Ein Wehrmacht-Gürtel als „Fanartikel“ im Onlineshop von Real. Foto: Screenshot

Im Onlineshop von Real wurden Fanartikel mit Bezug zum Nationalsozialismus angeboten. Nun erklärt die Supermarktkette, wie die Produkte ins Angebot gelangten.

Stuttgart - Verstört haben Kunden der Supermarktkette Real am vergangenen Wochenende reagiert: Im Online-Shop standen gut sichtbar und teils zu echten Schnäppchenpreisen Wehrmacht-Devotionalien und andere, den Nationalsozialismus verherrlichende Produkte zum Verkauf:

Ein Wehrmacht-Hosengürtel für 27,60 Euro, eine Soldaten-Uniform für 53 Euro, ein Afrikakorps-Tropenhelm mit Brille (29,90 Euro), und auch Gourmets kamen nicht zu kurz: „Das Feldkochbuch für behelfsmäßiges Kochen und Backen in den Kolonien“ (24,90 Euro). Für Schöngeister und Tierfreunde wurde auch noch das Notizbuch „Vintage Historical Art Notebook: Reichswehr Verteidigung“ und „Reichswehrsoldat mit Taube“ (4,95 Euro) feilgeboten.

Spätestens als der ZDF-Moderator Jan Böhmermann die Fundstücke eines Users über seinen eigenen Twitter-Kanal weiterverbreitete, entwickelten die bizarren Angebote eine zusätzliche Dynamik. Zumal Böhmermann mit seinem Comedy-Alter-Ego „The Real Führer“ da freilich für zusätzliche Pointen sorgt. Mit Satire hatte das alles dennoch nichts zu tun.

Circa 50 Produkte sind betroffen

„Wir reden hier über circa 50 beanstandete Produkte“, sagt Real-Pressesprecher Markus Jablonski. „Alle diese Produkte waren erst seit Anfang Dezember im Angebot.“ Der Konzern ließ nun per Pressemitteilung verlauten: „Im Real-Online-Shop werden momentan rund 12 Millionen Produkte angeboten. Der überwiegende Teil des Angebots wird von Drittanbietern auf unserem Online-Marktplatz angeboten. Trotz bereits umfangreicher vorhandener Sicherheitsmaßnahmen mussten wir jedoch zu unserem großen Bedauern feststellen, dass sich im Angebot Dritter auch Artikel befinden, die die Vorgänge in der Zeit des Nationalsozialismus verherrlichen und als Fanartikel angeboten werden.“ Am Sonntag bereits wurden die „verdächtigen“ Produkte aus dem Angebot entfernt, man distanziere sich „eindeutig“ vom Angebot und Verkauf dieser Artikel und prüfe „mit Hochdruck“, weitere potenzielle Artikel dieser Art von Drittanbietern aufzuspüren, um diese ebenfalls zu entfernen.

Das Geschäft mit Drittanbietern, das auch von Plattformen wie Ebay und Amazon praktiziert wird, gestaltet sich wie folgt: Gegen eine monatliche Grundgebühr und eine Verkaufsprovision können Drittanbieter ihre Produkte über die Homepage der Unternehmen verkaufen. Auch Amazon und Ebay verdienen an diesem Modell und fallen immer wieder dadurch auf, eher nachlässig zu kontrollieren, welche Produkte denn letztendlich angeboten werden.

Illegal ist der Verkauf der Produkte bei Real nach bisherigem Stand nicht, da beispielsweise die angebotene Uniform ohne einschlägige Abzeichen verkauft wurde und auch die anderen Waren kaum unter Paragraf 86 fallen, der die Verbreitung von „Propagandamitteln verfassungswidriger Organisationen“ regelt. Dem haben sich somit weder der Drittanbieter noch Real als Verkaufsplattform schuldig gemacht. Etwas schwammiger verhält es sich da mit einem ebenfalls angebotenen Totenkopf-Bügelbild. In dessen Produktbeschreibung, mittlerweile ebenfalls gelöscht, war Folgendes zu lesen: „Auch nach dem Tod kämpft dieser Schädel noch für die Ideale des ,Dritten Reichs‘, wobei er immer noch einen Helm der Wehrmacht in den Farben von Deutschland trägt. Mit diesem Aufnäher können Sie deutlich machen, dass Ihnen einige Ideen aus dieser Zeit auch heute noch gefallen.“

Strafrechtlich relevant ist das nicht

Markus Jablonski versucht zu differenzieren: „Eine strafrechtliche Würdigung muss aus unserer Sicht durch die entsprechenden Ermittlungsbehörden geleistet werden. Nicht alle beanstandeten und von uns von der Plattform entfernten Produkte stehen auf dem Index, so dass deren Verkauf verboten wäre.“ Er bittet zudem um Verständnis, keine näheren Auskünfte über den betreffenden Drittanbieter geben zu können.

Letztendlich steht nur fest, dass Real, Ebay oder Amazon sowohl am Verkauf der Produkte als auch der Einbindung solcher Dienstleister verdienen und den Anbietern bereitwillig eine sprichwörtliche Plattform bieten. Nichts davon kollidiert tatsächlich mit bestehendem Recht, sondern eher mit Anstand und Moral.

Der jüngste Fall, so Kritiker in diversen Online-Foren, ließe abermals den Schluss zu, dass die Gewinnoptimierung im Onlinehandel schwerer wiege, als eine mit etwas Fingerspitzengefühl durchgeführte Qualitäts-Kontrolle der tatsächlich angebotenen Artikel und der dabei beteiligten Geschäftspartner. Gerade wenn es um die Verherrlichung des Nationalsozialismus geht.

Immer Ärger mit Hitler

Hakenkreuz bizarr Im August 2002 erstattete eine aufgebrachte Mutter Anzeige gegen den Winnender Punk-Mailorder „Nix Gut“, der neben anderen antifaschistischen Motiven auch T-Shirts mit durchgestrichenem Hakenkreuz verkaufte. Der Betreiber von „Nix gut“ wurde 2006 zu einer Strafe von 3600 Euro wegen „des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen“ verurteilt, legte aber Berufung ein. Der Bundesgerichtshof hob im März 2007 das Urteil des Landgerichts Stuttgart als rechtswidrig auf – auch da es sich um ein klar antifaschistisches Statement handle.

Hitler im Hintergrund Eine Kaffeetasse mit einer Rose und englischen Wörtern in Zierschrift beschert einem Möbelhaus im nordrhein-westfälischen Unna im April 2014 Ärger. Der Grund: Im Hintergrund ist eine Briefmarke mit dem Konterfei Hitlers zu erkennen. Der Staatsschutz ermittelt, die Tassen werden umgehend aus dem Verkehr gezogen. Das Verfahren wird schließlich eingestellt, da die Verantwortlichen nach Angaben der Staatsanwaltschaft nicht gewusst hätten, dass Hitler auf dem Produkt zu sehen ist. Die Tassen waren in China hergestellt worden.