Theresa Dettling mit Meisterbrief und meisterhaftem Picknickkorb Foto: Lichtgut/Julian Rettig

Im Kongresszentrum haben mehr als 700 Handwerkerinnen und Handwerker ihren Meisterbrief bekommen. Ein meisterhafter Picknickkorb sticht dabei besonders heraus.

Theresa Dettling hat einen Traum von einem Picknickkorb geschaffen. Er ist groß und trotzdem leicht, ist gefertigt aus geseiftem Ahornholz (außen) und Abasia-Sperrholz (innen), Alpaka-Wolle dient als Dämmmaterial. Mit den abgerundeten Kanten eckt man nirgendwo an. Auf Vlies gepresste getrocknete Kornblumenblütenblätter umhüllen den Korb, innen finden sich zwei herausnehmbare “Geheim”-fächer für alles, was man beim romantischen Picknick zu zweit alles nicht braucht: wie Geldbeutel und Smartphone. Das Meisterstück der Tischlerin aus Loßburg bei Freudenstadt wird aber für andere ein Traum bleiben: Der von ihr kalkulierte Preis aus Material und Arbeitsstunden liegt bei 11 200 Euro – das exklusive Picknickerlebnis wird der 24-Jährigen und ihrem Freund vorbehalten bleiben.

Theresa Dettling ist eine von mehr als 700 jungen Frauen und Männern, die bei der Meisterfeier der Handwerkskammer Region Stuttgart im Internationalen Congresscenter (ICS) jetzt ihre Meisterbriefe bekommen haben. Das sind wieder in etwa so viele wie vor der Corona-Pandemie, sehr zur Freude von Kammerpräsident Rainer Reichhold und Hauptgeschäftsführer Peter Friedrich. Geht es dem Handwerk also gut? Schließlich ist es auch in der Region Stuttgart nicht einfach, überhaupt jemanden zu finden, der eine neue Heizung eingebaut oder eine PV-Anlage installiert – zumindest nicht einigermaßen zeitnah.

Peter Friedrich spricht von der Gleichzeitigkeit des Ungleichzeitigen, von Krisensituationen auf der einen und starker Nachfrage auf der anderen Seite. Den Handwerkern im Bau-, Klima- Digitalisierungs- oder Energiebereich gehe es gut, dort gebe es auch genügend Auszubildende, aber nicht immer genug Material. Dem Handwerk im körpernahen Bereich, wie Friseure oder Kosmetikbetriebe, hingen aber die Corona-Spätfolgen noch nach. Und im Lebensmittelbereich sei es ganz schwierig aufgrund von Lieferengpässen, Kostensteigerungen, des Fachkräftemangels. „Wir machen uns schon Sorgen, was die weitere konjunkturelle Entwicklung angeht”, sagt der Hauptgeschäftsführer.

Die Bedeutung des Handwerks wird immer wieder betont

Die Bedeutung des Handwerks wird bei der Meisterfeier immer wieder betont. „Es wird keine Energiewende ohne qualifizierte Handwerkerinnen und Handwerker geben“, sagt Kammerpräsident Rainer Reichhold. „Die Arbeit wird ihnen nicht ausgehen bei all den Zukunftsaufgaben im Klimaschutz, bei der Energie- und Mobilitätswende, beim Wohnungsbau oder der Versorgung einer immer älteren Bevölkerung.“ Der Meister eröffne den Zugang ins Unternehmertum, so Reichhold. Er sprach ein Problem an, das auch in den Stuttgarter Außenbezirken immer wieder Thema ist: „Man muss alles tun, damit es zu mehr erfolgreichen Betriebsübergaben im Handwerk kommt.“

Während manche der Jungmeisterinnen und -meister schon konkrete Pläne für die Selbstständigkeit oder die Übernahme des Familienbetriebs haben, gibt es andere wie Theresa Dettling, die sich erstmal vor allem weiterbilden und damit weiterentwickeln wollten. Die junge Tischlermeisterin war nach ihrer Gesellenprüfung drei Jahre im Bregenzerwald, um von der innovativen Vorarlberger Holzbaukunst zu lernen. Und weil ihr das Gestalten so wichtig war, entschied sie sich dann gegen ein Architekturstudium und für eine zweijährige Weiterbildung an der Stuttgarter Fachschule für Holztechnik mit Schwerpunkt Gestaltung und Design. „Es ist total meine Leidenschaft“, sagt sie. Strahlend hält sie den Meisterbrief in der Hand, der in gewisser Weise ein Nebenprodukt dieser Weiterbildung war. Diese Leidenschaft will sie auch weiter leben – egal ob mit traumhaften Picknickkörben oder der Innengestaltung von exklusiven Holzwohnhäusern.