Zu viel in falscher Haltung aufs Smartphone schauen, kann Nackenschmerzen auslösen. Foto: Andrey Popov

Das Smartphone ist aus dem Leben vieler Menschen nicht mehr Weg zu denken. Die starke Nutzung des Geräts kann jedoch der Gesundheit schaden. Experten klären auf.

Schnell etwas nachschauen, sich mit Freunden austauschen oder unterwegs Musik hören. Die Liste der Dinge, die sich mit dem Smartphone machen lassen, ließe sich noch beliebig lang fortsetzen. Da ist es wenig verwunderlich, dass die Deutschen nach Angaben des Unternehmens Data.ai im Durchschnitt 3,7 Stunden am Tag am Smartphone ist. Doch so hilfreich das Mobilgerät in vielen Situationen auch ist, die exzessive Nutzung kann der Gesundheit schaden.

Das passiert beispielsweise dann, wenn die Nutzer das Smartphone falsch, etwa auf Hüfthöhe statt auf Augenhöhe, halten. Das hat zur Folge, dass sie die Halswirbelsäule sehr weit nach vorne neigen müssen. Hierdurch werden die Bänder der Halswirbelsäule gedehnt und die Muskeln überbelastet. Das kann auf Dauer zum sogenannten Handynacken führen.

Muskeltraining für die Halswirbelsäule gegen Handynacken

„Typisch für den Handynacken sind lokale Schmerzen an der Schädelbasis, die über den Kopf und die Schläfe bis in die Augen reichen“, erklärt der Physiotherapeut Sebastian Hecker vom PhysioMedHecker-Gesundheitszentrum in Wiesloch. Die Nichtbehandlung könne im schlimmsten Fall zu strukturellen Veränderungen in Knochen und Sehnen führen. Um dies zu verhindern, empfiehlt Hecker, ein medizinisch-orientiertes Fitnessstudio aufzusuchen und unter Anleitung von Fachpersonal die Muskeln, die die Halswirbelsäule unterstützen, zu trainieren.

Neben dem Handynacken kann die Nutzung des Smartphones weitere körperliche Beschwerden auslösen. Hecker zufolge werden alle Muskelgruppen von der Wirbelsäule bis zum Schulterblatt belastet, wenn man das Handy länger in der Hand hält. Das könne zu Schmerzen beginnend in den Armen bis in die Finger führen. Helfen könne auch hier ein fachlich betreutes Training der betroffenen Muskelgruppen. Der Physiotherapeut warnt: „Es hilft nichts, ins nächste Fitnessstudio zu gehen und Bizeps zu trainieren.“

Smartphone-Nutzung kann auch Lendenwirbelsäule schaden

Die exzessive Nutzung des Smartphones kann sich in Form des Karpaltunnelsyndroms auch in der Hand bemerkbar machen. Der Karpaltunnel liegt an der Innenseite des Handgelenks, überspannt von einem Bindegewebsband. Dieses Band kann sich Hecker zufolge durch die exzessive Nutzung des Handgelenks aufreiben und so die Blutzufuhr des Nervs behindern. Die Minderdurchblutung könne von einem leichten Kribbeln bis hin zu Kraftverlust in der Hand führen. Doch was lässt sich gegen das Syndrom tun? „Man kann mit bestimmten Mobilisationstechniken den Nerv mobiler machen und so das Stressniveau des Nervs herabsenken“, erklärt Hecker.

Der Physiotherapeut weist darauf hin, dass die Smartphone-Nutzung nicht nur schädlich für die Halswirbelsäule sein kann, sondern auch für die Lendenwirbelsäule. Insbesondere dann, wenn man das Mobilgerät viel im Sitzen nutzt. „Mit der Zeit ermüdet die Rückenmuskulatur, sodass man irgendwann in eine Position übergeht, in der der Rücken nicht mehr gerade ist“, so Hecker. In dieser werden Rückenstrukturen aufgedehnt und dauerhaftem Stress ausgesetzt, der sich in Rückenschmerzen äußert.

Blaues Licht nicht Hauptursache für Schlafstörungen

Die Nutzung des Smartphones kann sich jedoch auch bei richtiger Körperhaltung als gesundheitsschädlich erweisen. Beispielsweise beim Einschlafen. Denn genau das verhindert die aktive Nutzung des Mobilgeräts. Die Folge können Schlafstörungen sein, wenngleich diese meist mehrere Ursachen haben. „Zwischen sechs und zehn Prozent der Bevölkerung haben behandlungsbedürftige Ein- und Durchschlafstörungen“, so der Psychotherapeut Hans-Günter Weeß von der Akademie für Schlafmedizin in Landau.

Dass die Nutzung des Smartphones das Einschlafen erschwert, hat Weeß zufolge vor allem zwei Gründe: Ein Grund ist, dass das Handy blaues Licht ausstrahlt. Dieses signalisiert dem Körper, dass noch Tag ist, und verhindert so, dass die Zirbeldrüse des Gehirns ausreichend Melatonin produziert – einen Botenstoff, den der Mensch braucht, um müde zu werden. Der zweite und bedeutsamere Grund ist, dass die aktive Nutzung des Mobilgeräts die Ausschüttung von Wachbotenstoffen wie Dopamin zur Folge hat.

Musik kann beim Einschlafen helfen

Um schnell einschlafen zu können, empfiehlt Weeß zum einen, den Blaufilter des Smartphones zu aktivieren und zum anderen, alle elektrischen Geräte eine Stunde vor dem Schlafen gehen auszuschalten. Es sei denn, man nutze das Handy, um Musik, Hörbücher oder Fantasiereisen zu hören. Dies könne eine einschlaffördernde Wirkung haben. „Wichtig ist, dass der Bildschirm aus ist“, sagt der Psychotherapeut.

In manchen Situationen kann aber selbst ein ausgeschaltes Smartphone der Gesundheit schaden. Das fand der amerikanische Professor Adrian Ward heraus. Bei einem Experiment mit Schülern stellte er fest, dass bereits die bloße Präsenz des Mobilgeräts ausreicht, um die kognitive Leistungsfähigkeit zu beeinträchtigen.

Im Schnitt 20 Stunden pro Woche im Internet unterwegs

Nutzung
88,8 Prozent der Deutschen haben nach Angaben der Arbeitsgemeinschaft Verbrauchs- und Medienanalyse im Jahr 2021 ein Smartphone besessen. Mit diesem sind sie gemäß einer Studie der Postbank durchschnittlich 20 Stunden pro Woche im Internet unterwegs. Die sozialen Netzwerke Instagram, YouTube und Facebook werden jeweils von mehr als der Hälfte der Smartphone-Besitzer häufig genutzt. Das ist das Ergebnis der Mobile 360° Studie des Unternehmens Ad Alliance.

Gaming
In der Corona-Pandemie hat sich das Daddeln mit Handy, Spielekonsole oder Computer einer Umfrage zufolge spürbar verstärkt – um dann nur leicht abzuflauen. Jeder achte Mann zockt häufiger als vor der Pandemie – in der Lockdown-Zeit 2020 war es sogar jede fünfte, wie eine Forsa-Umfrage im Auftrag der Kaufmännischen Krankenkasse KKH ergab. Frauen scheinen weniger anfällig zu sein: Gemäß der Umfrage zockt jede 13. Frau mehr als zuvor, während dies 2020 noch jede achte Befragte sagte. Insgesamt 61 Prozent der Männer und 44 Prozent der Frauen spielen Computerspiele.