Locker vom Hocker: Hannes Finkbeiner bei seinhannes finkbeinerer Lesung in Stuttgart Foto: Lichtgut/Ferdinando Iannone

Hannes Finkbeiner hat seinen Debütroman in einem großen Verlag untergebracht. Nun tingelt der 39-Jährige durch die Republik, um „Jogginghosen-Henry“ bekannt zu machen.

Stuttgart/Baiersbronn - Ankunft 15.54 Uhr. Der Schriftsteller Hannes Finkbeiner, 39, wirft seine schwere Tasche auf den Rücksitz des Taxis und lässt sich vom Hauptbahnhof in die Pfizerstraße chauffieren. Noch fünf Stockwerke die Treppe rauf, dann steht er an der Tür, hinter der er an diesem Abend lesen wird. Die Stuttgarter Altbauwohnung ist eine weitere Station auf seiner monatelangen Tour, die ihn zuletzt in eine badische Buchhandlung, eine ostwestfälische Kneipe und einen niedersächsischen Kulturverein geführt hat und ihn nächste Woche zu einem schleswig-holsteinischen Open-Air-Festival und einem Kölner Radiosender führen wird. Kurzes Hallo zu seinen heutigen Gastgebern Carolin Stickel und Daniel Pfefferle, einem jungen Paar, das Finkbeiner über ein paar Ecken kennt. Er nutzt jeden Kontakt und jede Möglichkeit, um seinen Debütroman „Jogginghosen-Henry“ unter die Leute zu bringen.

Als Sohn von Baiersbronner Wirtsleuten war für Hannes Finkbeiner von Geburt an vorgesehen, dass er den elterlichen Sonnenhof fortführt. Planmäßig beginnt er nach dem Abitur eine Kellnerlehre. Doch dann stirbt sein Vater, und der Stammhalter Hannes ist noch zu unerfahren, um in dessen Fußstapfen zu treten. Der Sonnenhof wird verkauft, der junge Finkbeiner lässt das Hotel und die Heimat hinter sich. In Hannover schreibt er sich für Journalistik ein, weil er am Wirtschaftsgymnasium im Deutsch-Leistungskurs eine Zwei hatte. So beginnt sein Autorenleben.

Mehr als 30 Kollegen, Nachbarn, Freunde kommen

Die Lesung in ihrer Wohnung haben die Unternehmensberaterin Carolin Stickel, 34, und der Digital Sales Manager Daniel Pfefferle, 38, seit Wochen auf ihrer Facebook-Seite angekündigt. Mehr als 30 Personen – Kollegen, Nachbarn, Freunde – haben ihr Kommen zugesagt. Nun ist es Mitte Juli, und man muss sich fragen, wer an einem hochsommerlichen Freitagabend in der Bude rumhocken und einem unbekannten Schriftsteller zuhören will. „Nützt ja nichts, sich über so was Gedanken zu machen“, sagt Finkbeiner und verschwindet kurz ins Bad, um sich für seinen Auftritt umzuziehen. Sein T-Shirt ist nach der langen Anreise durchgeschwitzt.

Seit acht Jahren wohnt der freie Journalist Hannes Finkbeiner in Braunschweig, er verfasst Zeitungsreportagen, gastronomische Fachartikel, Hotelführer und Kochbücher. Vor fünf Jahren versuchte er sein Glück erstmals mit einem fiktionalen Text, einem Thriller, der seinen familiären Wurzeln entsprechend in der Hotelbranche spielt. Eine Literaturagentin bot das Manuskript zig Verlagen an, mehrfach wurde es überarbeitet, letztendlich wollte es dennoch keiner. Der Frust saß tief, und Finkbeiner hätte sich wohl für immer von der Belletristik verabschiedet, wenn nicht seine Agentin weiterhin an ihn geglaubt hätte. „Ich würde gerne noch einen Versuch wagen“, sagte sie. „Hast du was in der Schublade?“ Finkbeiner hatte: die ersten sieben Kapitel von „Jogginghosen-Henry“.