeordnet aneinanderreiht, dient der von der Initiative initiierte Spaziergang der Ideensammlung, wie sich das Gelände ansprechender gestalten und neu beleben ließe. Mit Augenmaß. „Es wäre schön, wenn man diesen Ort zwischen Stadt und Natur aufwerten könnte“, sagt die Architektin Astrid Chwoika, als die Teilnehmer der Hasenberg-Tour die Wilhelm-Hauff-Büste im unteren Teil der Anlage begutachten. „Es sollte aber ein ruhiger Bereich bleiben. Ich denke Marienplatz-Rummel braucht hier oben niemand.“ Scherben zeigen, dass derzeit nicht unbedingt Hauff-Verehrer das Bild am 1882 errichteten Denkmal des Dichters Station machen, das nicht im besten Zustand ist. „Es ist an der Grenze zum Vernachlässigtsein“, findet Chwoika.

Auch Günter Lemme, der 48 Jahre lang seine Gäste im Waldhaus auf dem Hasenberg bewirtete, hat es sich dem Rundgang angeschlossen. „Ich bin verliebt in die Hasenbergsteige und die Anlage hier oben“, schwärmt der 85-Jährige. Was aus dem Gebäude geworden ist, in dem er Prominenz wie Willy Brandt oder Richard von Weizsäcker willkommen heißen durfte, macht ihn traurig. Das Fachwerk ist lieblos verputzt, das Terrain von einem Zaun umgeben, der nicht aussieht, als solle hier in absehbarer Zeit Gastfreundschaft eine Rolle spielen. „Das Waldhaus war schon um 1900 ein beliebtes Ausflugsziel“, erinnert Eckhard Ernst, der auch historische Aufnahmen zu Hand hat, an die Geschichte des Lokals. „Derzeit, weiß niemand, was hier passieren wird. Das ist ein Jammer.“

Konzerte am Hasenbergturm vorgeschlagen

Während die Zukunft des legendären Ausflugsziels mit dem fantastischen Panoramablick nur schwer zu beeinflussen sein dürfte, sind Vorschläge wie die Schaffung zusätzlicher Sitzgelegenheiten im Gelände, die Zurücknahme des Bewuchses am Hang zugunsten der Aussicht, die Bereitstellung von Toiletten oder die Idee, Parkbesucher mit einem kleinen Café zum Verweilen einzuladen, greifbarer. Der Gedanke, den Platz um den Hasenbergturm mit überschaubaren Veranstaltungen wie Akustikkonzerten zumindest temporär in den Fokus zu rücken, wirkt ebenfalls realistisch. Die Vorschläge werden auf großen Karten des gesamten Terrains zwischen Sophienbrunnen und Gänsepeterbrunnen festgehalten.

„Ich bin häufiger hier oben unterwegs“, berichtet Bezirksbeirat Andreas Huber (FDP) und betont, der Park könne dem Westen und dem Süden gleichermaßen zugutekommen: als fußläufiges Naherholungsgebiet. Als „Park mit definierten Highlights“, wie es Chwoika formuliert. Einigkeit herrscht darüber, dass am Hasenberg derzeit viel Potenzial brachliegt. In bester Lage, wie Eckhard Ernst abschließend noch einmal herausstreicht: „Die Situation am Hasenberg ist nicht nur für Stuttgart, sondern für eine deutsche Großstadt im Allgemeinen stadtlandschaftlich-topographisch sensationell. Daraus sollten wir unbedingt etwas machen.“