Die Gruppe Puls will, dass die Bürger entscheiden, wo der Marbacher Wochenmarkt künftig stattfinden soll. Die anderen Räte wollen das Fass nicht erneut aufmachen – und müssen es wohl auch gar nicht.
Für viel Geld lässt die Stadt Marbach seit 2021 die Fußgängerzone herausputzen. Langsam, aber sicher neigen sich die Arbeiten dem Ende entgegen. Im Frühjahr 2024 sollen die Bagger wieder abrücken. Zurückkehren ins Herzen der Altstadt kann dann der Wochenmarkt, dessen Beschicker in den vergangenen zwei Jahren wegen der Baustelle im Zentrum auf den Parkplatz vor der Stadionhalle ausweichen mussten. Die Gruppe Puls im Gemeinderat macht allerdings ein dickes Fragezeichen hinter das Comeback des Wochenmarkts in der Fußgängerzone – und würde die Entscheidung über den künftigen Standort gerne den Bürgern überlassen.
Beschicker haben einen Favoriten
Die Puls-Vertreter Hendrik Lüdke und Jochen Berger erinnern daran, dass das Thema bei den Marbachern heiß diskutiert werde. Das Interimsareal vor der Stadionhalle funktioniere bestens und werde sehr gut angenommen. Das bestätigt der Kirchberger Biolandwirt Jürgen Trautwein, der seit Jahrzehnten seine Waren auf dem Markt feilbietet. „Bis auf eine Ausnahme sind wir Beschicker alle der Ansicht, dass der Standort bei der Stadionhalle besser ist. So sieht es auch die überwiegende Mehrheit unserer Kunden“, sagt Trautwein. „Wir lassen uns aber gerne von der Stadt davon überzeugen, dass es auch in den Innenstadt funktioniert und dort genügende Platz für alle Stände ist“, fügt er hinzu.
Angesichts dieser Stimmungslage hat Puls beantragt, eine Info-Veranstaltung zu dem Thema in der Stadthalle auf die Beine zu stellen und den Bürgern das letzte Wort zu überlassen, wenn sich bei einer Befragung eine eindeutige Tendenz herauskristallisiert. Puls ist dabei sehr wohl bewusst, dass der Gemeinderat im März 2022 einmütig beschlossen hat, dass der Markt nach Abschluss der Sanierung wieder in die Innenstadt umzieht. Man könne aber durchaus argumentieren, dass sich die Verhältnisse in einer Art geändert hätten, die das Votum „in einem anderen Licht erscheinen lassen“.
Allerdings: Puls steht mit dieser Deutung alleine auf weiter Flur. Keine der anderen Fraktionen möchte dieses Fass nochmals aufmachen. „Unserer Ansicht nach gibt es eine klare Beschlusslage des Gemeinderats und bei diesem Thema auch nicht die Notwendigkeit einer Bürgerbeteiligung“, stellt Martin Mistele (Freie Wähler) klar.
SPD sieht die Stadt in der Pflicht gegenüber den Einzelhändlern
An eine dauerhafte Verlagerung sei nie gedacht worden, betont Ernst Morlock (SPD). „Bei der Planung der neuen Fußgängerzone sind Verwaltung, Gemeinderat, aber vor allem auch die Planer stets davon ausgegangen, dass der Wochenmarkt nach den Sanierungsarbeiten wieder zurück in die Fußgängerzone kommen wird“, erklärt er. Dies sei durch den Beschluss vom März 2022 bekräftigt worden. Mit diesem Votum stehe man gegenüber den Gewerbetreibenden in der Innenstadt im Wort, „dass der Wochenmarkt als belebendes Instrument wieder in die Fußgängerzone zurückkehren wird. Nach den Einbußen durch die Corona-Pandemie und die unmittelbar anschließende, mehr als zweijährige Bauphase müssen sich die Gewerbetreibenden darauf verlassen können.
Lebendige Altstadt als Ziel
Susanne Wichmann (Grüne) hält ebenfalls nichts davon, jetzt eine Diskussion über den Standort zu entfachen und die Bürger entscheiden zu lassen. „Wir sehen den Beschluss immer noch als richtig an, dass der Wochenmarkt wieder in unsere Altstadt gehört, zumal die Sanierung in der Fußgängerzone auf die Nutzung als Markt abgestimmt wurde“, erklärt Wichmann. Man wolle „eine lebendige Altstadt fördern“ und fühle sich auch dafür verantwortlich, „dass die Einzelhändler und Gastronomen in unserer Innenstadt nach der langen Durststrecke der Sanierungsarbeiten in der Fußgängerzone wieder eine Chance und eine Perspektive auf mehr Umsatz haben, um zu überleben“.
CDU will den Fall nicht neu aufrollen
In eine ähnliche Richtung argumentiert Heike Breitenbücher (CDU). „Die Innenstadt soll belebt werden, lebendig bleiben und dazu gehören Einzelhändler, Gewerbetreibende, Cafés, Marktbeschicker und Menschen, die diese Einkaufs- und Gastronomiemöglichkeiten nutzen“, betont sie. Folglich steht für Breitenbücher fest: „Nein, wir wollen das Thema nicht erneut auf die Tagesordnung nehmen.“ Es klinge zwar immer attraktiv, die Bürger entscheiden zu lassen. Aber wie könne man zum Beispiel sicherstellen, „dass alle Beteiligten auch gleichwertig zu Wort kommen“, fragt sich Breitenbücher.
Ein Novum vom Bürgermeister
Allerdings wird man sich im Rathaus darüber nicht den Kopf zerbrechen müssen. Denn Bürgermeister Jan Trost hat nach Rücksprache mit den Fraktionsvorsitzenden von Freien Wählern, CDU, SPD und Grünen beschlossen, den Antrag von Puls gar nicht auf die Tagesordnung zu nehmen. Ein Novum in seiner Amtszeit. Theoretisch hätte Trost auch mit anderen Vorstößen von Puls so verfahren können, weil die Mini-Gruppe keinen Fraktionsstatus hat. Da es sich aber dabei um neue kommunalpolitische Denkanstöße gehandelt habe, seien die Anträge behandelt worden, erklärt er. Im vorliegenden Fall gebe es aber bereits einen einmütigen Beschluss. Außerdem sei im Juli im Gemeinderat nichtöffentlich über die Situation des Wochenmarkts gesprochen worden.
Was der Gemeinderat entschieden hat
Zwischenbilanz
Bevor die Sanierung der Fußgängerzone startete, entschied der Gemeinderat, dass der Samstagsmarkt seine Stände zunächst auf dem Parkplatz vor der Stadionhalle aufschlagen solle. Vereinbart wurde damals aber auch, nach einiger Zeit die Situation zu rekapitulieren und eventuell den Markt näher ins Zentrum in Richtung Uhlandschule zu verlagern.
Einmütig
Im März 2022 sprach sich die Runde mehrheitlich dafür aus, den Wochenmarkt auch für die restliche Bauphase bei der Stadionhalle zu belassen. Einmütig machte sich das Gremium zugleich dafür stark, die Stände nach dem Abrücken der Bagger unverzüglich wieder in die Fußgängerzone aufzubauen.