Soeren Voima hat Ben Jonsons Lustspiel „Volpone“ bearbeitet - Premiere am Samstag.
Stuttgart - Prominente Besetzung bei der nächsten Premiere im Stuttgarter Staatsschauspiel an diesem Samstag um 20 Uhr: Harald Schmidt übernimmt die Hauptrolle in "Volpone - oder Stirbt der Fuchs, so gilt der Balg". Soeren Voima hat dieses Lustspiel von Ben Jonson bearbeitet, inszeniert wird es von Christian Brey.
Herr Voima, um an das Geld anderer Leute heranzukommen, gibt es heute Inkassobüros, Internet-Abzocker und Telefonfirmen. Wie zeitgemäß ist da Ihre Bearbeitung dieses Stückes des Shakespeare-Zeitgenossen?
Das Theater ist in dieser Hinsicht ein konservatives Medium. Ein Krieg im Theater wird in der Regel ja auch nicht mit den modernsten Waffen inszeniert, und ich finde es in dieser Hinsicht auch Quatsch, sich da auf einen Wettbewerb einzulassen. Am Wesen des Geldes hat sich allerdings sehr wenig geändert. Das Stück ist insofern interessant, da es in der Frühphase des Kapitalismus entstanden ist. Das heißt, in der Grundanlage steckt viel drin an Mechanismen und Auswüchsen, die so heute noch existieren. Ich habe darüber nachgedacht, was Geld macht, und habe mich um andere Akzente bemüht.
Was hat sich denn geändert hinsichtlich des Stücks im Umgang mit dem Geld?
Der Geiz zum Beispiel ist heute eine quasi ausgestorbene Tugend. Das Horten von Geld ist ein Überbleibsel aus einer anderen Wirtschaftsform. Der moderne Kapitalist ist freigebig, da er weiß, je mehr er ausgibt, umso mehr kommt wieder zurück. Aber letztlich geht es mir nicht um eine Anklage des Geldes, das hätte mich nicht interessiert, sondern im Mittelpunkt steht dieser Volpone.
Und wie zeichnen Sie den Charakter dieses Volpone?
Er ist ein sehr moderner Mensch, ein Zyniker, der sehr viel verdient hat, so viel, dass sich durch die Anhäufung von Geld für ihn alles andere entwertet hat, und der jetzt nach einer Werthaftigkeit in seinem Leben sucht. Es geht ihm also nicht mehr darum, sein Geld zu vermehren, sondern darum, bei seinem Gegenüber eine richtige Regung herauszukitzeln. Er ist ein Spielertyp auf der Suche nach einem Reiz.
Wie weit haben Sie sich denn vom Original wegbewegt?
Es ist eine sehr freie Bearbeitung. Ein paar Figuren sind ähnlich, aber die Grundkonstellation ist anders, die Sprache sowieso. Im Original ist der Diener der Partner von Volpone, hier ist es eine Ärztin, da er sich in einer Klinik befindet. Das Original ist sehr ausufernd, da gibt es etwa eine Unterhaltungstruppe für zahlreiche Zwischenspiele. Verschwunden ist auch die Gerichtsszene. Es gibt natürlich noch die verschiedenen Erbschleicher. Mein Stück hat eine andere Dynamik, die Handlung ist geradliniger und nicht mehr so verschlungen.
Die Uraufführung Ihres "Volpone" war ja vor etwa zwei Jahren in Köln. Haben Sie daran für Stuttgart etwas geändert?
Nein, gar nichts. Ob noch ein paar Striche gemacht werden, weiß ich nicht. Nach meinen Informationen bleibt es bei meinem Text. Mit Stuttgart hat sich eine schöne Zusammenarbeit entwickelt, angefangen mit "Herr Ritter von der traurigen Gestalt", dann mit "Eos" und zuletzt mit "80 Tage, 80 Nächte". "Volpone" ist eher ein Zufall. Der Regisseur Christian Brey hat, soweit ich weiß, Harald Schmidt auf meine Version aufmerksam gemacht, die ihm dann offenbar gut gefallen hat.
Apropos Harald Schmidt: Erfreut Sie diese prominente Besetzung?
Das ist immer förderlich, das zieht das Publikum an. Doch bei Prominenten stellt sich immer auch die Frage, ob es passt. Und bei Schmidt habe ich das Gefühl, dass er eine ideale Besetzung ist. Die Figur, die man aus dem Fernsehen kennt, hat viel mit dem Volpone zu tun. Das betrifft die Art des Zynismus und die Entlarvungswut. Dazu gehört der Spaß am Formulieren, am Vorführen der Idiotie der Zeitgenossen und gleichzeitig die Suche nach etwas, das den Rahmen sprengt. Denn die gesellschaftlichen Umstände, die Zwänge, kennt dieser Volpone bereits, das braucht er nicht mehr.
Was hat Sie denn bei der Bearbeitung dieses Lustspiels gereizt?
Es gibt Stoffe, die ich interessant finde und von denen ich glaube, dass sie gespielt gehören. Und es gibt Texte, die etwas abseitig sind oder an denen mich etwas stört, die bearbeite ich dann. Das war auch bei "Herr Ritter" so, da ist jetzt die Vorgehensweise vergleichbar. Wenn man den klassischen Don-Quichotte-Stoff auf die Bühne bringt, landet man immer in einer pittoresken spanischen Landschaft des 17. Jahrhunderts. Da bekommt man heute keine Reibung mehr hin mit den Idealen der Ritterschaft. Und eigentlich geht es ja darum, dass sich einer eine Ritterrüstung anzieht, zum Imbissstand geht und die Freilassung der Prinzessin einfordert. Und bei "Volpone" ist es die Auseinandersetzung mit den Figuren und mit dem Geld.
Haben Sie den "Volpone" als Autorenkollektiv geschrieben?
Das gab es mal in verschiedenen Konstellationen mit Robert Schuster und Tom Kühnel und anderen. In Frankfurt und in Berlin haben wir einige Projekte realisiert. Aber in den vergangenen acht Jahren habe ich nur noch allein geschrieben, die letzte Arbeit als Gruppe war "Leben ein Traum" in Mannheim. Anfangs ist das gemeinsame Schreiben sehr produktiv, es gibt die verschiedensten Lösungsvorschläge, und die intensive Auseinandersetzung erhöht die Produktivität. Aber allmählich schleichen sich Rollenverteilungen ein, man kennt die Vorlieben der anderen, das nervt zunehmend. So wird irgendwann mal das Subjektive interessanter und nicht mehr der Kompromiss oder der Umweg.
Wie geht es weiter mit Ihnen in Stuttgart?
Im Frühjahr gibt es eine Zusammenarbeit mit dem von Calixto Bieito geleiteten Teatre Romea aus Barcelona. Es geht dabei um Autos, Menschen und Öl. Stuttgart ist ja wie Barcelona eine Autostadt. Ich schreibe dazu ein Stück, das dann anschließend von dem katalanischen Regisseur Josep Galindo mit Schauspielern des Stuttgarter Ensembles inszeniert wird.