Bäckermeister Christian Saur hat den Betrieb damals von seinen Eltern übernommen Foto: Gottfried Stoppel

Die Bäckerei Saur schließt die Türen in Fellbach. Viele Kunden bedauern das Aus. Bäckermeister Christian Saur erklärt, warum er aufhört und wie es weitergeht.

Es ist ein freundliches „Hallo“ über die Ladentheke zu hören, auf beiden Seiten freut man sich offensichtlich, sich zu sehen. Zwei Stück Zwiebelkuchen und ein paar Brezeln nimmt der Mann mit. Wenn man ihn fragt, was er zum Aus der Bäckerei Saur sagt, dann hört man großes Bedauern. „Ich komme hierher, seit ich laufen kann“, sagt Siegfried Volzer. Seit seiner Kindheit war die Bäckerei in der Schmerstraße, seine Adresse für Brötchen und Co. , sagt er. Er kenne sogar noch die Vorgänger der Bäckerei Saur, die Bäckerei Rommel. „Nun verschwindet wieder eine Institution, die Alt-Fellbach ausmacht“, sagt Volzer.

Kunden schätzen die familiäre Atmosphäre in der kleinen Bäckerei

„Schade, schade“, sagen auch jüngere Kunden. „Nun gibt es einen traditionellen Handwerksbetrieb weniger“, sagt einer. Die Kunden kaufen Zwiebel- und Zwetschgenkuchen, Mohnschleifen und vieles mehr an diesem Nachmittag. Auch Tanja Wente aus Schmiden bedauert das Aus. Was alle eint – sie schätzen die familiäre Atmosphäre der Bäckerei Saur. Auch die Verkäuferin hinter der Theke nickt. Dieser besondere Treffpunkt gehe nun verloren.

Christian Saur hört nicht auf, weil er in den Ruhestand geht. Dafür ist er zu jung mit 50 Jahren. Er stellt in seinem Berufsleben als Bäckermeister neue Weichen. In diesem Jahr laufe sein Pachtvertrag aus, erzählt er. Vonseiten des Hausbesitzers, dem Eigentümer seit 2018, habe er gerne weitermachen können. Doch für den Bäckermeister war klar, dass sich ein hoher Investitionsbedarf angesammelt hat. Die Herzstücke der Bäckerei müssten erneuert werden, Beispiel der Backofen. Dieser habe rund zwanzig Jahre auf dem Buckel. Ein neuer Ofen allein würde mit rund 100 000 Euro zu Buche schlagen. Auch die Knetmaschine und weiteres Inventar seien in die Jahre gekommen. So hohe Summen möchte Christian Saur nicht mehr investieren. Auch wenn er es nicht extra anspricht, so ist klar, dass er sich das obendrein nicht in der aktuellen Lage mit explodierenden Energiepreisen antun möchte.

Die Bäckerei Saur hat sich mehrere Standbeine aufgebaut

Dabei gehe es seinem Unternehmen derzeit gut. „Der Betrieb ist gesund, wir sind mit dem Umsatz zufrieden“, sagt er. Bis zum Jahresende laufe noch der Liefervertrag mit den Stadtwerken. Damit der Umsatz stimmt, hat sich Saur immer wieder Neues einfallen lassen und mehrere Standbeine geschaffen. Seit 2006 tourt ein Verkaufswagen durch Fellbach und bringt Brötchen und Co. direkt zum Kunden. Montag bis Freitag von 7 bis 12.30 Uhr rollt der Wagen mit etwa 30 Stopps durchs Fellbacher Industriegebiet. „Das hat sich etabliert“, sagt Saur. Samstags ist der Verkaufswagen auf dem Fellbacher Wochenmarkt präsent, und am Sonntag fährt er durch Schmiden, Oeffingen und Fellbach. Den Wagen hat er einst auf einer Branchenmesse entdeckt und gekauft.

Außerdem beliefert die Bäckerei Saur zwei Schulen und zwei Hotels in Fellbach. Mit dem Online-Dienst Brötchenbursche arbeite man am Wochenende zusammen, sagt Saur. Auch die Sonntags- und Feiertagsöffnungen kämen bei Kunden gut an. So ist auch am Feiertag, 1. November, von 8 bis 11 Uhr offen, wie am Schaufenster zu lesen ist.

Christian Saur hat damals die Bäckerei von seinen Eltern übernommen

Christian Saur hat die Bäckerei 2001 von seinen Eltern Edda und Gotthilf Saur übernommen, die diese seit 1967 geführt hatten. Schon vorher sei an dem Standort eine Bäckerei betrieben worden, die Bäckerei Bürkle und davor die Bäckerei Rommel. Seine Eltern hätten berichtet, dass es in der Schmerstraße, der früheren Einkaufsstraße von Fellbach, rund fünf Bäckereien gegeben habe. Seine ist die letzte dieser Ära.

Zwei seiner insgesamt vier Bäcker hätten sich umgeschaut und seien bereits in anderen Betrieben untergekommen. Angesichts des Fachkräftemangels habe auch sein Verkaufsteam gute Chancen. Da ist er zuversichtlich. Die Mitarbeiter seien früh informiert worden. Er selbst habe Probearbeiten in anderen Bäckereien absolviert. Die Entscheidung sei gefallen. Ab 1. Februar arbeite er bei der Bäckerei Maurer in Winnenden. Den Produktionsleiter Michael Treiber kenne er noch aus Berufsschulzeiten. So gibt es doch Bekanntes trotz des Neuanfangs.

In der Bäckerei ist weiter ein Kommen und Gehen, manche Kunden warten geduldig vor dem Laden. Immer wieder heißt es „Bis bald“. Sie nutzen die Zeit, solange der Bäcker Saur noch da ist. Machen Bestellungen, halten ein Schwätzchen, genießen das freundliche Gegenüber. Am 31. Dezember, Silvester, ist der letzte Tag. Ab Januar ist zu.