Im Stuttgarter Hafen wird ein Containerschiff beladen. Der Betrieb auf dem Containerterminal am Ostkai läuft normal. Foto: Lichtgut/Max Kovalenko

Die Insolvenz der koreanischen Großreederei Hanjin stürzt auch viele Unternehmen in der Region Stuttgart in eine Krise. Sie warten händeringend auf ihren Nachschub, der seit Wochen nicht ankommt.

Stuttgart - Die Pleite der südkoreanischen Großreederei Hanjin hat Anfang September im weltweiten Transportgewerbe wie eine Bombe eingeschlagen: Seitdem dümpeln rund 80 Frachter mit 500 000 Containern und Waren im Wert von zwölf Milliarden Euro auf hoher See, weil viele Schiffe der zahlungsunfähigen Reederei keine Häfen anlaufen dürfen.

Die Transportmisere trifft auch Unternehmen aus der Exportregion Stuttgart. „Von uns befinden sich acht Container mit Geräten auf See, einer davon vor Südkorea“, sagt Frank Schad, Sprecher von Kärcher in Winnenden. Bei dem Hersteller von Hochdruckreinigern mit weltweit 11 000 Beschäftigten gilt die Transportpanne nur als ein kleineres und bereits gelöstes Problem. „Wir haben Ersatzgeräte für die Kundschaft in Asien per Luftfracht geliefert“, erläutert Schad. Der schnelle Transport durch die Luft sei natürlich viel teurer als die günstige Seefracht gewesen. Doch der Weltmarktführer für Reinigungsgeräte hat den Mehraufwand offensichtlich verkraftet.

Die Logistik-Ketten sind gekappt

Bei der Industrie und Handelskammer Region Stuttgart (IHK) ist die Hanjin-Insolvenz ebenfalls ein aktuelles Thema. „Deswegen haben sich bereits eine ganze Reihe von Unternehmen an uns gewandt“, erklärt Tassilo Zywietz, Geschäftsführer der IHK-Abteilung Außenwirtschaft. Die Firmen befürchteten, dass für die Produktion dringend benötigte Importe nicht mehr rechtzeitig einträfen. Ein größerer Zulieferer für die Automobilindustrie rechne sogar schon damit, dass im Ausland georderte Teile nicht fristgerecht einträfen. Die Hanjin-Misere habe weltweit verknüpfte Logistik-Ketten zerrissen, die kurzfristig kaum neu zu knüpfen seien. Ein offenbar von der Mannschaft verlassener Frachter, der auch Container für die Region Stuttgart geladen habe, ankere im Suez-Kanal. Die IHK versucht, Unternehmen durch Kontakte zu Botschaften und Handelskammern zu helfen. „Betroffene Firmen können sich an unser Korea-Desk (siehe Infokasten) wenden“, betont Zywietz.

Auch bei Speditionen ist Hanjin ein Reizthema. „Die deutsche Wirtschaft ist durch die Insolvenz vor allem bei Importen betroffen“, erklärt ein Seefracht-Experte aus der Region. Viele Hanjin-Schiffe seien noch im Indischen Ozean mit dem Ziel Europa unterwegs. Die zahlungsunfähige Reederei habe viele Containerfrachter zwischen Asien und Europa eingesetzt, weil über diese Überseerouten 80 bis 90 Prozent der in die Bundesrepublik importierten Waren transportiert würden. „Container für Unternehmen in der Region werden in Hamburg, Rotterdam und Antwerpen gelöscht“, so der Fachmann. Wenn ein Hanjin-Frachter einen Hafen anlaufen dürfe, sei es in der Regel auch möglich, die Ladung zu löschen. Spediteur und Kunde müssten dann aber wohl die Kosten für das Entladen tragen. Vor der Insolvenz der Koreaner habe der Transport eines Containers von Asien nach Europa wegen der Überkapazitäten bei Seefracht nur 700 Euro gekostet. „Jetzt ist der Preis auf bis zu 1500 Euro hochgeschnellt.“

Die Containerfracht wächst stark

Am Ostkai des Stuttgarter Hafens läuft der Betrieb auf dem Containerterminal normal. Dort werden Binnenschiffe aus und nach Antwerpen und Rotterdam ent- und beladen. „Mit Hanjin haben wir glücklicherweise wenig zu tun“, sagt ein Mitarbeiter des Terminals.

„Das Thema Hanjin berührt uns kaum“, erklärt auch Carsten Strähle, der Geschäftsführer der Hafen Stuttgart GmbH. Bei der Containerverschiffung nach Rotterdam und Antwerpen stoße man seit Jahren an die Kapazitätsgrenze. „Deshalb erweitern wir das Terminal bis 2018 von 20 000 auf 40 000 Quadratmeter“, so der Hafenmanager. Das Containergeschäft boome, weil die Behälter mit verschiedenen Produkten beladen und günstig versandt werden könnten. 2015 wurden 21 733 Container auf dem Wasserweg umgeschlagen. Fast 27 000 Behälter gingen auf die Bahn, weitere 35 000 Einheiten wurden mit Lastwagen befördert. „Mehr geht erst nach dem Ausbau“, so Strähle.