Christian Riethmüller im herausgeputzten Ladengeschäft in der Ditzinger Marktstraße. Der Filialist gestaltet die Einrichtungen stets individuell. Foto: factum/Granville

Osiander hat die Pan-Buchhandlung übernommen. Der neue Inhaber Christian Riethmüller hat einiges verändert. Eines aber blieb. Just deshalb muss er nun vorsichtig sein.

Ditzingen - Dort wo es im „Lädle“ Spielzeug gegeben hat, gibt es nun John Grisham und Friedrich Dürrenmatt zu kaufen. Dort, wo es einst Krimis, Romane und Sachbücher gab, haben nun die Kinder ihr Reich. Seit die eigenständige Pan-Buchhandlung in der Ditzinger Innenstadt zu einer Filiale der Osianderschen wurde und diese zudem die Fläche des benachbarten ehemaligen Spielwarenladens übernahm, hat sich die Ditzinger Welt der Bücher um hundert auf 160 Quadratmeter ausgedehnt.

Böblingen, Esslingen, Göppingen, Waiblingen, Stuttgart – und nun Ditzingen. Nicht Ludwigsburg. „Ludwigsburg ist eine schöne Stadt, und ich hätte dort unglaublich gerne eine Buchhandlung“, sagt der Geschäftsführer von Osiander, Christian Riethmüller. Doch dort gibt es mit Thalia bereits einen großen Mitbewerber. Das alleine war kein Grund gegen eine Präsenz in der Kreisstadt. Denn Osiander hätte mit Aigner sogar ein Traditionsgeschäft übernehmen können: „Der Standort von Aigner ist keine 1a-Lage, und das Gebäude hat viele Stockwerke. Da liegt Thalia besser“, sagt Riethmüller.

Yogamatte und Lillifee

Zumal sich die Tübinger Inhaberfamilie eh anders orientiert: „Wir haben vor rund zwei Jahren entschieden, kleinere Läden in kleineren Städten zu machen“, sagt Riethmüller. Weil eben die großen Buchhandlungen über mehrere Stockwerke nicht mehr angenommen würden. Kleine Läden – und ein guter Onlineshop, das sei wichtig. Die Kunden bestellten online, um die Ware im Laden abzuholen, ist seine Erfahrung.

In Ditzingen hatte Andrea Brida-Lawrenz einen Nachfolger gesucht. Sie hätte sicher noch das eine oder andere Jahr drangehängt. Aber als sich das Interesse von Osiander abzeichnete, stand der Entschluss der Pan-Buchhändlerin fest. „Die Kunden wissen, es geht gut weiter.“ Und ihre Mitarbeiter seien geblieben.

Dass sich das Sortiment gewandelt hat, inzwischen sehr viel mehr andere Artikel verkauft werden – vom Spiel über die Yogamatte bis zur Lillifee-Figur – habe sie anfänglich mit Skepsis erfüllt, gibt Brida-Lawrenz zu. Doch inzwischen weiß sie das zu schätzen. „Wir erreichen durch das Zusatzangebot mehr Familien“, sagt sie. Darunter auch welche, die der Bücher wegen vielleicht gar nicht gekommen wären.

Begeisterung darf nicht fehlen

Die entscheidende Frage sei: „Wie bekommen wir die Menschen zum Lesen“, meint Riethmüller. Beim Werben um die Gunst der Kinder gehe es um Zeit. Zeit, die dem Streamingdienst Netflix zugute komme oder mit dem Messenger Whatsapp verbracht werde. Es genüge nicht, Kinder zum Lesen aufzufordern, sagt Riethmüller. Man müsse auch ein Angebot schaffen – und für alle Generationen Anreize, ein Geschäft zu betreten. Bei den Kindern seien es die Spielsachen – bei den Erwachsenen ist es derzeit die Yogamatte.

Damit nicht genug: „Die Begeisterung muss rüberkommen“, sagt der Osiander-Chef. Er macht keinen Hehl daraus, dass ihm viel daran lag, die Mitarbeiter der Buchhandlung zu übernehmen. Die ehemaligen Pan-Leute würden schließlich ihre Ditzinger Kunden kennen. Das sei viel wert. „Dass sich zwei zusammentun, um die Stärken zu potenzieren, finde ich großartig“, sagt er mit Blick auf die Kombination aus finanzstarkem Filialisten und inhabergeführtem Buchhandel.

Holzbalken und Torbogen

Deshalb sind die Osiander-Buchhandlungen auch individuell gestaltet. In Ditzingen etwa wurden alte Holzbalken und ein relativ niedriger Torbogen freigelegt. Noch habe er sich da den Kopf nicht gestoßen, sagt der 1,92 Meter-Mann Riethmüller. Für ihn selbst hat ein Buchladen immer noch eine besondere Funktion im Ort. „Wenn es keine Buchhandlung mehr gäbe in einer Stadt mit 25 000 Einwohnern – was wäre das für ein Zeichen?“

Dass der Laden etwas größer sein könnte, sieht er: Ein Sofa wäre schön, auch eine Rutsche im Kinderbereich. Die Zeiten aber, in denen das Sortiment riesig sein musste, sind vorbei. „Sie können zwei Regale zu einem Thema haben – das, was der Kunde möchte, haben Sie auch dann nicht.“

Ein Filialist übernimmt den Ditzinger Einzelhändler

Das Unternehmen
Das Tübinger Traditionsunternehmen Osiander ist nach eigenen Angaben die zweitälteste bestehende Buchhandlung Deutschlands, die älteste im Land. 1596 wurde sie als Druckerei, Verlag und Buchhandlung gegründet.

Die Geschäftsführer
Die Osiandersche Buchhandlung wird in der Geschäftsführung verantwortet von Heinrich Riethmüller und seinem Neffen Christian. Christian Riethmüller gehört seit dem Jahr 2002 der Geschäftsleitung an. Geboren 1974, studierte er an der Fachhochschule Trier European Business. Ausgebildet wurde er bei Aldi-Süd in Aichtal. Dort, sowie später in Birmingham, arbeitete er als Bereichsleiter, ehe er zu Osiander wechselte.