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Der SWR feiert das erfolgreichste Schwabenpaar seit Äffle und Pferdle. Hannes und der Bürgermeister werden im Fernsehen 20 Jahre alt. Sie kommen aus dem „Rebellendorf“ Musberg, in dem es einen Weltmeister und viel Streit gibt.

Stuttgart - „Der Hannes soll reikomma!“ Ein Ruf hat Jubiläum – nach 230 Folgen. Seit 20 Jahren kriegen sich ein überheblicher, ja cholerischer Bürgermeister und sein einfältig wirkender, aber schlitzohriger Amtsbote im Fernsehen in die Wolle, trinken so lange ein Schnäpsle drauf, bis ihre Welt wieder in Ordnung – und der SWR wonnetrunken mit einer Superquote ist.

Der erste Ruf nach dem Hannes, der reinkomma soll, liegt freilich viel länger zurück. Vor 30 Jahren hat der 1997 verstorbene Theaterchef Otto Braig den ersten Sketch mit den heutigen Schwabenhelden geschrieben – seinem Sohn Albin Braig (dem Hannes) und dessen Schulfreund Karlheinz Hartmann (dem Bürgermeister) auf den Leib. Wer heute die beiden auf der Bühne des Ursprungs live sehen will, also nicht nur dienstags um 22 Uhr im SWR-Fernsehen, muss Glück haben wie ein Gewinner von sechs Richtigen. Im August waren innerhalb von acht Minuten alle Vorstellungen von „Hannes und der Bürgermeister“ für 2016 in der Mäulesmühle ausverkauft.

Wo die Wiege dieses schwäbischen Mega-Erfolgs liegt? An einem Ort, an dem manch einer der 5400 Einwohner ein T-Shirt trägt, auf dem warnend steht: „Musberg – kleines rebellisches Bergdorf am Rande des Schönbuchs.“

Bei diesen Rebellen waren 1931 die Kommunisten zur stärksten Fraktion im Gemeinderat gewählt worden. Vom „roten Musberg“ war fortan die Rede. Aber das ist lange her. Was geblieben ist: Man streitet noch immer hitzig – nicht nur der Bürgermeister mit seinem Hannes.

Ein Streit um Eitelkeiten und Geld

Kürzlich steckte in allen Briefkästen der „Musberger Sportreport“, die Vereinszeitung des TSV Musberg – es war die erste Ausgabe, seit der Musberger Frank Stäbler Ringer-Weltmeister geworden ist. Und wen sah man auf dem Titelbild? Nicht das „fliegende Eichhörnchen“, wie Stäbler seit einem gewagten Hechtsprung auf einen Gegner genannt wird. Vorne drauf war eine Seniorin bei der Gymnastik abgebildet. Natürlich habe die Redaktion das Foto vom strahlenden WM-Sieger auf den Titel nehmen wollen, erzählte man sich jüngst auf dem Musberger Weihnachtsmarkt, aber der TSV-Vorsitzende habe dies in letzter Minute verhindert.

Der Vorsitzende und der Weltmeister sind sich spinnefeind. Es ist ein Streit um Eitelkeiten, Geld, um Breiten- und Spitzensport. Als das ganze Dorf stolz seinen Frank feierte, lehnte dieser, weil persönlich tief verletzt, die Glückwunschrede des Vorsitzenden ab. Statt versöhnlich mit einem Ringer-Foto auf dem Titel des „Sportreports“ die Annäherung einzuleiten, machte der TSV-Chef auf beleidigte Leberwurst und gab der Seniorin den Vorzug. Halb Musberg spottet darüber.

Aufzeichnung des Jubiläums in Leonberg

Wen wundert’s? In keinem anderen Rebellendorf konnte ein Streitpaar wie Hannes und der Bürgermeister so erfolgreich werden. Rasende Witzles (auf Hochdeutsch: Running Gags) sind die Witwe Hutzler, die es auf den Amtsboten abgesehen hat, Frau Kurrle vom Rechnungsprüfungsamt und der Ochsenwirt. Was viele nicht wissen: Jedes Jahr touren Braig und Hartmann durchs Land – am Ende werden in der Leonberger Stadthalle die neuen Sketche aufgezeichnet (so auch an diesem Donnerstag), die ein Jahr später im Fernsehen laufen. In Leonberg, heißt es beim SWR, gibt’s für die Fernsehtechnik mehr Platz als in Musberg, obwohl die Kameraführung äußerst spartanisch ist.

Dafür ist die Quote später umso gigantischer. So wird es noch viele Jahre weitergehen. Der 64-jährige Braig und der 65-jährige Hartmann denken – zum Glück – noch lange nicht an Ruhestand.

Eine wichtige Mission haben sie noch: Sie müssen den Musberger Sportlern zeigen, wie man einen Streit schlichtet: mit einer Schnapsflasche, in der Wasser ist. Hoffentlich hilft’s auch gegen Eitelkeiten. Der TSV-Chef soll reikomma!