Der Kurs der Türkischen Lira hat sich etwas erholt. Foto: AP

Die Türkei hat Strafzölle für US-Autos und Whiskey eingeführt. Flugzeuge, die ein Drittel der Importe aus den USA ausmachen, werden jedoch ebenso wenig mit einem Zuschlag belastet wie die beliebten iPhones.

Istanbul - Der Streit mit den USA hat in der Türkei so etwas wie einen Wettbewerb um die zornigste Reaktion und die strammste Haltung gegen die angebliche amerikanische Aggression ausgelöst. Chancen auf einen der vorderen Plätze haben Anhänger von Präsident Recep Tayyip Erdogan, die nach dem Aufruf des Staatsoberhaupts zum Boykott amerikanischer iPhones ihre Handys mit einem Hammer zerschlugen und Videos der Aktion ins Internet stellten.

Erdogans Regierung selbst verkündete am Mittwoch astronomisch hohe Strafzölle auf US-Importe – die viel gescholtenen iPhones wurden jedoch geschont. Da sich nach wie vor keine Lösung der Krise abzeichnet, sucht Ankara verstärkt die Nähe zu Europa und zu arabischen Partnern.   Auf den ersten Blick wirken die Strafzölle – darunter ein Aufschlag von 120 Prozent auf amerikanische Personenwagen und 140 Prozent auf amerikanischen Whisky – mit ihrem Volumen von mehr als 500 Millionen Dollar (439 Euro) wie eine radikale Maßnahme. Doch der türkischen Regierung geht es offenbar vor allem um eine Schauveranstaltung fürs heimische Publikum, die Entschlossenheit suggerieren soll, ohne großen wirtschaftlichen Schaden für das eigene Land anzurichten.

Computer und Handys werden importiert wie bisher

So gibt es keine hohen Zölle auf amerikanische Flugzeuge, die mit einem Wert von drei Milliarden Dollar rund ein Drittel der amerikanischen Exporte in die Türkei ausmachen.   Auch Computer und Handys von Apple, Dell oder anderen US-Firmen werden weiter importiert wie bisher: iPhones sind auch in der Türkei so beliebt, dass die Regierung die Bürger nicht mit hohen Zöllen verärgern will. Insgesamt gibt es mehr als sieben Millionen iPhones in der Türkei – das bedeutet, dass fast jeder zehnte Türke eines besitzt. Kritiker wiesen am Donnerstag darauf hin, dass selbst Erdogan häufig ein iPhone benutzt. Zudem rollen in Erdogans Wagenkolonne neben deutschen Edelkarossen auch amerikanische Fahrzeuge. Ob die US-Autos jetzt ausgemustert werden, blieb zunächst offen.  

Demonstrative Boykottaktionen sind in der Türkei nicht neu. In der Vergangenheit entlud sich der Volkszorn in Phasen politischer Differenzen mit europäischen Ländern auf ähnliche Weise gegen Produkte aus Frankreich und Italien, doch große Auswirkungen hatten die Aktionen nicht.

Die Türkische Lira legt nach langer Talfahrt wieder zu

  Der Erdogan-Regierung ist die Aufregung um die iPhones und amerikanische Autos vielleicht ganz recht, denn still und leise hat sie zur Stützung der schwindsüchtigen Lira mit Maßnahmen begonnen, die offiziell vom Präsidenten abgelehnt werden. Die Zentralbank griff am Mittwoch ein, um die Liquidität am Geldmarkt zu drosseln. Die Verknappung wirkte wie eine Leitzinserhöhung – die Erdogan mehrmals öffentlich zurückgewiesen hat – und stärkte den Kurs der Landeswährung. Die Türkische Lira legte nach langer Talfahrt gegenüber Dollar und Euro kräftig zu.  

Wie lange der Aufwärtstrend hält, ist unklar, denn eine neue Eskalation der Krise mit den USA rückt näher. US-Präsident Donald Trump ist nach Angaben des Weißen Hauses sehr frustriert wegen der Inhaftierung des amerikanischen Pastors Andrew Brunson durch die Türkei. Laut Medienberichten könnten neue US-Sanktionen bevorstehen. Ein türkisches Gericht lehnte am Mittwoch ein weiteres Mal einen Antrag Brunsons auf Freilassung ab.  

Erdogan bemüht sich deshalb um Kontakte zu anderen Partnern. Am Mittwoch telefonierte er mit Bundeskanzlerin Angela Merkel und vereinbarte mit ihr nach türkischen Regierungsangaben ein Treffen der Finanz- und Wirtschaftsminister beider Länder. Merkel habe das deutsche Interesse an einer wirtschaftlich starken Türkei bekräftigt. Zudem empfing Erdogan den Herrscher des reichen Golf-Emirats Katar, Tamim bin Hamad Al-Thani. Bei dem kurzfristig angesetzten Besuch dürfte es um eine mögliche Finanzhilfe für die Türkei gegangen sein.