Gudrun Bürkle öffnete den Laden im Souterrain des kleinen, alten Wohnhauses in der Cannstatter Straße zum letzten Mal. Foto: /Gottfried Stoppel

Am Samstag öffnete Gudrun Bürkle zum letzten Mal den Verkauf im früheren Lager ihres Zoogeschäfts. Auch wenn sie längst im Ruhestand sein könnte, fiel ihr der Abschied schwer.

Das geht nur mit Herzblut und Überzeugung: Längst hätte Gudrun Bürkle in den Ruhestand gehen können. Doch der Einsatz für Hund und Katz ist ihr eine Herzensangelegenheit. Noch mit über 80 Jahren hat sie jeden Samstag ihre Kunden im Souterrain des kleinen alten Wohnhauses in der Cannstatter Straße in Fellbach empfangen. Sie hat Ratschläge gegeben, und erklärt, was es aus ihrer Sicht ausmacht, dass ein Tierfutter qualitätsvoll ist.

Über die Jahre hat Gudrun Bürkle eine treue Stammkundschaft

„Einseitige Ernährung ist nicht nur für Menschen schlecht, es fördert auch Krankheiten bei Hunden und Katzen“, sagt sie. Gudrun Bürkle steht hinter den Produkten, die sie verkauft. Seit vielen Jahren habe sich die Zusammenarbeit mit bestimmten Marken bewährt. Die Produktion verlaufe bei diesen Firmen transparent und die Zutaten seien wertvoll, sagt Gudrun Bürkle. Über den Lauf der Zeit hat sie sich eine große Zahl an Stammkunden aufgebaut. Viele kennen die umtriebige Geschäftsfrau auch noch aus Zeiten ihres vielseitigen anderen Engagements. Gudrun Bürkle war Ende der 70er Jahre auch eine der treibenden Kräfte, die die Werbegemeinschaft Stadtmitte gründeten. Das war 1979. Deren Symbol war eine strahlende Sonne. „Bei einem unseren ersten Feste im Innenhof der Wohncity haben wir Polonaise getanzt, wir haben Modeschauen veranstaltet und auch der damalige SWR-Moderator Michael Branik war dabei“, erzählt sie mit Begeisterung. Das ist lange her, die Werbegemeinschaft Stadtmitte gibt es nicht mehr. Nicht nur in der Cannstatter Straße ist der Strukturwandel zu spüren. Viele Geschäfte von damals sind längst verschwunden wie etwa Sport Zeyher und manche mehr. Aber die Geschäftsfrau verfolgt nach wie vor, was sich im Viertel tut. „Der Wegfall der Parkplätze durch die Straßenneugestaltung ist ein Nachteil für den Handel“, sagt sie. Daher sei sie froh, dass sie an ihrem Geschäft eigene Parkplätze geschaffen habe.

Nach 69 Jahren im Beruf hört Gudrun Bürkle auf

Man merkt, sie ist noch voll dabei im Geschehen. Aber die Gesundheit macht nicht mehr so mit. „Der Beruf war für mich Berufung“, sagt Gudrun Bürkle. Nun hört sie also nach 69 Jahren in ihrem Beruf auf. Von 1953 bis 1956 hat sie eine Lehre zur Einzelhandelskauffrau im elterlichen Betrieb gemacht. Der hieß damals „Lebens- und Futtermittel Wilhelm Sayler“ und war in der Bahnhofstraße 2 ansässig. „Wir hatten alles, vom Mehlwurm bis zum Backsteinkäse“, sagt Gudrun Bürkle. Sie habe dann Überzeugungsarbeit geleistet, dass der Gemischtwarenhandel neu ausgerichtet wurde. Es war ihrer Ansicht nach zukunftsweisender, sich auf den Zoohandel zu konzentrieren. So wurde das elterliche Geschäft auf Zoo-Sayler umfirmiert. Bürkle absolvierte zahlreiche Schulungen beim Zoofachverband. Später arbeitete sie beim Aufbau der Sachkundeprüfung für den Zoofacheinzelhandel mit. Mitte der 70er Jahre übernahm sie eine Prüfertätigkeit im Zoofach bei der IHK Stuttgart. Sie lebte für ihren Beruf, übernahm dann den elterlichen Betrieb 1984 beim Umzug in die Cannstatter Straße.

Kakadu Jockel ist nun im Karlsruher Zoo untergebracht

Dann kam der Einschnitt: Das Zoogeschäft musste 2001 wegen der Krankheit ihres Mannes aufgegeben werden. Doch das hat Gudrun Bürkle nicht gehindert, ihre Leidenschaft weiter zu verfolgen. Das frühere Lager in der Cannstatter Straße 72 wurde zum Laden umfunktioniert – seitdem gibt es dort den Lagerverkauf im Souterrain. Am Samstag hat sie das letzte Mal offen von 9 bis 13 Uhr. Ein kleiner Trost bleibt für die treuen Kunden. Im Modegeschäft nebenan, bei Annas Mode wird sie noch samstags in einer Ecke mit dem Verkauf anzutreffen sein. Für Alexander Cernomoret und seine Frau Anna sei das eine klare Sache, ihr diese Möglichkeit zu bieten. „Wir sind seit vielen Jahren befreundet“, sagt Alexander Cernomoret.

In dem Geschäft waren übrigens auch über viele Jahre Gudrun Bürkles Kakadu Jockel und Graupapagei Jojo untergebracht. Letzterer sei vor rund einem halben Jahr gestorben. Da Jockel zu einsam gewesen sei, sei er nun im Zoo in Karlsruhe. „Sie haben uns schon ein Bild geschickt, auf dem Jockel stolz neben einer Partnerin sitzt“, sagt Gudrun Bürkle. Das seien gute Aussichten. Dabei fügt sie an, dass es zum Glück noch ein inhabergeführtes Zoogeschäft in Fellbach gebe. Zoo-Schreiter in der Stuttgarter Straße.