Frank Plasberg arbeitet den Schock auf, den die Wahlen in den USA ausgelöst haben. Foto: dpa

Der Ausgang der US-Wahlen beeinflusst die Diskussion in Deutschland massiv. Die AfD erhält Auftrieb. Bei Frank Plasbergs „Hart aber fair“ schlägt sich Beatrix von Storch, Bundesvize der AfD, voll auf die Seite Donald Trumps. Widerspruch aus der Runde? Fehlanzeige.

Stuttgart - Es ist bereits die dritte große Talkshow zum Ausgang der US-Wahlen, doch noch lange nicht scheint alles gesagt. Vermutlich werden einige Dutzend weitere folgen, die das Phänomen Donald Trump unter die Lupe nehmen. Bei „Hart aber fair“ (Montagabend in der ARD) hat Frank Plasberg eine Art Selbsthilfegruppe versammelt, die erst einmal Dampf ablassen darf – sozusagen der erste Schritt der Therapie.

So hält es SPD-Fraktionschef Thomas Oppermann für einen „Affront gegen Europa“, dass ausgerechnet der Brexit-Macher Nigel Farage als erster Gast aus „Old Europe“ den designierten US-Präsidenten besuchen durfte. Fritz Pleitgen, journalistisches Schlachtschiff der ARD, glaubt nicht daran, dass Trump sich ändern werde. „Warum auch?“ Er habe das Establishment in den USA im Alleingang aus den Angeln gehoben und sei niemandem verpflichtet. Seit mehr als hundert Jahren sei kein Mann ohne vorheriges politisches Amt mehr ins Weiße Haus eingezogen – seit langem habe kein Präsident mehr eine solche Macht gehabt.

Eine „welthistorische Wende“

Die Europaparlamentarierin der AfD, Beatrix von Storch, könnte nun stellvertretend für den Buhmann aus New York die Pfeile auf sich ziehen, doch die Pfeile bleiben aus. Die Rechtspopulistin sieht eine „welthistorische Wende“ nach der Trump-Wahl nahen. Dass er einen Ausgleich mit Russland anstrebe, sei eine „Botschaft des Friedens“. Obama und Clinton hätten schon „schlimme Dinge getan“, Trump hingegen hätte nur „schlimme Dinge gesagt“. Die Menschen seien es leid, von den Politikern immer nur „geschliffene, glatte Sätze“ zu hören – lauter „Sprechblasen“. Trump spreche die Dinge aus, politisch unkorrekt. Es sei aber ein Fehler, ihn beim Wort zu nehmen.

Auch die Kanzlerin hat Dinge ausgesprochen, nämlich Trump an die gemeinsamen Werte erinnert. Das findet von Storch aber auch nicht gut: Angela Merkel habe den Vereinigten Staaten noch Bedingungen gestellt. „Was redet diese Frau?“. Dem türkischen „Despoten“ Erdogan hingegen stelle sie keine Bedingungen, redet sich von Storch in Rage. Ergo sei dies (kein Kalauer) die „bedingungslose Kapitulation“.

Grober Klotz auf groben amerikanischen Keil

Von Sprechblasen mag Oppermann hinsichtlich des Washingtoner Auserwählten nichts wissen. Auf einen groben Klotz gehöre nun mal ein grober Keil. „Trump kann das vertragen.“ Die Deutschen dürften nur nicht in den Duktus moralischer Überheblichkeit verfallen und den Amerikanern sagen: Ihr habt den falschen Präsidenten gewählt. Das wäre schon deswegen falsch, weil die Amerikaner eine andere Psyche hätten, wie der Bonner Politikprofessor Christian Hacke findet. Man müsse sie nach ihren eigenen Maßstäben beurteilen. Dennoch sollte die Wahl ein „wake up call für die Eliten hier sein“, man dürfe nicht „business as usual“ machen. Sonst müsste sich Europa „warm anziehen“.

So gleitet die Diskussion in eine große Beichte über. Dass Deutschland lediglich 1,2 statt – wie vereinbart – 2,0 Prozent seiner Wirtschaftsleistung für das Militär aufbietet und damit nur etwas mehr als die Hälfte der erforderlichen 65 Milliarden Euro, findet sogar Sozialdemokrat Oppermann zu gering. „Wir geben recht wenig für unsere Sicherheit aus“, gesteht er kleinlaut. Die Europäer müssten mehr einzahlen. Der Ex-WDR-Intendant Pleitgen bekennt, von Plasberg genau an diesen Punkt getrieben, dass „wir von den Medien auch in uns gehen sollten“. In Deutschland werde „das mit der politischen Korrektheit“ übertrieben.

Zwischenprüfung für Oppermann

Fast alle hierzulande haben Donald Trump unterschätzt. Nur eine findet, dass es keine Zeit ist zum Beichten – im Gegenteil: Die stellvertretende AfD-Sprecherin holt zum Schlag gegen das Kartell von Politik, Finanzwesen, Medien, Gewerkschaften und Kirche aus. Da hätte die Menschen den Eindruck, „dass sie gegen eine riesige Wand reden“, sagt von Storch. Zudem hätten auch immer mehr Menschen des Mittelstands Mühe, mit normalen Einkommen ihre Familie zu unterhalten, weil der Staat immer mehr Steuern einnehme „und nichts an die Bürger zurückgibt“.

Zaghafter Widerspruch kommt allenfalls vom Gastgeber. Kein Zoff auf offener Bühne – als ob die Beteiligten gemerkt hätten, dass mit Rechtspopulisten ein sachlicher Umgang vonnöten ist, weil Polemik gegen sie nicht goutiert wird. Zwischendurch lässt von Storch noch Nebensitzer Oppermann wie einen Schulbub aussehen, als der Fraktionschef mal schnell fünf Unterschiede zwischen SPD und CDU aufzählen soll. So weit hat die Wahl von Donald Trump die Talkshow-Republik schon gebracht, dass die AfD unbeschadet eine ganze Sendung übersteht und sogar auf Augenhöhe mitdiskutieren kann.