Trump und Melania besuchen 2007 ein von Mercedes-Benz gesponsertes Polo-Turnier in Water Mill, New York. Foto: AP

US-Präsident Donald Trump droht nicht nur vermeintlich unpatriotischen US-Firmen mit hohen Steuern und Boykottaufrufen. Auch der Stuttgarter Autobauer Daimler ist betroffen.

Washington - Die Nachbarn wurden übel beschimpft, sie selbst hat Todesdrohungen erhalten. Jemand hat Hühnermist vor ihr Feinschmeckerlokal im kleinen Örtchen Lexington in Virginia gekippt, und regelmäßig protestieren selbst ernannte Bürgerwehren, Motorradclubs und andere Trump-Unterstützer auf der Straße.

Die Red Hen (Rote Henne) ist seit zehn Tagen geschlossen, am Donnerstag soll das Restaurant angeblich wieder öffnen, aber Tischreservierungen sind auf der Website nicht möglich. Seit ein prominenter Kritiker bei Twitter einen Verriss verfasst hat, muss die Gastronomin Stephanie Wilkinson um ihre berufliche Existenz fürchten. „Das Red Hen sollte sich lieber darum kümmern, seine dreckigen Markisen, Türen und Fenster zu säubern“, schrieb der US-Präsident persönlich: „Meine Erfahrung ist: Wenn ein Restaurant von außen schmutzig ist, ist es auch von innen schmutzig.“ Mehr als 140 000 Leser drückten zur Bestätigung die „Gefällt mir“-Taste. Tatsächlich kennt Donald Trump das Lokal nur von Fotos.

Doch Wilkinson hatte sich geweigert, seine Sprecherin Sarah Sanders bei einem privaten Besuch zu bedienen. Das reichte für den kaum verklausulierten Boykottaufruf des Weißen Hauses. Im Handelsstreit mit der Europäischen Union verschärft Trump fast täglich seinen Ton. „Die EU ist möglicherweise so schlimm wie China, nur kleiner“, wetterte der US-Präsident am Wochenende. Erneut drohte er mit der Verhängung eines 20-prozentigen Einfuhrzolls auf Autos und richtete seinen Zeigefinger ausdrücklich in Richtung Deutschland: „Sie schicken uns ihren Mercedes, wir können unsere Autos nicht einführen.“

In der Daimler-Zentrale gibt man sich bislang noch gelassen

In der Stuttgarter Daimler-Zentrale indes gibt man sich trotz Trumps Treiben bislang noch gelassen – will unter Umständen aber auch reagieren. „Wir beobachten die Situation genau“, meint ein Sprecher. Und zudem sei man auch „bereit, die entsprechenden Maßnahmen zu ergreifen“ – welche Schritte dies sein könnten, will Daimler aber aus „Wettbewerbsgründen“ nicht öffentlich darlegen. Die US-Wirtschaft erhalte durch Daimler Unterstützung „in Milliardenhöhe,“ heißt es weiter.

So würden dort 24 400 Mitarbeiter beschäftigt, etwas mehr als acht Prozent der Belegschaft des Konzerns. Indirekt würden weitere 150 000 Arbeitsplätze von Daimler profitieren. Der Umsatz in den Vereinigten Staaten betrug 2017 etwas mehr als 40 Milliarden Euro, mehr als 20 Prozent des Aktienkapitals liegen nach Angaben von Daimler in US-amerikanischen Händen. Doch nicht nur ausländische Unternehmen sind vom Bannstrahl des Präsidenten bedroht. Auch amerikanische Firmen geraten in sein Blickfeld, wenn sie eine Geschäftspolitik betreiben, die Trump nicht passt. Dann scheut der Mann, der Amerikas Wirtschaft wieder groß machen will, auch vor der Bedrohung von Arbeitsplätzen im eigenen Land nicht zurück.

Das Restaurant Red Hen in Virginia ist nicht das einzige Opfer. Seit Monaten schon drangsaliert Trump den Versandhändler Amazon mit Sitz im Bundesstaat Washington, und nun ist auch der Motorradbauer Harley-Davidson aus Wisconsin auf die rote Liste geraten. Schon vor seiner offiziellen Präsidentschaftskandidatur hatte Trump 2015 Amazon-Chef Jeff Bezos vorgeworfen, er habe die „Washington Post“ nur gekauft, um Steuern beim Versandriesen zu sparen. Bezos konterte damals per Twitter, er werde Trump einen Platz in der Blue-Origin-Rakete seiner Raumfahrtfirma reservieren. Den Hashtag #sendDonaldtospace (Schick Donald ins All) nahm Trump persönlich.

Trumps Attacken auf heimische Unternehmen

Seither ist Amazon, das zweitteuerste US-Unternehmen, zu einem seiner Lieblingsfeinde geworden. Immer wieder moniert er, der Konzern zahle zu wenig Steuern und verhöhnt die „Washington Post“ als „Amazon-Zeitung“. Im April twitterte er: „Amazon nutzt die US-Post als Laufburschen und kostet sie große Mengen Geld.“ Ein ökonomisches Begründungsmuster ist bei Trumps Attacken auf heimische Unternehmen kaum zu erkennen. Entscheidend für Unterstützung oder Verdammung ist Trumps Ego. Jede Kritik oder Abweichung von seinen Plänen empfindet er als Illoyalität und reagiert mit maßloser Härte.

Das bekommt gerade der Motorradhersteller Harley-Davidson zu spüren. Noch im Februar hatte Trump Firmenchef Matt Levatich im Weißen Haus empfangen, die Firma als „amerikanische Ikone“ gepriesen, sich draußen neben heißen Öfen für ein Foto aufgebaut und erklärt: „Ich weiß, dass Ihr Geschäft sehr gut läuft.“ Tatsächlich gehen die Umsätze des Motorradbauers in den USA seit Längerem zurück. Trumps Stahlzölle, die Aufkündigung des Freihandelsabkommen TPP und die Vergeltungszölle der EU haben den Spardruck noch erhöht.

Deshalb kündigte Levatich die Schließung einer Fabrik in Missouri und die Werksverlagerung ins Ausland an. Seither ist Trumps Harley-Euphorie in Hass umgekippt. Der Präsident fühlt sich verraten. „Eine Harley-Davidson sollte niemals in einem anderen Land gebaut werden“, twitterte er und drohte: „Wenn sie umziehen . . . werden sie besteuert wie nie zuvor.“ Noch mehr könnte dem Unternehmen der indirekte Boykottaufruf schaden, den Trump nun hinterher schob: „Jeder, der jemals eine Harley-Davidson gekauft hat, hat für Trump gestimmt“, behauptete er. Diese Leute seien sehr unglücklich: „Ich habe das Gefühl, dass Harley einen schweren Schlag bekommt.“