Donald Trump ist wild entschlossen, einen Handelskrieg zu entfachen. Foto: dpa

US-Präsident Donald Trump spricht einen wunden Punkt an: Deutschland muss sich wegen seines hohen Handelsbilanzüberschusses Kritik gefallen lassen. Antworten zu Trumps Handelspolitik.

Berlin - In der Handelspolitik steuern die USA und ihre Partner auf Konflikte zu. US-Präsident Donald Trump hat wiederholt höhere Zölle für importierte Autos angekündigt – das würde vor allem Deutschland treffen. Sind Trumps Klagen über die einseitigen Handelspraktiken gerechtfertigt? Einige Antworten.

Trump wirft den Europäern vor, Handelsbarrieren gegen die Einfuhren amerikanischer Autos zu errichten. Stimmt das?

Der Vorwurf des US-Präsidenten lautet, die Europäer ließen zu wenig amerikanische Autos auf ihre Märkte. Von Handelsbarrieren für amerikanische Straßenkreuzer kann aber keine Rede sein. Das zeigen die Zölle. Der EU-Importzoll auf amerikanische Pkw liegt zwar mit zehn Prozent höher als der US-Zoll von 2,5 Prozent, der für europäische Autos gilt. Doch die USA erheben auf die bei den Amerikanern sehr beliebten Pick-ups 25 Prozent Zoll. Zölle spielen nicht mehr die Rolle, die ihnen früher zukam. Die großen US-Hersteller General Motors und Ford beliefern den europäischen Markt aus Produktionsanlagen in Europa. Das gilt umgekehrt auch für die meisten deutschen Autobauer.

Ist Trumps Vorwurf richtig, dass sich die Handelspartner auf Kosten der USA bereichern?

Die weltweite Arbeitsteilung bringt für Verbraucher und Unternehmen Wohlstandsgewinne. Das Bild, dass die Vereinigten Staaten mit Importen aus anderen Ländern überschwemmt werden, trifft nicht zu. Darauf deutet schon die Produktionsstruktur in der Automobilwirtschaft. Bernhard Mattes, neuer Präsident des Verbands der Automobilindustrie (VDA), warnte davor, dass bei einem Handelskrieg alle Staaten verlören. Die deutschen Autobauer haben in den vergangenen Jahren ihre Fertigungsstätten in den USA massiv ausgebaut. Während 2013 noch 180 000 Fahrzeuge mit deutscher Marke in den USA produziert wurden, waren es 2017 schon rund 804 000 Autos. Das heißt, es profitieren auch amerikanische Arbeiter und Angestellte vom Erfolg deutscher Autobauer. Die deutschen Hersteller beschäftigen in den USA aktuell 36 500 Mitarbeiter, knapp 6000 mehr als im Jahr 2013. Hinzu kommen nach VDA-Angaben rund 80 000 Mitarbeiter bei deutschen Zulieferern in Nordamerika. Im Vergleich zu den deutschen Werken ist diese Zahl zwar gering. In Deutschland zählt die Autoindustrie mehr als 800 000 Stammbeschäftigte. Doch die Auslandswerke bauen Personal auf. Die klassischen Exporte aus Deutschland gehen zurück: Im Jahr 2017 wurden 494 000 Wagen deutscher Hersteller in die USA exportiert, im Vergleich zu 2013 ein Rückgang um ein Viertel.

Trump sagt dem Handelsbilanzungleichgewicht den Kampf an. Liegt er mit seiner Kritik richtig?

Trump hat mit seiner Kritik in einem Punkt recht: Die US-Handelsbilanz ist seit Langem defizitär. Das bedeutet, dass die Amerikaner mehr Waren und Dienstleistungen einführen als exportieren. 2017 stieg das Minus im Warenaustausch auf das höchste Niveau seit 2008. Das Handelsbilanzdefizit wuchs auf 566 Milliarden Dollar. Das ist ein Grund, warum Trump in der vergangenen Woche Strafzölle gegen Stahlimporte verhängte. Die spiegelbildliche Entwicklung lässt sich in Deutschland feststellen: Die deutsche Außenhandelsbilanz wies 2017 einen Überschuss von 245 Milliarden Euro aus. Das Plus war im Jahr davor noch höher. Der Überschuss in der deutschen Handelsbilanz ist darauf zurückzuführen, dass deutsche Güter und Dienstleistungen im Ausland gefragt sind. Dies ist das Ergebnis von Wettbewerb. Ökonomen halten es für richtig, dass die USA ihr Handelsbilanzdefizit senken. Dies müsse geschehen, indem die US-Wirtschaft ihre Wettbewerbsfähigkeit verbessert.

Ist die Außenhandelsbilanz überhaupt der richtige Maßstab?

Das ist fraglich. Im Vergleich zu anderen Industriestaaten sind die USA schon wegen ihre Größe eine relativ geschlossene Volkswirtschaft. Nach einer Studie des Industrieverbands BDI entsprachen die amerikanischen Exporte nur zwölf Prozent, Importe nur 15 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP). Zum Vergleich: Für Deutschland lagen diese Werte bei 46 Prozent und 38 Prozent des BIP. Die Weltmärkte waren für die US-Wirtschaft schon immer weniger wichtig als für andere Länder. Die amerikanische Wirtschaft ist stark auf den Binnenmarkt ausgerichtet.

Ist Trump dabei, die US-Wirtschaft in großem Stil abzuschotten?

Gemessen an seinen Drohungen hat Trump bisher nur einen kleinen Teil der Strafzölle umgesetzt – zuletzt die höheren Zölle auf Stahl und Aluminium. Die Gefahr besteht nun darin, dass eine Sanktionsspirale entsteht, weil die Partner Gegenmaßnahmen ergreifen. Das könnte wiederum den US-Präsidenten auf den Plan rufen – und so weiter. Insgesamt ist aber bisher nur ein kleiner Teil der Waren von Handelsrestriktionen betroffen. Nach der BDI-Studie waren vor Trumps Amtsantritt 3,8 Prozent der US-amerikanischen Importe von Handelshemmnissen betroffen. US-Forschungsinstitute schätzen, dass sich der Anteil verdoppeln könnte.

Können Trump die Reaktionen seiner Handelspartner gleichgültig sein?

In Europa wird in Kürze mit Gegenmaßnahmen gerechnet. Die Bundesregierung versucht zu deeskalieren. FDP-Chef Christian Lindner forderte am Wochenende, schärfere Sanktionen gegen die USA zu beschließen. Die EU müsse die großen Datenunternehmen wie Facebook und Google treffen, meinte Lindner. Dem widerspricht allerdings die liberale Jugendorganisation. Valentin Abel, der baden-württembergische Landesvorsitzende der Julis, sagte unserer Zeitung: „Wir dürfen nicht in eine Spirale des Protektionismus einsteigen.“ Lindners Vorstoß für Sanktionen im Digitalbereich führten in die falsche Richtung. „Man stärkt ein Bekenntnis zum Freihandel nicht, indem man ihn einschränkt“, sagte Abel.