Handstandakrobatin Viktoriia Dziuba beeindruckt das Publikum im Weltweihnachtscircus. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Viktoriia Dziuba hat auf Instagram 100.690 Follower, in Stuttgart tausende Fans im Weltweihnachtscircus. Die 22-jährige Ukrainerin ist bereits eine weltweit gefeierte Artistin. Wie das?

Wer die Artistin Viktoriia Dziuba auf ihrem Arbeitsgerät sieht, ahnt, warum sie ein Shootingstar der Handstandakrobatik ist. Ruhig und fließend sind ihre Bewegungen auf der kleinen Scheibe, die sich dabei auch noch dreht. Während andere Artisten still stehen bei der Equilibristik, ist Viktoriia Dziuba stets zu neuen Formationen unterwegs, die den Zuschauer staunen lassen über die Biegsamkeit und die Dehnungen ihres Körpers – eine atemberaubende scheinbarer Leichtigkeit auf dem etwa drei Meter hohen Stab im Weltweihnachtscircus auf dem Cannstatter Wasen.

 

Den Silbernen Clown in Monte Carlo 2023 bekommen

Dass sie für ihre herausragende Vorführung im vorigen Jahr beim Internationalen Circusfestival in Monte Carlo den Silbernen Clown bekommen hat, war für sie „die Erfüllung meines großen Traums, wundervoll“, schwärmt sie. Für ihren Auftritt gab es stehende Ovationen. Die Auszeichnung mit dem Silbernen Clown habe ihr das beste Gefühl der Welt gegeben. Das hat sie glücklich gemacht. Und aus dieser Kraft schöpft sie.

Auch, dass sie in Monte Carlo ihre Mutter sehen konnte, die sehr stolz auf sie ist. „Es war das erste Treffen nach einem Jahr“, sagt Viktoriia Dziuba. Ihre Heimatstadt ist Kiew, die unter dem russischen Angriffskrieg leidet und auch immer wieder unter Beschuss ist. Die Großmutter sei noch dort, mit ihr telefoniere sie regelmäßig, und sie sei immer froh, wenn sie erfahre, dass ihr nichts zugestoßen ist.

Dziuba hat in Kiew ihre Artistenausbildung absolviert

Viktoriia Dziuba ist ein Jahr vor Kriegsausbruch aus Kiew weg. Sie hatte in der Stadt im Alter von neun Jahren mit der Zirkusartistik begonnen. Mit ihrer Mutter und Großmutter war sie in vielen Shows, auch im National Circus der Ukraine. „Als ich fünf Jahre alt gewesen bin, habe ich dort eine Equilibristin gesehen. Das wollte ich auch werden.“ So ging sie in ein Tanzstudio. Der Chef habe ihr empfohlen, es mit rhythmischer Sportgymnastik zu probieren oder zu einem Zirkus zu gehen. Viktoriia Dziuba besuchte daraufhin die Circus Amateur Studios in Kiew und begann auch gleich mit der Handstand-Akrobatik. Danach wechselte sie zur Zirkusakademie in Kiew. „Sie ist eine der besten Ausbildungsstätten der Welt, aus der schon Sieger in Monte Carlo hervorgegangen sind“, sagt die 22-Jährige. Früh stand für sie fest, dass sie es ebenfalls einmal nach Monte Carlo schaffen will. Zu dem alljährlichen Festival dort werden nur die Besten der Zirkuswelt eingeladen.

Als sie 16 gewesen ist, hatte Viktoriia Dziuba die Nummer und die Musik dazu bereits im Kopf. Sie übte ein Jahr lang. Die Trainerin half ihr und unterstützte sie. Alles lief gut. Und: Sie bekam die Einladung nach Monte Carlo. Außerdem hat die ehrgeizige junge Frau auch bereits ihr Abitur und den Master in Bühnenkunst in der Tasche.

Musik von Hans Zimmer gewählt

Ihre Idee zu ihrer Handstand-Nummer war es, keine statische Vorführung zu zeigen, sondern auch viele Übergänge. Alles fließt von einem zum anderen. Das sei sehr schwierig, sagt sie, weil der Körper immer in Bewegung ist. Verletzungen hatte sie auch schon. Meist Prellungen. Doch darüber redet sie nicht groß. Für ihre Präsentation hat sie das Musikstück „God Particle“ von Hans Zimmer gewählt. Das Stück inspirierte sie, obwohl man ihr sagte, dass diese Musik untypisch für den Zirkus sei. Sie nahm die Herausforderung aber an. Der Wechsel von Licht und Dunkelheit und das Dazwischen will sie damit unterstreichen. „Es ist sehr philosophisch“, sagt sie. Die Atmosphäre ist mystisch und schön. Die Nummer soll den Menschen mit all seinn Facetten zeigen.

In China vor 8000 Zuschauern im Zirkus aufgetreten

Im Jahr 2020 hat sie die Präsentation kreiert. Seitdem ist sie gewachsen, gereift. Die Vorführung sieht immer ein wenig anders aus. „Es steckt die Kraft der Frau darin, und die Vorführung ist sehr elegant und sehr sexy“, sagt Viktoriia Dziuba. Sie genießt die großartigen Reaktionen auf ihre Kunst, die sie etwa im vergangenen Jahr in China vor 8000 Zuschauern auf einer sechs Meter hohen Bühne gezeigt hat. Dort flog sie zu Beginn engelsgleich an einem Seil schwebend von der Zirkuskuppel in die Manege. Auf ihrem Handy zeigt sie, wie es war.

Wie sie es schafft, trotz der schwierigen Situation in ihrer Heimat, dem Krieg in der Ukraine, so positiv und stark im Zirkus aufzutreten? „Frieden beginnt bei Dir selbst“, sagt sie. Sie hat viele Freunde in Russland und in der Ukraine. Ein Teil der Familie war durch den Krieg in teils schwierigen Situationen, jetzt leben sie in Europa nahe der Ukraine, auch ihre ältere Schwester.

„Ich will Frieden kreieren. Das ändert die Menschen“

Sie schaut nicht viel auf Social Media. Natürlich wünscht sie sich Frieden, sagt sie. „Für die Zukunft schaue ich nach friedlichen Nachbarn.“ Sie will ihre Zeit lieber für Kreativität nutzen. „Ich will Frieden kreieren. Das ändert die Menschen.“ In Stuttgart tankt sie ebenfalls Kraft und freut sich über den Weihnachtsmarkt und will noch in Kunstausstellungen gehen und in den Christmas Garden in der Wilhelma. Für das kommende Jahr ist sie nach Monte Carlo zur Aufführung der New Generation eingeladen. Dort war sie auch schon 2022. Und weitere Engagements warten auf die junge Frau voller Talent und Hoffnung.

Der Weltweihnachtscircus gastiert noch bis zum 6. Januar auf dem Cannstatter Wasen. Karten gibt es für 28 bis 72 Euro plus Vorverkaufsgebühr (Kinder und Senioren um fünf Euro ermäßigt) unter Telefon 0711 / 2 555 555.