Hans Walter Haller ist im Alter von 89 Jahren verstorben. Er entwickelte die Schwenninger Traditionsfirma "Haller Industriebau" maßgeblich weiter. Ein Nachruf.
Mehr als 50 Jahre leitete Hans Walter Haller die Geschicke des Betriebes "Haller Industriebau" und baute ihn zu einem modernen und international agierenden Industriebau-Unternehmen am Sitz in Schwenningen aus. Am 12. Februar ist er im Alter von 89 Jahren verstorben. Die Beerdigung fand laut Sohn Hans-Walter im Familienkreis statt.
„Er hat einen damals altmodischen Betrieb mit Weitsicht ein großen Schritt nach vorne gebracht“, sagt Sohn Hans-Walter im Gespräch mit dem Schwarzwälder Bote. Die Chance von Innovationen habe sein Vater schnell erkannt und beispielsweise Anfang der 1970er-Jahre eine der ersten Sägebohranlagen für das Unternehmen gekauft. „Er forcierte den Einsatz damals moderner CAD-Software, die bei der Planung von Hallen und Tragwerken heute nicht mehr wegzudenken ist.“
Anfänge im Jahr 1705
Das Unternehmen führt seine Anfänge auf das Jahr 1705 zurück. Damals bearbeitete der Schmied Andreas Haller als erster Haller vor Ort Eisen. „Damit war er der Begründer der Schwenninger Stahlbauer-Dynastie, aus der heraus die Industriebau GmbH entstanden ist“, heißt es in der Sonderbeilage zum 315-jährigen Bestehen des Unternehmens im Jahr 2020. Tradition spiegelt sich auch im Vornamen wider. Bei den Hallers in Schwenningen heißt der Stammhalter seit Generationen Hans-Walter.
Im Ruhestand freute sich Hans Walter Haller, dass die Familientradition im Unternehmen weitergeht mit Sohn und Enkeln. Dass die Jugend heute in die Fußstapfen der vorhergehenden Generationen tritt, ist nicht selbstverständlich. Er selber legt in Schwenningen das Abitur ab und bereitete sich anschließend auf die Nachfolge seines Vaters Hans vor. Der hatte die Firma nach dem Unfalltod des Großvaters gegen viele Widerstände auf Kurs gebracht und den Sohn an die Technische Hochschule in Karlsruhe geschickt. Dort studierte Hans Walter Haller Bauingenieurwesen und schloss 1960 als Diplom-Ingenieur ab. Danach absolvierte er die Ausbildung zum Schweißfachingenieur.
Berufserfahrung gesammelt bei Krupp
Berufserfahrung sammelte er beim Stahlgiganten Fried. Krupp Maschinen und Stahlbau in Rheinhausen – dem damals größten deutschen Stahlbauer, der neben großen Stahlkonstruktionen auch schlüsselfertige Gebäude erstellte. Hier musste sich Hans Walter Haller in einer Büroabteilung mit 1200 Kollegen erst einmal durchbeißen, heißt es in einem Beitrag zur Firmenhistorie. Als Statiker habe er seinerzeit noch mit dem Rechenschieber Tragwerke berechnen müssen.
Damals schon an seiner Seite: Ehefrau Anna. Das Paar kannte sich seit der Konfirmation, hatte sich nach dem Vordiplom des Ehemannes verlobt und nach dem Abschluss geheiratet. In Rheinhausen lebte das junge Ehepaar unter bescheidenen Bedingungen – möbliert und beengt, zumal in dieser Zeit beide Kinder zur Welt kamen, zunächst Sabine, im Jahr darauf Hans-Walter.
800 Mark brutto habe Haller damals bei Krupp verdient. Für damalige Verhältnisse nicht schlecht, aber große Sprünge konnte man damit nicht machen. Das Ruhrgebiet war damals noch die Region der Schwerindustrie, die von Kohle und Stahl lebte: „In diesen zwei Jahren haben wir den Himmel dort oben nie richtig gesehen“, wird Hans Walter Haller zitiert. Sein Auto habe er bei der Rückkehr nach Schwenningen erst einmal neu lackieren lassen, weil Schwefelpartikel aus den Schornsteinen den Lack angegriffen hatten. Die Industriestadt Schwenningen kam ihm da nach der Rückkehr wie der reinste Kurort vor. Und das will was heißen. Beruflich musste der damals 28-jährige Hans Walter Haller ins kalte Wasser springen, nachdem sein Vater den ersten Herzinfarkt und nach vier Jahren den zweiten erlitten hatte.
Am Puls der Zeit
So belastend dieser Ausfall war – er hatte andererseits den Freiraum, Ideen umzusetzen, die er von Krupp mitgebracht hatte. Hans Walter Haller fuhr 50 000 Kilometer pro Jahr und gewann zahlreiche Kunden. Er entwickelte nicht nur den Firmenstandort und die Produktpalette kontinuierlich. Er hielt auch die Prozesse in der Produktion auf dem neuesten Stand. 1971, ein Jahr vor dem Tod des Vaters, schaffte er für die damals astronomisch scheinende Summe von einer halben Million D-Mark die erste Serienmaschine zum Sägen und Bohren von Stahlprofilen an, die es weltweit gab. Dieser Kauf sollte sich in der Folge als richtig erweisen: Ein damaliger Wettbewerber, der sein Geld lieber in ein prächtiges neues Bürogebäude investiert hatte, ging pleite, während man bei Haller schnell und effizient fertigen konnte. 1988 begann man, die Konstruktionstätigkeiten von der manuellen Arbeit am Zeichenbrett sukzessive auf 3D-CAD-Arbeitsplätze umzustellen.
Sogar die CNC-gesteuerten Fertigungsmaschinen wurden schon Anfang der 1990er-Jahre an die CAD-Arbeitsplätze direkt angebunden. 2013 feierte Hans Walter Haller sein 50-jähriges Betriebsjubiläum. „Er genoss den Respekt seiner Mitarbeiter, nicht nur, weil er clever war, sondern dabei immer auch Mensch blieb: Einem seiner Leute, der Kette rauchte, gewöhnte er mit einem Trick den schädlichen Nikotingenuss ab – dem Mann, der zu Hause sein Bad erneuern wollte, zahlte er die Sanierung. Dafür musste dieser von da an vom Glimmstängel lassen oder dem Chef die Summe zurückzahlen. Das Experiment klappte“, heißt es im entsprechenden Porträt über Hans Walter Haller.
Wichtiger Ratgeber
„Er war ein wichtiger Ratgeber“, sagt Sohn Hans-Walter Haller, gerade weil das Unternehmen inzwischen mehrere Geschäftsfelder bedient. Neben seiner anspruchsvollen Arbeit als Unternehmer engagierte er sich noch in weiteren Bereichen. Er war beispielsweise Gründungspräsident des Serviceclubs Rotary VS-Mitte, im Aufsichtsrat der Volksbank in Schwenningen, bei der Industrie- und Handelskammer (IHK) aktiv sowie beim Wirtschaftsverband WVIB.